Die EU hat sich auf Regelungen geeinigt, die Lohn-Dumping in Europa verhindern soll. Betroffen sind in Deutschland vor allem Baugewerbe und Pflegebereich.
Die EU-Länder haben sich auf verschärfte Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping geeinigt. Die EU-Arbeits- und Sozialminister verständigten sich auf eine Reform der sogenannten Entsenderichtlinie, die den Grundsatz des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort verwirklichen soll.
Die Einigung sorge für eine gerechte Behandlung der Arbeitnehmer und vermeide bürokratische Hürden für den Dienstleistungsverkehr in Europa, erklärte Arbeitsminister Jevgeni Ossinovski aus Estland als turnusmäßiger Ratsvorsitzender am Dienstag nach dem Treffen der Minister am Montag in Brüssel.
Gleichheitsgrundsätze zwischen einheimischen und ausländischen Arbeitskräften
Die amtierende Bundesarbeitsministerin Katarina Barley (SPD) erklärte in Berlin, der arbeitsrechtliche Schutz entsandter Arbeitnehmer werde "künftig deutlich verbessert". Die Einigung muss nun mit dem Europaparlament verhandelt werden, das vergangene Woche seine eigene Position abgesteckt hatte.
Die Entsenderichtlinie regelt die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die von ihrem Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit in ein anderes EU-Land entsandt werden. Bereits in der heutigen Richtlinie gelten bestimmte Gleichheitsgrundsätze zwischen einheimischen und entsandten Arbeitnehmern. Die Reform will die Harmonisierung vorantreiben, da die weiterbestehenden Unterschiede den Wettbewerb verzerren und außerdem Sozialdumping und Ausbeutung erleichtern würden.
Gleiches Geld für gleiche Arbeit
Die Minister einigten sich nun darauf, dass die Entlohnung entsandter Arbeitnehmer den Gesetzen und Praktiken des Gastlandes entsprechen soll. Bereits jetzt gilt für Entsandte, zum Beispiel einen polnischen Handwerker in Deutschland, der deutsche Mindestlohn.
Künftig würden entsandte Arbeitnehmer auch andere Elemente wie Boni und Pauschalen erhalten müssen. Die maximale Entsendezeit setzten die Minister auf zwölf Monate fest, verlängerbar um sechs Monate. Auch danach könnte der Arbeitnehmer zwar im Gastland arbeiten.
Er fiele dann aber unter dessen gesamtes Arbeitsrecht, zum Beispiel auch den Kündigungsschutz. Die EU-Minister vereinbarten ferner, dass für entsandte Arbeitnehmer aller Branchen die allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Gastlandes gelten.
In den nun anstehenden Verhandlungen sieht die Grünen-Europaparlamentarierin Terry Reintke Konfliktpotenzial insbesondere beim Thema Tarifverträge. Anders als das Parlament befürworte der Ministerrat nicht, dass regionale und sektorspezifische Tarifverträge auf Entsandte angewandt werden können, bemängelte Reintke.
Ferner habe der Rat sich dagegen ausgesprochen, den Mitgliedstaaten zu erlauben, Unteraufträge bei Entsandten an die gleichen Arbeits- und Entlohnungsbedingungen zu knüpfen wie für inländische Unternehmen. Damit hätten die Minister "ein Schlupfloch für die Umgehung von Standards durch Unterauftragsvergabe" zu stopfen versäumt.
Entsendungen vor allem im Baugewerbe und Pflegebereich
2015 gab es laut offiziellen Zahlen in der EU gut zwei Millionen entsandte Arbeitnehmer. Deutschland zählte dabei sowohl zu den Ländern mit den meisten Entsendungen ins Ausland wie auch mit den meisten entsandten Arbeitnehmern im Land.
Entsendungen sind zum Beispiel im Baugewerbe und im Gesundheitsbereich häufig. Besondere Regeln sollen sowohl nach dem Willen des Europaparlaments als auch des Ministerrates künftig für den Transportsektor, also vor allem Lkw-Fahrer, gelten. Das Parlament will allerdings nach Reintkes Angaben keine Ausnahme für den Transportsektor.