An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder haben die Wissenschaftler Timo Schöber und Prof. Georg Stadtmann die "Money Illusion" untersucht. Ihr Ergebnis: Die Spielenden verlieren durch die V-Bucks den Bezug zum realen Gegenwert. Der suggerierte Gegenwert in V-Bucks sei deutlich höher als das Echtgeld und das Umrechnen von V-Bucks in Echtgeld nicht immer ganz einfach. Vor allem Kinder seien empfänglich für die "Money Illusion", weil sie noch viel weniger als Erwachsene dazu in der Lage seien, das Verhältnis von V-Bucks zu Echtgeld richtig einzuschätzen. Die Expertise war eine wichtige Grundlage für den Prozess in den USA.
Es gibt viele Typen von Dark Patterns
Geldillusionen sind bei weitem nicht die einzigen Dark Patterns, die im Umlauf sind. Der EU-Report berichtet von 42 analysierten Webseiten, wo die Betreiber falsche Countdown-Zähler mit Fristen für den Kauf bestimmter Produkte einsetzen. Die Stiftung Neue Verantwortung nennt dies in ihrem Bericht "stimulierte Knappheit" und "Zeitdruck". Der Countdown-Timer signalisiert, als visuelles Signal, über das drohende Enden eines Angebots. Außerdem geht es darum, die hohe Nachfrage vorzutäuschen. Hektik und unüberlegtes Kauf-Handeln soll dadurch entstehen, dass andere Kund*innen angeblich den verbleibenden Bestand aufkaufen.
Zu den perfiden Dark-Patterns-Tricks gehören Interface-Beeinträchtigungen, wie Beschämen (Confirmshaming): Eine Auswahlmöglichkeit ist mit einem abwertenden Text unterlegt, damit Nutzer*innen sie nicht wählen. Oder: Das Spiel mit Emotionen, in dem der Anbieter emotional-manipulierende Formulierungen benutzt.
Beliebt sind auch Behinderungen durch die sogenannte "Schabenfalle": Das Löschen eines Accounts bzw. das Beenden einer Mitgliedschaft ist schwieriger als der Abschluss. In diese Kategorie gehört auch die Einschaltung einer Zwischenwährung: Durch den Einsatz einer virtuellen Währung sind die realen Kosten der Produkte verschleiert. Andere von der Stiftung genannte Mechanismen sind: Wiederholtes Stören (oftmalige Anfragen und Aufforderungen, etwas im Interesse des Anbieters zu tun) oder das Prinzip "Die Macht der Vielen". Darunter versteht man falsche oder irreführende Informationen darüber, dass andere etwas einkaufen oder an etwas teilnehmen.
Dark Patterns beschäftigen den Bundestag
Im Büro für Technologiefolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag hat sich Christoph Bogenstahl gründlich und fachkompetent mit Dark Patterns, den "Mechanismen (be)trügerischen Internetdesigns" (Ausgabe Nr. 30, aus dem Jahr 2019), beschäftigt. Er sortiert die bislang bekannten Dark Patterns in drei Gruppen:
- Ködern, Täuschen und Ausüben emotionalen Drucks,
- Entlocken von Daten und
- Ablenken und Hervorrufen von Ermüdung.
In seinem Fazit fällt er ein vernichtendes Urteil. "Der Einsatz von Dark Patterns ist unethisch, mitunter unlauter und ggf. betrügerisch." Vor allem ginge es um die Ausnutzung menschlicher Wahrnehmungsschwächen.
Senior*innen, Kinder und Jugendliche sowie bildungsferne Gruppen seien diesen Angriffen schutzlos ausgeliefert. Es bedürfe immer besondere Aufmerksamkeit, diese Manipulationen und deren typische Muster zu erkennen und zu umgehen.
Gezieltes Steuern, Manipulieren und Täuschen darf nicht sein
Mit Dark Patterns gelingt es offenbar gezielt Emotionen anzusprechen, um die User zu einem Kauf im Internet zu verleiten oder einen bestimmten Link anzuklicken. Andere Muster versuchen die Aufmerksamkeit von wesentlichen Aspekten abzulenken, z. B. von einer erhöhten Rechnung oder versteckten Kosten. Preisvergleiche oder das Rückgängigmachen von Aktionen sind häufig schwierig.
Ebenso gehören getarnte Werbung oder Produkte, die sich beim Onlinekauf "in den Warenkorb schleichen" (Sneak into Basket) zu den Dark Patterns. Dadurch schaffen es die Händler manipulativ Zusatzkäufe auszulösen oder verdeckt Kundendaten zu sammeln. Für Verbraucherschützer*innen ist die Sache deshalb klar: Die Nutzer von Dark Patterns wollen die Kundschaft gezielt steuern, manipulieren und täuschen. Deshalb fordern sie Gegenmaßnahmen.
EU-Justizkommissar Didier Reynders verweist darauf, dass der Einsatz von Dark Patterns, mit dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz DSA) strenger geregelt wird. Danach seien sie als eindeutig rechtswidrig und als ein Verstoß gegen die Verbraucherschutzregeln anzusehen. Schon heute gebe es "verbindliche Instrumente", um dagegen mit Mitteln der Strafverfolgung vorzugehen. Parallel prüfe die Kommission, ob das Verbraucherrecht verschärft werden müsse.
Fazit
Das Thema hat eine hohe Relevanz, weil die Nutzung des Internets im Zeitalter der Digitalisierung eine wichtige Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilhabe geworden ist. Viele Internetnutzende sind auf eine intuitive und leicht verständliche Nutzbarkeit der angebotenen Dienstleistungen angewiesen. Insbesondere unerfahrene Jugendliche, ältere Menschen oder bildungsferne Gruppen sind von Dark Patterns besonders betroffen. Deshalb sind klare rechtliche Schranken sinnvoll.