Warum Kleiderspenden häufig sinnlos sind: Expertin über die Folgen von "Fast-Fashion"
Autor: Lena Horrwarth
Nürnberg, Montag, 21. März 2022
Der Begriff "Fast-Fashion" hat sich erst in den letzten zehn Jahren so richtig etabliert. Was das genau ist und welche Auswirkungen damit einhergehen, erklärt Dr. Dina Barbian, die Leiterin des Nachhaltigkeitsinstituts in Nürnberg. Außerdem gibt sie Tipps, wie ein nachhaltiger Konsum umsetzbar ist.
Fast-Fashion: schnelllebige Trends und Massen an Kleidung. Der übermäßige Kleidungskonsum stellt ein immer relevanter werdendes Problem dar. Was Fast-Fashion genau ist, kannst du im Artikel "Fast-Fashion: 3 Gründe, wieso du deinen Konsum überdenken solltest" nachlesen.
Mit Dr. Dina Barbian vom Nachhaltigkeitsinstitut in Nürnberg haben wir über das Problem "Fast-Fashion" gesprochen. Außerdem gibt die Expertin wichtige Tipps für einen nachhaltigen Kleidungskonsum und verdeutlicht, worauf man als Konsument*in achten kann.
Generationengerechtigkeit - Nachhaltigkeit im Brundtland-Bericht
inFranken.de: Frau Barbian, wie würden Sie Nachhaltigkeit definieren?
Dr. Dina Barbian: "Es gibt im wissenschaftlichen Sinne eine Definition, die bis heute am häufigsten zitiert wurde und das ist die Definition aus dem Brundtland-Bericht. Dieser ist benannt nach Gro Harlem Brundtland - ehemalige norwegische Ministerpräsidentin -, die Vorsitzende der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung war. Die Kommission hat 1987 einen Report herausgegeben mit dem Titel „Unsere gemeinsame Zukunft“ und darin wurde das erste Mal überhaupt die nachhaltige Entwicklung definiert und fast alle WissenschaftlerInnen beziehen sich auf diese Definition.
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Dort heißt Nachhaltigkeit, dass wir heute unseren Bedürfnissen nachgehen dürfen, aber in einer Art und Weise, dass auch zukünftige Generationen ihren eigenen Bedürfnissen genauso nachgehen können. Es geht also um Generationengerechtigkeit. Wir dürfen die Ressourcen der Erde nutzen, aber so, dass auch zukünftige Generationen die gleichen Zugangsmöglichkeiten haben."
Unser Interview soll über das Phänomen "Fast-Fashion" aufklären. Was genau ist das denn eigentlich?
"Fast-Fashion hat sich als Begrifflichkeit erst so richtig in den vergangenen zehn Jahren etabliert. Fast-Fashion heißt, dass wir aufgrund der Dumping-Preise im Kleidungsbereich Kleidung konsumieren und wieder wegwerfen können, weil es billig ist. Und das, ohne zu überlegen, wie groß der Schaden an der Umwelt ist."
Trotz Katastrophe in Bangladesch: "Ich habe das Gefühl, dass sich nicht viel geändert hat."
Die Fast-Fashion-Industrie lebt davon, viel Kleidung in schlechter Qualität herzustellen. Was heißt das denn für die Arbeiter*innen, die diese Kleidung produzieren?
"Wachgerüttelt wurde die Welt, als im April 2013 in Bangladesch in Rana Plaza die Fabrik eingestürzt ist, mit über tausend Toten. Da hat sich gezeigt, dass wir hier in den reicheren Regionen der Erde dafür zuständig sind, dass andernorts solche katastrophalen Bedingungen herrschen - es dort keine Arbeitssicherheit und keinen Gebäudeschutz gibt. Das lohnt sich einfach für die Unternehmen vor Ort, die müssen auch keine Auflagen einhalten. Für uns als Konsument*innen ist es auch schwierig, diese Auflagen zu kontrollieren und vielen ist es sehr wahrscheinlich auch egal, weil wir hier billige Klamotten haben wollen.
Das kann man einmal so betrachten, dass der einzelne Unternehmer die Gewinne haben will, dadurch, dass er billige Produkte anbietet. Aber auf der anderen Seite muss man das auch in einem globalen Stil betrachten, also über die globalen Lieferketten. Unsere globalen Lieferketten sind so effizient wie noch nie, das heißt, es lohnt sich sogar über diese weiten Wege, Kleidung zu uns zu verschiffen und trotzdem sind die Dinge so billig. Das heißt, vor Ort müssen dann katastrophale Zustände herrschen. Einmal dadurch, dass die Arbeiter*innen wenig Geld bekommen, sogar so wenig, dass sie kaum ihre Familien ernähren können, oder es reicht gerade so. Außerdem arbeiten sie unter katastrophalen arbeitsschutzrechtlichen Bedingungen, das heißt 14 oder mehr Stunden am Tag - und das wird so hingenommen. Ich habe das Gefühl, dass sich nicht viel geändert hat."