Umgang mit dem Erbe der Hexenprozesse: Aufarbeitung und Gedenkkultur
Autor: Werner Diefenthal
Deutschland, Montag, 14. November 2022
Die Aufarbeitung der Hexenprozesse erfolgt in Franken und weltweit. Wie werden die Verbrechen der Hexenverfolgung heute beurteilt und aufgearbeitet?
- Aufarbeitung der Hexenprozesse
- Wo gibt es Mahnmale oder Gedenkstätten?
- Exkurs: Salem – grausame Jagd in Amerika
- Werden auch heute noch Hexen verfolgt?
Aufgrund der Hexenprozesse starben in Franken viele Menschen. Auch in anderen Ländern gab es Hexenverfolgungen, so unter anderem in Amerika. Wurden die ermordeten "Hexen" inzwischen rehabilitiert? Wie wird die Geschichte aufgearbeitet? Gibt es Mahnmale oder Erinnerungsstätten? Werden auch heute noch Hexen verfolgt?
Lokale Aufarbeitung der Hexenprozesse
Aufarbeitungen und Rehabilitation finden oft lokal statt. So zum Beispiel im brandenburgischen Bernau, wo die Künstlerin Annelie Grund in Zusammenarbeit mit der Historikerin Birgit Schädlich Nachforschungen im Geheimen Staatsarchiv in Berlin durchführte. Insgesamt konnten sie die Namen von 25 Frauen und 3 Männern ausfindig machen, die in Bernau zwischen 1536 und 1658 hingerichtet wurden. 2003 erhielt sie den Auftrag, ein Denkmal zu schaffen, um den Ermordeten zu gedenken. 2017 gab es ähnliche Initiativen in insgesamt 54 Städten. In Leipzig wurde am 12.11.2020 am Alten Rathaus eine Gedenktafel eingeweiht, um den ermordeten Frauen und Männern zu gedenken.
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Das katalanische Parlament hat im Januar 2022 mit großer Mehrheit einem Antrag zugestimmt, der als Hexen getötete Frauen rehabilitieren soll. Der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler setzt sich dafür ein, dass die katholische Kirche für Rehabilitierung der Opfer von Hexenverfolgungen ein. Er weist allerdings darauf hin, dass eine juristische Rehabilitierung nach dieser langen Zeit fast unmöglich sei. Die Rechtsnachfolge der damaligen Territorien und Gerichte wäre oft unklar, auch seien viele Akten nicht mehr vorhanden. Diese Rehabilitierung wäre daher nur symbolisch, aber dennoch wichtig, um dem Unrecht entgegenzutreten. Allerdings erwartet er kaum, dass sich die Bistümer mit den Hexenprozessen beschäftigen, denn die katholische Kirche tue sich sehr schwer mit der Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen.
In Bamberg erinnert ein Mahnmal, das ursprünglich am Schloss Geyerswörth errichtet und durch dort fällige Bauarbeiten auf den Schönleinsplatz verlegt wurde, an die Hexenverfolgung. Einen tiefen Einblick in die Geschichte der Hexenverfolgung im Raum Bamberg/Schweinfurt/Würzburg kannst du im "Hexenturm" in Zeil am Main erhalten. Dort war im 17. Jahrhundert die Richtstätte des Hochstifts Bamberg. Der Stadtturm, der immer noch das Original ist, beinhaltet unter anderem eine Dokumentation, bestehend aus Briefen, Tagebüchern und auch den Gerichtsakten des Johann Langhans, Unterbürgermeister von Zeil, der mit weiteren Ratsherren sowie Viertelmeistern verbrannt wurde. In Würzburg existiert kein Mahnmal oder eine Gedenkstätte, dafür eine Statue des Julius Echter, einer der schlimmsten Hexenjäger. Lediglich eine Straße wurde nach Friedrich Spee benannt, der einer der bekanntesten Bekämpfer der Hexenprozesse war.
Aufarbeitung durch die katholische Kirche
Wie steht die katholische Kirche heute zur Inquisition im allgemeinen und zur Hexenverbrennung im Besonderen? Die Kirche vertritt den Standpunkt, dass es weder Dämonenangst noch Zauberei gegeben habe. Dementsprechend wären sie auch nicht verfolgt worden. Arnold Angenendt, katholischer Priester und Theologe, stellte fest, dass "die katholische Kirche getreu dem Ansatz der Gewaltlosigkeit eine physische Verfolgung und Eliminierung ablehne". Er vertrat auch den Standpunkt, dass Hexenprozesse ausschließlich vor weltlichen Gerichten stattgefunden habe, also die Kirche demnach auch nicht dafür verantwortlich sein könne.
Dem gegenüber steht allerdings die Entschuldigung durch Papst Franziskus, der sich in einer Predigt öffentlich entschuldigte. Er bedauerte, dass "Personen, obwohl sie unschuldig waren, verurteilt wurden, mit dem Wort Gottes gegen das Wort Gottes." Er prangerte dabei die Hexenverfolgung und Ketzerverbrennungen als Unrecht an. Die Beschuldigten seien verbrannt worden, "weil sie sich nach Meinung der Richter nicht dem Wort Gottes anpassten". Als historisches Beispiel führte er die heilige Jeanne d'Arc an. Eine Entschuldigung allgemeiner Art wurde bereits durch Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 vorgebracht, doch war diese auf alle Fehler der Vergangenheit bezogen.