- Zunächst eine reine Altersüberprüfung, bei der der Identitätsnachweis z. B. über einen digitalen Personalausweis erfolgt.
- Als zweite Methode getestet wird eine Altersschätzung, bei der u. a. biologische Merkmale analysiert werden.
- Bei der dritten Methode geht es um eine Altersschlussfolgerung. Dazu werden bekannte Details über die Lebensumstände genutzt, um zu sehen, ob die Person erwachsen ist. Dazu zählen z. B. Merkmale wie verheiratet zu sein, eine Kreditkarte zu besitzen oder ggf. ein Hypothekendarlehen aufgenommen zu haben.
Am Ende soll die australische Internetaufsichtsbehörde (e-Safety) die sichere Umsetzung kontrollieren und überwachen. Große Player wie Google, der Meta-Konzern und TikTok sind naturgemäß wenig begeistert von dem Gesetz und nannten es vorab bereits "inkonsistent und ineffektiv". Die australische Regierung droht bei sog. "systematischem Fehlverhalten" und absichtlichen Ausweichmanövern den Plattformen mit empfindlichen Strafen bis zu 50 Millionen australischen Dollar (umgerechnet knapp 31 Millionen Euro). Weder den Eltern noch den Jugendlichen, denen es trotz technischer Überprüfungsmethoden gelingt, sich Zugang zu den sozialen Medien zu verschaffen, drohen Strafen.
Was sind die Vorteile eines Mindestalters für Social Media?
Jeder, der regelmäßig die erwähnten sozialen Medien nutzt, wird zwangsläufig mit Inhalten konfrontiert, die ob ihrer Botschaften und Darstellungen durchaus als schädlich einzustufen sind – unabhängig vom Alter. Es sind die berühmten zwei Seiten einer Medaille: Soziale Medien bieten sowohl unterhaltende, informative und kommunikative Inhalte als auch verstörende, unwahre und gewaltverherrlichende Botschaften. Angelehnt an die Altersfreigaben für Filme, Alkohol und Zigaretten oder auch für pornografische Angebote, ist der Gedanke daher grundsätzlich nicht verkehrt, sich Gedanken darüber zu machen, den Zugang zu offensichtlich schädlichen Inhalten reglementieren zu wollen.
Ob eine absolute Altersgrenze nun hierfür geeignet ist, kann genauso kontrovers diskutiert werden, wie bspw. eine Wahlberechtigung mit 16 Jahren, der Führerschein ab 17 oder die Eheschließung mit 18 Jahren. Die individuell verschiedene persönliche Entwicklung (Reife) in Verbindung mit dem familiären und sozialen Umfeld sowie dem jeweiligen Bildungsgrad sind maßgeblich auch für den Umgang mit sozialen Medien verantwortlich. An der Stelle könnte eine ehrliche Antwort auf die Frage mehr Klarheit bringen: Stünde es einer weltoffenen, aber zugleich friedvollen und sozial-verantwortlichen Weltgemeinschaft (inkl. den Betreibern solcher Plattformen) nicht gut zu Gesicht, bekannte Gefahren, die von sozialen Medien ohne Zweifel ausgehen können, durch Änderung des eigenen Verhaltens einzudämmen?
Ein Blick in die Welt zeigt, dass wir von einer solchen Weltgemeinschaft weit entfernt sind. Einfachster Weg, einem Großteil der von Anonymität im Netz ausgehenden Gefahr vorzubeugen, wäre bspw. die ausschließliche Nutzung durch eine vorherige Identifizierung (Ausweisfunktion, PostIdent), die Verpflichtung zur Nutzung von Klarnamen und ein durchsetzungsstarker Sanktionskatalog. Eine Mithilfe der Anbieter der besagten Plattformen ist aber nicht zu erwarten, weil damit ihr Geschäftsmodell auf Basis einer Datenökonomie gehörig ins Wanken geraten würde. Keine noch so ausgefallene Technologie würde die schädlichen Inhalte verhindern, sondern lediglich den Zugang dazu. Das löst jedoch nicht das Übel an der Wurzel. Wobei in dem Zusammenhang sicherlich auch eine Diskussion darüber starten würde, was schädliche Inhalte denn genau sind.
Schulung von Eigenverantwortung im Fokus
Das Setzen von Grenzen führt immer auch zu einer Auseinandersetzung mit ihnen. Diese kann konstruktiv (Sinn und Zweck hinterfragen), aber durchaus auch destruktiv (ablehnen und umgehen) vonstattengehen. Ein Mindestalter für die Nutzung sozialer Medien würde insbesondere dann die Eigenverantwortung in Bezug auf den Umgang schulen, wenn sowohl im familiären, sozialen und gesellschaftlichen Umfeld ergänzende Maßnahmen (Aufklärung, Umgang, Gefahrenprävention) ergriffen würden.
Lernen durch Vorbild kann dabei (nur) zu Erfolg im Sinne eines gewünschten Verhaltens führen, wenn die Vorbilder sich auch vorbildhaft verhalten. Das gilt übrigens nicht nur für den Umgang mit Facebook & Co. Wer auf die Jugend (bspw. die Generation Z) verächtlich zeigt, sollte immer bedenken, wer die Rahmenbedingungen für ihre Welt geschaffen hat, auf die sie jetzt auf ihre Art reagieren.
Kinder und Jugendliche, die Ende der 90er Jahre geboren wurden, sind mit sozialen Medien sozialisiert worden. Die bereitgestellten und zu konsumierenden Inhalte stammen jedoch zu einem großen Teil aus ganz anderen Generationen, die damit zugleich nicht unerheblich Einfluss auf die jungen Generation nimmt. Schulung von Eigenverantwortung hat im ersten Schritt auch immer mit der wahrgenommenen Verantwortung der Vorbilder selbst zu tun.
Kritische Distanz und bewusste Nutzung
Ein Mindestalter für Social Media kann dabei unterstützen, eine kritische Distanz zu dem Medium und seinen Inhalten zu entwickeln und die Nutzung bewusster zu machen. Das schreibt sich leichter als getan. Das Deutsche Ärzteblatt weist auf seinem Portal darauf hin, "dass digitale Mediensüchte ein immer häufigeres Problem in der psychotherapeutischen Praxis darstellen." Primär bergen demnach neben Onlinerollenspielen und Sexportalen auch die sozialen Netzwerke das höchste Suchtpotenzial.
Zwar sei es in der Forschungsliteratur noch umstritten, ob die Social-Media-Sucht als eine eigenständige Verhaltenssucht klassifiziert werden könne, jedoch belege eine aktuelle Studie, dass durchaus eine Klassifizierung als eigenständige Pathologie gerechtfertigt ist. Auch Krankenkassen wie die AOK thematisieren den negativen Einfluss, der von der dauerhaften und unkontrollierten Nutzung sozialer Medien ausgehe.
So zeigte sich nach einer Studie der Universitäten Arkansas und Pittsburgh "ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Intensität der ursprünglichen Social-Media-Nutzung und dem Auftreten von Depressionen nach 6 Monaten." Nicht zuletzt sind es auch Hirnforscher, wie Frau Prof. Dr. Frederike Petzschner von der Brown-University USA, die zunehmend den Fragen nachgehen, was der intensive Gebrauch sozialer Medien in jungen Gehirnen auslöst. Weitere Fragen sind solche nach der Fürsorgepflicht des Staates und der Verantwortung von Digitalkonzernen.
Welche Nachteile bringt ein Verbot mit sich?
Verbote helfen, wenn überhaupt, nur dann, wenn sie überwacht, kontrolliert und sanktioniert werden. Ansonsten bleiben sie ohne Wert. Das trifft auf viele Verbote zu und gilt nicht nur für das jetzt eingeführte Mindestalter zur Nutzung bestimmter sozialer Medien in Australien. Die Betreiber der Netzwerke wie Facebook, Instagram oder TikTok haben nun eine Frist von einem Jahr eingeräumt bekommen, um die Beschränkungen für Australien umzusetzen.
In diesem Zeitraum besitzt demnach das im Senat in Canberra mit großer Mehrheit verabschiedete Gesetz keine Kraft und bedeutet noch keine unmittelbaren Konsequenzen. Von daher wäre es überlegenswert gewesen, abzuwarten, ob und welche Mechanismen wirklich greifen, um dem Gesetz mittels einer umsetzbaren praktischen Umsetzung auch tatsächliche Gesetzeskraft zu verleihen. Eine intensive Zusammenarbeit im Sinne der gewünschten Entwicklung von Lösungen bspw. mit dem Meta-Konzern wäre einerseits wünschenswert, erscheint zugleich aber auch naiv. Denn es wäre zu erwarten, dass eine altersmäßige und damit gleichzeitig personelle Zugangsüberprüfung, sowohl die Nutzerzahlen als auch die für das Geschäftsmodell notwendigen Interaktionen deutlich sinken lassen würden.
Erst recht, wenn die Regelungen mit einer eindeutigen Identifikation der Nutzerschaft erweitert würden. Aktuell schreckt somit das durch die Einführung eines Mindestalters indirekte Verbot zwar auf, bietet jedoch noch keine Lösung für die unbestrittenen Gefahren, die von den sozialen Medien ausgehen. In diesen Gefahren zeigt sich ein doch eher recht unsozialer Umgang der Nutzer untereinander. So scheinen die negativen Seiten sozialer Medien mehr von einem menschlichen und gesellschaftlichen Problem herzurühren. Ein Mindestalter löst dieses nicht. Was unter dem Strich allerdings auch nicht bedeuten darf, es nicht zumindest zu versuchen, Kinder und Jugendliche in ihrer frühen Entwicklungsphase vor den negativen Einflüssen schützen zu wollen.
Droht soziale Isolation?
Nach der oben bereits erwähnten Bitkom-Studie nutzt mit 93 Prozent hierzulande der überwiegende Teil aller Kinder und Jugendlichen ab 10 Jahren soziale Netzwerke. Die Einführung eines Mindestalters für die Nutzung würde demnach bedeuten, diese Gruppe auszuschließen. Das von Kritikern des australischen Verbots angeführte Argument einer drohenden Isolation zeigt im Grunde ein anderes, aber wesentliches Problem auf.
Soziale Kontakte finden vermehrt virtuell und digital, weniger jedoch in Form persönlicher Begegnungen statt. Soziale Bindungen werden dort teils mit niedriger Hemmschwelle geschlossen und auch wieder gelöst. Kommunikationsinhalte drehen sich häufig um geteilte Videos, Bilder oder Kommentare. Likes, Shares und Inszenierungen der eigenen Person sind mitunter zentraler Bestandteil eines darauf aufgebauten Selbstwertes.
Würde nun die Nutzung der Kommunikationsplattformen eingeschränkt, müssten die Betroffenen erst lernen, die so entstehenden Lücken inhaltlich wieder mit echtem Leben zu füllen. Deshalb plädieren Kritiker des Verbots dafür, statt eines Verbots, mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam die digitale Welt zu erkunden und auf diesem Wege einen kritischen Umgang mit (sozialen) Medien zu fördern. Denn so leicht lässt sich das Rad nicht zurückdrehen.
Datenschutzbedenken und Datenökonomie
Eine wie auch immer geartete Lösung zur Überprüfung eines Mindestalters wird nicht umhinkommen, diese mit der Erhebung zusätzlicher Daten herbeizuführen. Weil zur Verifizierung des Alters einer bestimmten Person sensible Daten notwendig sind, werden auch Datenschutzbedenken laut. Wobei das angesichts des vergleichbar freizügigen Umgangs mit Daten und Informationen auf sozialen Plattformen, Datenschutz im Grunde geradezu ad absurdum geführt wird. Wenn einerseits Wohnort, Mobilnummer, Mailadresse, persönliche Fotos und Videos sowie Interessen, Vorlieben und die Urlaubsabwesenheit unbedenklich und offen kommuniziert werden, passt die Sorge um Datenschutz nicht ganz dazu.
Letztendlich weiß trotz oft nervigen Zustimmungsabfragen kein Nutzer so genau, welche Daten wo landen und wofür genutzt werden. Das mag zwar ein unzureichendes Argument sein, offenbart aber den widersprüchlichen Umgang mit dem Thema Datensicherheit in der täglichen Realität. Dass Daten das neue Öl, wahlweise auch das neue Gold des 21. Jahrhunderts sind, ist ein häufig verwendetes Zitat aus einem im Jahr 2017 im Economist erschienenen Artikel. Gute acht Jahre später hat es nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil. Insbesondere die Plattformökonomie lebt von ihren Netzwerken und den dort generierten und verbreiteten Daten.
Folgten soziale Netzwerke wie Facebook in ihren Anfängen vielleicht noch dem ideellen Gedanken, Menschen einfach nur vernetzen zu wollen, so ist daraus mittlerweile ein milliardenschweres Geschäft geworden. Die von den Nutzern mehr oder weniger bereitwillig zur Verfügung gestellten Daten dienen der Vermarktung von werberelevanten Reichweiten und direkten Kontakten. Insofern ist die Nutzung solcher Kommunikationsplattformen auch nicht kostenlos, sondern wird mit der Hergabe persönlicher Daten bezahlt. Jedwede Beschränkung, bspw. durch ein Mindestalter, wird den Datenstrom unterbrechen und behindern, was letztlich dem gesamten Geschäftsmodell schaden würde. An der Stelle mag man leidlich diskutieren, ob es nicht ohnehin an der Zeit wäre, die Monopolstellung der überwiegend amerikanischen Tech-Unternehmen aufzubrechen und sie für ihre Produkte in die Verantwortung zu nehmen.
Kann die Regelung auch in Deutschland eingeführt werden?
Australien ist weltweit das erste Land, das eine Altersgrenze in Bezug auf die Nutzung sozialer Medien gesetzlich einführt. Gesetzesinitiative und abschließende Gesetzgebung basieren dabei auf einem politischen Willen sowie einer demokratischen Mehrheit im Senat. Von daher wäre es auch für jedes andere (demokratisch geführte) Land möglich, ein solches Mindestalter einzuführen.
Die Frage ist, wie stark es von der Politik gefordert wird. Zwar scheinen Umfragen wie von YouGov oder dem Deutschen Schulportal darauf hinzuweisen, dass eine Reglementierung der Nutzung sozialer Medien sowohl notwendig als auch erwünscht ist. Um daraus eine Gesetzesinitiative zu machen, bedarf es jedoch mehr Aufmerksamkeit und öffentlichen Druck. In dem Zusammenhang stellt sich ohnehin mehr die Frage, ob der Staat eingreifen soll, nur weil seine Bevölkerung keinen sozialen Umgang (nicht nur nicht im Netz) miteinander hinbekommt. Letztlich liegt es an jedem Einzelnen und seinem Verhalten, wie sich soziale Netzwerke inhaltlich entwickeln. Das klingt zu banal und naiv, um darauf vertrauen zu können. Insofern bedarf es dann doch eines entsprechenden Regelwerks, das aber auch überwacht, kontrolliert und sanktioniert werden muss.
Die Umsetzungshürden würden sich in Deutschland und vor allem auch in der EU selbstverständlich ebenso schwierig gestalten wie in Australien. Vielleicht mag Australien als Vorreiter dienen, sollte das beauftragte Age Check Certification Scheme tatsächlich eine sichere und alltagstaugliche Lösung erarbeiten. Es ist zu vermuten, dass, wenn eine solche Lösung gefunden, umgesetzt und akzeptiert wird, es rasche Nachahmer geben wird. Bis dahin bleibt abzuwarten.
Mögliche Alternativen zu Verboten
Alternativen zu reinen Verboten setzen immer voraus, sich konstruktiv mit den Themen auseinanderzusetzen, sie inhaltlich zu durchdringen und von mehreren Perspektiven aus zu betrachten. In der Regel bedarf es dann eines Kompromisses, um gemeinsam eine tragfähige Lösung erarbeiten und umsetzen zu können. Wie schwierig dies geworden ist, spiegelt der aktuelle Umgang miteinander auf höchster politischer Ebene wider. Zu sehr geht es häufig um Eigeninteressen, daraus resultierenden Interessenkonflikten und Abhängigkeiten. Obgleich alle Nutzer sozialer Medien erkennen müssten, dass sie sich eher zu einem unsozialen Mediennetzwerk entwickelt haben, werden sie weiterhin und mehr denn je genutzt.
Somit ist es auch ein Leichtes, sie missbräuchlich zu nutzen, demokratische Systeme zu unterwandern und auf diese manipulativ einzuwirken. Mit der Schaffung der sozialen Medien ist ein sehr mächtiges Kommunikationsinstrument geschaffen worden, das jedem ein (fast) ungefiltertes Sprachrohr für seine Gedanken, Meinungen und Botschaften bereitstellt. Damit sollte eigentlich ein hoher Anspruch an Umgangsformen, Empathie und Eigenverantwortung verbunden sein. Die Realität in Statements, Kommentaren und verbreiteten Botschaften spricht eine andere Sprache. Beobachtet man den eigenen Alltag jenseits aller digitalen Netzwerke kritisch, stellt man vermutlich zu oft fest, dass sich in den sozialen Medien ein Querschnitt unserer Weltgemeinschaft trifft, deren Verhalten sich auch im wahren Leben wiederfindet.
Wobei zu bedenken ist, dass selbst bei 3 oder 4 Milliarden Nutzern sozialer Medien (inkl. Doppelnutzer) immer noch eine größere Anzahl an Menschen existiert, die sich nicht in diesen Netzwerken tummeln. Insofern erscheint die Einführung eines Mindestalters mehr ein Hilferuf zu sein, als dass damit die zugrundeliegende Problematik gelöst werden kann.
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