Arbeitgeber im Netz bewerten: Warum du vorsichtig mit deiner Bewertung sein solltest

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Bewerten Arbeitnehmende ihren ehemaligen Arbeitgeber, ist Vorsicht geboten.
Bewerten Arbeitnehmende ihren ehemaligen Arbeitgeber, ist Vorsicht geboten.
CC0 / Pixabay / Tumisu

Arbeitgeber können im Internet durch ihre Mitarbeitenden bewertet werden. Beruht Kritik allerdings auf falschen Angaben, besteht das Risiko, dass die kritischen Worte nicht anonym bleiben.

  • Arbeitgeber können sich gegen Fake-Bewertungen im Netz wehren
  • Der Streit geht bis vor das höchste Gericht
  • So funktioniert Kununu
  • Sachliche und konstruktive Kritik ist zulässig
  • Kein Recht auf Unwahrheit

Arbeitgeber sind wenig erfreut, schlechtes über die Firma im Internet zu lesen. Bewertungsportale zur Arbeit wie Kununu, MeinChef, Glassdoor oder Jobvoting haben daraus ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Das Oberlandesgericht Hamburg hat jetzt falschen Bewertungen und Unwahrheiten, die sich hinter der Anonymität des Netzes verschanzen, einen Riegel vorgeschoben. 

Arbeitgeber können sich gegen Fake-Bewertungen im Netz wehren

Arbeitgeber dürfen einer schlechten Bewertung auf Portalen wie Kununu nicht einfach ausgeliefert sein. Sie können verlangen, dass der Klarname des Verfassers genannt oder die Bewertung gelöscht wird. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg entschieden (Urteil: OLG Hamburg vom 9.2.2024, Az.: 7 W 11/24).

Im konkreten Fall kam es zu Äußerungen wie "Empathie ist ein Fremdwort", "Vorgesetztenverhalten: Setzen, sechs! Man ist nur eine Nummer" oder "Veraltete Technik. Gebrauchte Computer statt modernem Arbeitsgerät. Freeware und selbst programmierte Software auf Hobby-Niveau statt lizenzierter Software".

Das OLG Hamburg betont, dass die Anonymität des Postenden aufzuheben sei, wenn Zweifel an der Echtheit der Beurteilung bestehen. Gibt es eine Fake-Bewertung, dann müsse es für den Arbeitgeber möglich sein, nachzuvollziehen, ob die Person überhaupt jemals in irgendeiner Weise im geschäftlichen Kontakt zu ihm stand. Einen Anspruch auf Anonymität aus Datenschutzgründen gibt es nach Auffassung des OLG in diesem Fall nicht.

Der Streit geht bis vor das höchste Gericht

Rechtsanwalt Jan Meyer, der die klagende mittelständische Firma in Hamburg vertritt, hält den Beschluss für "revolutionär". Bisher hätten Arbeitgeber ungerechtfertigte negative Bewertungen, die möglicherweise aus unlauteren Motiven stammten, widerstandslos hinnehmen müssen. Angesichts des Fachkräftemangels könnten solche Fake-Bewertungen die Reputation und Attraktivität eines Unternehmens erheblich beeinträchtigen.

Im vorliegenden Fall zweifelte eine Arbeitgeberin mit 22 Mitarbeitenden die Echtheit negativer Bewertungen auf Kununu über ihr Unternehmen an. Sie verlangte von der Plattform die Löschung. Das Bewertungsportal sah keine Rechtsverletzung und löschte die Einträge nicht.

Stattdessen verlangte die Plattform vom Verfasser der Bewertung einen Tätigkeitsnachweis. Den erhielt die Plattform in anonymisierter Form. Das reichte dem OLG allerdings nicht. Mitarbeiterkritik auf Bewertungsplattformen beziehe sich immer auf konkrete Fälle, so das Gericht. Solche tatsächlichen Gegebenheiten könnten nur dann vom Arbeitgeber überprüft werden, wenn die Person dem Arbeitgeber bekannt ist, so das OLG. Letztlich bedeutet dies, dass der oder die Beurteilende ihre Anonymität verliert.

So funktioniert Kununu

Nina Zimmermann, Chefin von Kununu Deutschland, hat schon angekündigt, gegen die Entscheidung bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) zu ziehen. In einer Pressemitteilung erklärt sie: "Die Daten und Namen unserer Nutzer:innen sind sicher." Sie würden trotz der Entscheidung des OLG Hamburg nicht weitergegeben. "Wir halten den Beschluss für abwegig und falsch und werden vehement dagegen vorgehen." Kununu ist eine Tochter von New Work SE, zu der neben Kununu auch die Plattform Xing gehört.

Nina Zimmermann erläutert, wie Kununu arbeitet. Zweifeln Arbeitgeber an, ob die Bewertung wirklich von einem aktiven oder ehemaligen Mitarbeitenden verfasst ist, kann die Firma einen Nachweis vom Bewertungsportal verlangen. Kommt es dazu, schwärzt Kununu alle sensiblen Hinweise, die auf die Identität des Users Rückschlüsse zulassen. "Wir sind rechtlich verpflichtet, jedem Hinweis nachzugehen, der darauf schließen lassen könnte, dass die bewertende Person nicht im Unternehmen arbeitet oder gearbeitet hat", erläutert Zimmermann.

In einem solchen Fall werde die beanstandete Bewertung im ersten Schritt offline genommen. Danach verlangt Kununu einen Tätigkeitsnachweis. Das kann beispielsweise eine Gehaltsabrechnung sein. "Kununu ist nicht verpflichtet, die Namen seiner Nutzer zu nennen, und wird dies bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung auch nicht tun." Zimmermann versichert, dass das Portal entschieden gegen Fake-Bewertungen – egal, ob von Unternehmen oder Usern – vorgeht. "Wir kämpfen für mehr Transparenz am Arbeitsmarkt." 

Sachliche und konstruktive Kritik ist zulässig

Auf Portalen wie Kununu können aktuelle und frühere Beschäftigte sowie Bewerber das jeweilige Unternehmen bewerten, etwa zu Karrierechancen, Gehalt, Unternehmenskultur oder Ansehen, wobei die Aussagen mehr oder weniger präzise, nüchtern oder auch emotional sein können.

Grundsätzlich bleibt die Identität des Absendenden anonym. Wer sich als Arbeitgeber zu Unrecht angeprangert fühlt, findet im Internet Berater, die Versprechen, dass sie dafür sorgen, negative Bewertungen zu löschen. Sogar Paketpreise für größere Mengen unliebsamer Kommentare sind im Angebot.

Arbeitsrechtler Prof. Michael Fuhlrott warnt Arbeitnehmer vor unüberlegten Äußerungen. Auf der Internetseite des Verbands Deutscher Anwälte schreibt er: "Auch im laufenden Arbeitsverhältnis dürfen Mitarbeiter Kritik am Arbeitgeber äußern. Dies muss aber sachlich und konstruktiv geschehen. Verstöße dagegen können – je nach Intensität – eine Abmahnung bis hin zu einer Kündigung nach sich ziehen."

Kein Recht auf Unwahrheit

Daneben bestehe kein Recht, Unwahrheiten zu verbreiten. Werturteile wie "Mir hat es überhaupt nicht gefallen" oder "Die Arbeitsatmosphäre empfand ich als miserabel" sind als eigene Wertung möglich. Unwahre Aussagen wie "Der Arbeitgeber steht kurz vor der Insolvenz" oder "Das Gehalt wurde nie pünktlich gezahlt" sieht Fuhlrott dagegen als gefährlich für die Beurteilenden an. Ergibt sich, dass diese nachprüfbaren Aussagen unwahr sind, drohen den Arbeitnehmenden rechtliche Konsequenzen, so der Anwalt aus Hamburg.