Energiewende Bayern: Viele verpasste Chancen und falsche Prioritäten? - Kritik des WWF
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Mittwoch, 30. August 2023
Wie kommt die Energiewende in Bayern voran? Das hat die WWF-Umweltstiftung untersucht. Das Ziel ist klar: Bayern soll bis 2040 klimaneutral sein. Um das zu erreichen, hat die Landesregierung noch viel tun, wie die Umweltschützer feststellen.
- Woher kommt in Bayern die Energie?
- Bei der Photovoltaik führend?
- Wind ist nicht das bayerische Ding
- Führende Kommunen, Verteilernetze und Strompreiszonen
- Industriestandort Bayern in Gefahr
Die Ausgangslage ist klar: Bayern ist das flächengrößte, ein einwohnerstarkes und innovatives Bundesland. Aber wo steht Bayern bei der Energiewende? Glaubst du Ministerpräsidenten, Markus Söder, dann ist Bayern "Deutscher Meister 2022 beim Ausbau erneuerbarer Energie" und hat die Spitzenposition bei der Energiewende. Eine ganz andere Bilanz zieht der "World Wide Fund For Nature" (WWF Umweltstiftung Deutschland) in seiner Studie: "Weiß-blaue Energiewende". Für den WWF ist die bayerische Energiewende bisher eine Geschichte verpasster Chancen und falsch gesetzter Prioritäten.
Woher kommt in Bayern die Energie?
Wenige Monate vor der Landtagswahl in Bayern zeigt die Energie-Analyse des WWF die Probleme des Freistaats bei der Energiewende. Zugegeben, die Ausgangsposition ist alles andere als einfach: Der Freistaat war bis 2021 einer der Hauptabnehmer von russischem Gas. Knapp ein Drittel der russischen Öl- und Gasimporte nach Deutschland landeten im Süden der Republik. Rund 80 % des bayerischen Energieverbrauchs (damit sind alle drei Bereiche gemeint: Industrie, Immobilien, Verkehr) sind immer noch fossil, so rechnet der WWF vor. Unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und der ausbleibenden alten Energieträger beschloss 2022 der bayerische Landtag das Klimaschutzgesetz. Ziel: ein klimaneutrales Bayern bis 2040. In 17 Jahren soll der Freistaat im Sinne der Generationengerechtigkeit klimaneutral sein. Die Klimaexperten vom WWF vermissen aber einen Masterplan, der Auskunft darüber gibt, wie das ambitionierte Ziel zu erreichen ist.
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Wie sieht der bayerische Energiemix heute konkret aus? Den Löwenanteil hatte bislang fossiles Öl mit gut einem Drittel. Bedeutend ist ebenfalls Gas mit einem Anteil von rund einem Viertel. Weitere 14 % des Energieverbrauchs entstammten bis 2021 aus Atomkraft. Die Kohle hat mit wenigen Prozentpunkten eine vergleichsweise geringe Bedeutung. Erneuerbare Energien erreichen einen Anteil von 22 % am gesamten Energieverbrauch. Alle Zahlen stammen aus der WWF-Energiestudie.
Die WWF-Analyse fokussiert sich dann auf den Strombereich, um den Stand der Klimawende einzuschätzen. Bei den Sektoren Wärme- und Verkehr seien die Anstrengungen in der gesamten Republik noch unzureichend. Wie im gesamten Bundesgebiet wird inzwischen rund die Hälfte der Elektrizität durch erneuerbare Energien bereitgestellt. Den Spitzenrang unter den erneuerbaren Energien hat, laut WWF-Studie, in Bayern mit rund 34 % die Photovoltaik (PV), gefolgt von Wasserkraft (30 %) und Biomasse (24 %). Die Windenergie spielt mit einem Anteil von knapp 11 % am erneuerbar erzeugten Strom eine untergeordnete Rolle.
Bei der Photovoltaik führend?
Rund die Hälfte des bayerischen Stroms kommt heute aus erneuerbaren Energien. Führend ist in Bayern die Solarenergie. Bayern ist Solarland, betonte die WWF-Analyse: Bis 2021 gab es in Bayern rund 677.000 kleine und große Solarkraftwerke mit einer Leistung von rund 16 Gigawatt (GW) auf Hausdächern oder auf der freien Fläche – und damit weit mehr als in anderen Bundesländern. Im europaweiten Vergleich liegt Bayern im Spitzenfeld in etwa gleichauf mit Frankreich und den Niederlanden. Nur Deutschland insgesamt, Italien und Spanien liegen weiter vorne.
Bayern kann auf eine starke PV-Szene von Solarvereinen, Initiativen und Arbeitsgruppen setzen, die sich seit Jahrzehnten beharrlich für die Nutzung von PV einsetzen, berichtet der WWF. Viele Forschungsinstitute, Unternehmen, Solarteure und Projektierer arbeiten in Bayern. Hinzu kommen knapp 4.000 Biogas-Anlagen und mehr als 4.000 Wasserkraftwerke – was im bundesweiten Vergleich mit Blick auf die bloße Anzahl ebenfalls Spitzenplätze bedeutet. Seit März 2023 gilt in Bayern zudem eine Solardachpflicht für neue Gewerbe- und Industriegebäude. Der Anteil des PV-Stroms am gesamten bayerischen Strommix dürfte 2023 auf rund 20 % ansteigen und damit ist PV neben dem Energieträger Erdgas der größte Stromerzeuger.