Druckartikel: Unterhalt: "Alleinerziehende leiden unter schreienden Ungerechtigkeiten"

Unterhalt: "Alleinerziehende leiden unter schreienden Ungerechtigkeiten"


Autor: Irmtraud Fenn-Nebel

Nürnberg, Freitag, 30. Juni 2017

Sozialrechtler Thomas Beyer erklärt, warum die Neuerungen im Unterhaltsvorschussgesetz die Sorgen von Alleinerziehenden nicht lindern.
Alleinerziehende beziehen Unterhalt vom Staat, wenn der Ex nicht zahlt. Foto: Barbara Herbst


Die Neuerungen im Unterhaltsvorschussgesetz lindern oft die gröbste Not, beheben aber nicht die spezifischen Sorgen von Alleinerziehenden: Das sagt Thomas Beyer, Professor für Recht in der Sozialen Arbeit an der Hochschule Nürnberg. Der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Bayern beschäftigt sich schon lange mit dem Thema Bedürftigkeit und veröffentlichte ein Buch mit dem Titel "Arm in einem reichen Land - Armut auch in Bayern."

Wie viel hat Kinderarmut zu tun mit der Armut Alleinerziehender?

Thomas Beyer: Die Angehörigen von Alleinerziehendenhaushalten gehören zu den Hauptrisikogruppen der Armutsgefährdung. Nach dem neuesten Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung lag deren Armutsrisiko 2015 auch in Bayern sehr hoch, nämlich bei 36,7 Prozent. Anders gesagt: Jeder dritte Haushalt, in dem zumeist Mütter die Kinder allein erziehen, ist gefährdet. Von der Haushaltsarmut sind natürlich die Kinder besonders betroffen.

Sind die Neuerungen beim Unterhaltsvorschuss geeignet, um die Armut alleinerziehender Mütter und ihrer Kinder zu bekämpfen?

Die Neuerungen lindern oft die gröbste Not und sie beseitigen vor allem schreiende Ungerechtigkeiten, indem nun die staatliche Leistung für alle Kinder bis 18 Jahre unabhängig vom Alter und ohne willkürliche zeitliche Begrenzungen gewährt wird. Die spezifischen Sorgen von Alleinerziehenden beheben sie nicht.

Was wären aus Ihrer Sicht weitere wichtige Schritte?

Was es braucht, sind Angebote, die Alleinerziehenden eine um fangreichere und vor allem mit der Sorge für die Kinder zu vereinbarende Erwerbstätigkeit ermöglichen. Da fehlt es noch an vielen Ecken, zum Beispiel an den immer noch nicht breit und fle xibel genug ausgebauten Be treuungsangeboten. Insbesondere aber die Arbeitgeber müssen sich dabei auch viel mehr um pass genaue Angebote bemühen.

Die Fragen stellte
Irmtraud Fenn-Nebel



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