Stattdessen verlangte die Plattform vom Verfasser der Bewertung einen Tätigkeitsnachweis. Den erhielt die Plattform in anonymisierter Form. Das reichte dem OLG allerdings nicht. Mitarbeiterkritik auf Bewertungsplattformen beziehe sich immer auf konkrete Fälle, so das Gericht. Solche tatsächlichen Gegebenheiten könnten nur dann vom Arbeitgeber überprüft werden, wenn die Person dem Arbeitgeber bekannt ist, so das OLG. Letztlich bedeutet dies, dass der oder die Beurteilende ihre Anonymität verliert.
So funktioniert Kununu
Nina Zimmermann, Chefin von Kununu Deutschland, hat schon angekündigt, gegen die Entscheidung bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) zu ziehen. In einer Pressemitteilung erklärt sie: "Die Daten und Namen unserer Nutzer:innen sind sicher." Sie würden trotz der Entscheidung des OLG Hamburg nicht weitergegeben. "Wir halten den Beschluss für abwegig und falsch und werden vehement dagegen vorgehen." Kununu ist eine Tochter von New Work SE, zu der neben Kununu auch die Plattform Xing gehört.
Nina Zimmermann erläutert, wie Kununu arbeitet. Zweifeln Arbeitgeber an, ob die Bewertung wirklich von einem aktiven oder ehemaligen Mitarbeitenden verfasst ist, kann die Firma einen Nachweis vom Bewertungsportal verlangen. Kommt es dazu, schwärzt Kununu alle sensiblen Hinweise, die auf die Identität des Users Rückschlüsse zulassen. "Wir sind rechtlich verpflichtet, jedem Hinweis nachzugehen, der darauf schließen lassen könnte, dass die bewertende Person nicht im Unternehmen arbeitet oder gearbeitet hat", erläutert Zimmermann.
In einem solchen Fall werde die beanstandete Bewertung im ersten Schritt offline genommen. Danach verlangt Kununu einen Tätigkeitsnachweis. Das kann beispielsweise eine Gehaltsabrechnung sein. "Kununu ist nicht verpflichtet, die Namen seiner Nutzer zu nennen, und wird dies bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung auch nicht tun." Zimmermann versichert, dass das Portal entschieden gegen Fake-Bewertungen – egal, ob von Unternehmen oder Usern – vorgeht. "Wir kämpfen für mehr Transparenz am Arbeitsmarkt."
Sachliche und konstruktive Kritik ist zulässig
Auf Portalen wie Kununu können aktuelle und frühere Beschäftigte sowie Bewerber das jeweilige Unternehmen bewerten, etwa zu Karrierechancen, Gehalt, Unternehmenskultur oder Ansehen, wobei die Aussagen mehr oder weniger präzise, nüchtern oder auch emotional sein können.
Grundsätzlich bleibt die Identität des Absendenden anonym. Wer sich als Arbeitgeber zu Unrecht angeprangert fühlt, findet im Internet Berater, die Versprechen, dass sie dafür sorgen, negative Bewertungen zu löschen. Sogar Paketpreise für größere Mengen unliebsamer Kommentare sind im Angebot.
Arbeitsrechtler Prof. Michael Fuhlrott warnt Arbeitnehmer vor unüberlegten Äußerungen. Auf der Internetseite des Verbands Deutscher Anwälte schreibt er: "Auch im laufenden Arbeitsverhältnis dürfen Mitarbeiter Kritik am Arbeitgeber äußern. Dies muss aber sachlich und konstruktiv geschehen. Verstöße dagegen können – je nach Intensität – eine Abmahnung bis hin zu einer Kündigung nach sich ziehen."
Kein Recht auf Unwahrheit
Daneben bestehe kein Recht, Unwahrheiten zu verbreiten. Werturteile wie "Mir hat es überhaupt nicht gefallen" oder "Die Arbeitsatmosphäre empfand ich als miserabel" sind als eigene Wertung möglich. Unwahre Aussagen wie "Der Arbeitgeber steht kurz vor der Insolvenz" oder "Das Gehalt wurde nie pünktlich gezahlt" sieht Fuhlrott dagegen als gefährlich für die Beurteilenden an. Ergibt sich, dass diese nachprüfbaren Aussagen unwahr sind, drohen den Arbeitnehmenden rechtliche Konsequenzen, so der Anwalt aus Hamburg.