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Hass und Fake News: Hohe Geldstrafen für soziale Netzwerke


Autor: epd

Würzburg, Dienstag, 14. März 2017

Justizminister Maas droht Facebook und Twitter mit bis zu 50 Millionen Euro Strafe, wenn diese nicht konsequent gegen Hass und Fake News vorgehen.
Die Plattformen würden die Beschwerden der Nutzer nicht ausreichend ernst nehmen. Foto: Oliver Berg/dpa


Auf Facebook und Twitter könnten harte Geldstrafen zukommen, wenn sie nach Beschwerden strafbare Hasskommentare oder Falschmeldungen nicht oder zu spät löschen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte am Dienstag in Berlin einen Gesetzentwurf vor, der einen Verstoß gegen die im Entwurf genannten Löschfristen als Ordnungswidrigkeit mit bis zu fünf Millionen Euro ahnden will. Unternehmen, die ein nicht ausreichendes oder gar kein Beschwerdemanagement aufgebaut haben, drohen bis zu 50 Millionen Euro Strafe.


Verfolgung sei Aufgabe der Justiz

Damit will Maas Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung, öffentlichen Aufforderungen zu Straftaten, Volksverhetzung und Bedrohung in den großen Sozialen Netzwerken einen Riegel vorschieben. Erfüllen bewusste Falschmeldungen, sogenannte Fake News, diese Straftatbestände, könnten sie mit dem Gesetz ebenfalls geahndet werden. Damit will Maas "Gefahren für das friedliche Zusammenleben und für die freie, offene und demokratische Gesellschaft" abwenden, wie es in dem Entwurf heißt.

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Maas unterstrich, die Verfolgung von Straftätern sei nach wie vor Aufgabe der Justiz. Auch wolle er "keine Wahrheitskommission" einrichten. Facebook und Twitter müssten aber stärker in die Pflicht genommen werden. Die bisherige Selbstverpflichtung reiche nicht aus.

Laut Entwurf müssen Plattformen mit mehr als zwei Millionen Nutzern ein Beschwerdemanagement einrichten, Beschwerden unverzüglich auf strafrechtliche Relevanz prüfen und offensichtlich strafbare Inhalte binnen 24 Stunden löschen oder sperren. Für kompliziertere Fälle erhalten die Netzwerke sieben Tage Zeit. Zudem müssen sie vierteljährlich über die Gesamtzahl der Beschwerden, ihre Entscheidungen und die personelle Ausstattung der Beschwerdestelle informieren.



Europäische Lösungen

Maas wollte den Entwurf am Dienstag in die Ressortabstimmung geben und danach zügig dem Bundestag zuleiten, so dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden könnte. Parallel will er seine Vorstellungen der EU-Kommission und dem Rat der Justiz- und Innenminister erläutern. "Am Ende brauchen wir für europaweit agierende Unternehmen auch europäische Lösungen", sagte er.Zuvor hatte der Minister das Ergebnis eines Monitorings von Jugendschutz.net veröffentlicht. Danach löschte Facebook im Januar und Februar nur 39 Prozent der gemeldeten strafbaren Inhalte, 7 Prozentpunkte weniger als im Juli und August 2016. Nur 33 Prozent wurden binnen 24 Stunden gelöscht. Bei Twitter führte nur eine von hundert Beschwerden zur Löschung, in keinem Fall binnen 24 Stunden.

Die Plattformen "nehmen anscheinend die Beschwerden der Nutzer nicht ausreichend ernst", sagte Maas. Die Zahlen bei Twitter wiesen darauf hin, dass es offenbar kein oder ein nicht funktionierendes Beschwerdemanagement gebe. Ein besseres Zeugnis stellte das Monitoring dem Videokanal YouTube als, der 90 Prozent der als strafbar gemeldeten Beiträge löschte, 82 Prozent davon innerhalb von 24 Stunden.



Mehr Mitarbeiter im Beschwerdemanagement

Facebook kündigte an, bis Jahresende die Zahl der Mitarbeiter im Beschwerdemanagement in Berlin auf mehr als 700 aufzustocken. Eine Sprecherin sagte auf epd-Anfrage, Facebook habe klare Regeln gegen Hassrede und arbeite "hart daran", strafbare Inhalte zu entfernen. Dabei arbeite der Konzern eng mit der Regierung zusammen.
Unions-Fraktionsvize Nadine Schön (CDU) appellierte an Maas, die Beleidigungstatbestände zu überarbeiten. Sie begrüßte zugleich, dass Maas jetzt gegen "die in Teilen maßlosen Diffamierungen" vorgehe.

Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die Initiative. Juden seien in Sozialen Netzwerken täglich antisemitischer Hetze ausgesetzt. Strafen für Volksverhetzung, Verherrlichung des Nationalsozialismus und Leugnung des Holocausts in den Sozialen Medien seien dringend erforderlich. Zentralratspräsident Josef Schuster unterstrich: "Wir wollen weder eine Internetpolizei noch eine Gesinnungskontrolle". Aber mit "verbaler Zündelei beginnt es, und mit Gewalt gegen Menschen endet es."


Facebook-Chef wehrt sich

"Keiner in unserer Gemeinschaft will falsche Informationen. Wir sind selbst Opfer davon und wollen es nicht auf unserer Seite", versicherte Zuckerberg den Zuhörern. Gleichzeitig versuchte er aber auch zu erklären, warum die Bekämpfung so schwierig ist: "Es ist nicht immer eindeutig, ob etwas falsch ist oder nicht. Vieles, was Menschen als Falschmeldung bezeichnen, sind in Wahrheit nur Meinungen, denen sie nicht zustimmen."

Gleichzeitig betonte er, dass man bei Facebook sehr wohl gegen Fake News ankämpfen würde. "Wir haben die Verantwortung, bei der Bekämpfung zu helfen. Das tun wir, indem wir Falschmeldungen genauso behandeln, wie Spam. Die Menschen können Nachrichten als falsch melden und Dritte überprüfen dann den Sachverhalt." Mehr könne man in seinen Augen nicht machen.