Nato-Bündnis: Wie ist das erste internationale Bündnis entstanden?
Autor: Werner Diefenthal
Deutschland, Mittwoch, 16. November 2022
Schon früher gab es Verteidigungsbündnisse. Doch mit der NATO wurde erstmals ein internationales Bündnis geschlossen. Wie kam es zu ihrer Entstehung und wie war ihre weitere Geschichte?
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Alleine bist du einer Übermacht oft hilflos ausgeliefert. Diese Erkenntnis ist nicht überraschend. Schon früher haben sich Stämme, Städte oder andere Gruppierungen zusammengeschlossen, um nicht Opfer eines stärkeren Gegners zu werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich durch die atomare Bewaffnung, die Teilung in Ost und West durch die beiden Supermächte USA und der UdSSR die Lage dahingehend, dass staatenübergreifende Bündnisse nötig zu werden schienen. So kam es zur Gründung der Nato und des Warschauer Paktes.
Vorgeschichte zu früheren Bündnissen vor der Nato
Schon im alten Rom wusste man, dass Bündnisse notwendig waren, um Erfolg zu haben. Als die Römer Germanien überfielen, schlossen sie immer wieder Bündnisse mit den einzelnen Stämmen, um sich somit an anderer Stelle dem Feind widmen zu können. Da die Germanen in der Hauptsache aus einzelnen, oft untereinander verfeindeten Gruppierungen bestanden, war es für die Römer ein Leichtes, das Land zu erobern. Das erkannte Arminius, dem es gelang, zerstrittene Stämme zu vereinen und der so verhinderte, dass die Römer rechts des Rheins ihren Einflussbereich ausdehnen konnten. Im Mittelalter folgten die Städtebünde. Neben vielen anderen Angelegenheiten war hier geregelt, dass man sich gegenseitige Schutzversprechen gab und auch militärische Hilfe leisten musste. Mit dem Ende des Mittelalters endete auch die Zeit dieser Bünde. Im Zuge der Reichsreformen gegen Ende des 15. Jahrhunderts konnten die Städte ihre gemeinsamen Interessen nicht durchsetzen. Die zunehmende Territorialisierung schränkte den städtischen Handlungsspielraum immer mehr ein, dafür wurde die Macht der Landesherren größer. Später entstanden so die Bündnisse zwischen einzelnen Ländern, die im Grunde eine Fortführung der ehemaligen Städtebündnisse im größeren Maßstab waren. Die größte Gefahr eines solchen Bündnisses war, dass man möglicherweise in einen Konflikt hineingezogen wurde, der einen selbst nicht oder nicht direkt betraf. Dies konnte gravierende Folgen haben, wie sich im Ersten Weltkrieg zeigte. So war 1907 in St. Petersburg die "Entente", ein Zusammenschluss aus Frankreich, Großbritannien und Russland, gegründet worden. Auf der anderen Seite standen die "Mittelmächte", in der Hauptsache bestehend aus dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn sowie Italien. Durch die Bündnisversprechen wurden nach dem Attentat in Sarajewo alle Staaten in den Konflikt gezogen, der Millionen Menschen das Leben kostete. Die USA waren kein Bündnismitglied, auch wenn sie auf Seiten der Entente in den Krieg zogen.
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Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich die Landkarte drastisch verändert. Einige Staaten existierten nicht mehr in der Form wie vor dem Krieg. Die USA waren endgültig auf dem Weg zur Supermacht, in Russland übernahmen die Kommunisten das Ruder, das Deutsche Reich war geschlagen und handlungsunfähig. Mit der Übernahme der Macht durch die Nazis in Deutschland änderte sich die Situation erneut. Bereits 1921 wurde ein Bündnis zwischen Polen und Frankreich geschlossen, in welchem vereinbart wurde, dass man sich im Falle eines Angriffs gegenseitig unterstützen würde. Als jedoch die Wehrmacht 1936 das Rheinland besetzte, fühlte Frankreich sich auch mithilfe Polens zu schwach, um dem entgegenzuwirken. Erst als 1939 Hitler die Rest-Tschechei zum Protektorat machte, wurde auch Großbritannien mit in dieses Bündnis einbezogen. Als im September 1939 der Überfall auf Polen begann, erklärten Frankreich und Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg. In dessen Verlauf verbündeten sich die Alliierten: USA, Frankreich, Großbritannien und die UdSSR. Doch auch Hitler hatte seine Bündnisse geschmiedet. Mit Italien und später Japan wurden die Achsenmächte gebildet. Hatte er vor dem Polenfeldzug noch einen Nichtangriffspakt mit der UdSSR ausgehandelt, so brach er diesen mit dem Überfall 1941, in dessen Folge die UdSSR sich den Alliierten anschloss.
Als der Zweite Weltkrieg beendet war, sahen die Machtverhältnisse und die Landkarte erneut anders aus. Die USA waren endgültig zur Supermacht aufgestiegen und verfügten als einziges Land über die Möglichkeit, Kernwaffen herzustellen und zu benutzen. Die UdSSR hatte ihr Einflussgebiet weit nach Westen ausgedehnt und war durch die Übernahme der Macht in der DDR, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn im Herzen Europas angekommen. Das Bündnis mit den westlichen Alliierten war zerbrochen, der Kalte Krieg hatte begonnen, der eiserne Vorhang trennte Ost und West. Mit der Zündung der ersten russischen Atombombe am 29. August 1949 verfügte auch die Sowjetunion über Atomwaffen, was den Westen mit Besorgnis erfüllte. Es war Zeit für neue Bündnisse.
Buch: Die NATO: Vom Verteidigungsbündnis zur Weltpolizei?Gründung der Nato: Diese Länder zählten am Anfang dazu
Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg spitzte sich die Situation zu. Das Misstrauen gegenüber der UdSSR wuchs, stand sie doch in Ostdeutschland direkt an der Grenze zu Europa. Ihr Einflussbereich hatte sich massiv ausgedehnt. Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Albanien, Rumänien, Bulgarien und die DDR waren zu Satellitenstaaten der UdSSR geworden und wurden von Moskau auf sozialistischen Kurs gebracht. Der eiserne Vorhang senkte sich und auf westlicher Seite befürchtete man, dass die Sowjetunion sich noch weiter nach Westen ausdehnen würde. Gleichzeitig war immer noch das Misstrauen gegen Deutschland vorhanden, das gerade erst einen Krieg verloren hatte. Man wollte unter allen Umständen verhindern, dass Deutschland zu stark wurde und erneut einen Krieg begann.
Am 17. März beschlossen Frankreich, Belgien, Großbritannien, die Niederlande und Luxemburg auf sozialer, ökonomischer und kultureller Basis zusammenzuarbeiten. Dies geschah auf Basis des Brüsseler Vertrages, der dem Zweck diente, eine mögliche neue Aggression von deutscher Seite abzuwehren. Gleichzeitig unternahmen die USA den Versuch, einer weiteren sowjetischen Expansion vorzubeugen, indem sie die Schutzmachtkontrolle über die Türkei und Griechenland übernahmen. Schnell erkannte man die Bedrohung durch die unter dem Diktat der UdSSR stehenden Ostblockstaaten, unter anderem durch die Berlin-Blockade 1948 und den Februarumsturz in der Tschechoslowakei. Daraufhin wurde der Beschluss gefasst, dass sich die USA und die westeuropäischen Staaten zusammenschließen sollten, um Aggressionen von sowjetischer Seite abzuwehren. Ab dem 6. Juli 1948 wurden dazu intensive Verhandlungen geführt.