Druckartikel: Kirchenaustritt in Bayern: Wie geht das - und worauf musst du achten?

Kirchenaustritt in Bayern: Wie geht das - und worauf musst du achten?


Autor: Werner Diefenthal

Deutschland, Mittwoch, 28. Sept. 2022

Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus. Anfang des Jahres hat der Missbrauchsskandal eine erneute Austritts-Welle befeuert. Doch wie tritt man aus der Kirche aus? Das müsst ihr dabei beachten.
Wie tritt man aus der Kirche aus? Und gibt es auch einen Weg wieder zurück? Symbolbild: Kirche, Gottesdienst


  • Die Zahl der Kirchenaustritte nimmt zu
  • Wie funktioniert der Austritt?
  • Was musst du beachten?
  • Welche Vor- oder Nachteile hat es?
  • Gibt es einen Weg zurück?

Die Anzahl der Kirchenaustritte nimmt zu. Alleine im Jahr 2020 haben bundesweit rund 440.000 Menschen der Kirche den Rücken gekehrt, dabei hielten sich die Austritte in der katholischen und evangelischen Kirche in etwa die Waage. In Bayern sieht es allerdings etwas anders aus, dort sind 2020 rund 66.000 Menschen aus der katholischen und 26.000 Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Dort ist aber auch zu beachten, dass mit 47 Prozent der Anteil der Katholiken gegenüber 17 Prozent bei den Evangelischen wesentlich höher ist. Doch wie kannst du aus der Kirche austreten? Was hat das für Konsequenzen im täglichen Leben? Und gibt es auch eine Möglichkeit, wieder in den Schoß der Kirche zurückzukehren?

Kirchenaustritt: Die Formalien und was es bedeutet

Mit der Taufe wird es festgelegt: Man ist katholisch oder evangelisch. Du wirst aber meist nicht gefragt, ob du das möchtest, das entscheiden deine Eltern. Auch der weitere Weg ist vorgezeichnet: Die Erstkommunion ist das nächste Sakrament für katholisch Getaufte, aber auch hier hast du selber kaum eine Entscheidungsgewalt. Mit der Firmung ändert sich das, hier musst du aus eigenen Stücken die Entscheidung treffen und wirst damit als "Erwachsener" ein Mitglied der katholischen Kirche. Bei der evangelischen Kirche ist es etwas anders. Mit der Konfirmation, über die man selber entscheidet, wird man erwachsenes Mitglied der Kirche.

Video:




Doch was ist, wenn du erkennst, dass diese Religion nicht das Wahre für dich ist? Sei es, weil du mit den Entscheidungen der Würdenträger nicht einverstanden bist, ob du den Glauben verloren hast oder aber die Kirchensteuer sparen willst: Der Vorgang ist immer gleich. Der Austritt muss persönlich erfolgen, entweder auf deinem zuständigen Standesamt oder bei einem Notar. Dazu benötigst du deinen Personalausweis oder Reisepass mit gültiger Meldebescheinigung, als Verheirateter oder Geschiedener zusätzlich noch das Familienbuch. Als Gebühr fallen 25 Euro an, zusätzlich können noch 10 Euro für eine optionale Austrittsbescheinigung anfallen. Nach geleisteter Unterschrift bist du dann kein Mitglied der Kirche mehr.

Das bedeutet, dass auch auf deiner Lohnsteuerkarte keine Religionszugehörigkeit mehr angegeben und keine Kirchensteuer mehr abgeführt wird. Es gibt allerdings auch Nachteile. Du kannst zwar weiterhin zur Kirche gehen, allerdings bist du von den Sakramenten zunächst einmal ausgeschlossen, dazu gehören kirchliche Trauungen, aber auch eine Beerdigung, bei der ein Pfarrer zugegen ist. Auch kannst du keine Patenschaft im Sinne der Kirche mehr übernehmen, denn dafür wird eine Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft vorausgesetzt. Eine möglicherweise bestehende Patenschaft wird ausgesetzt, die Kirche kann in diesem Fall sogar einen Ersatzpaten oder eine Ersatzpatin bestimmen. Ferner kannst du in der Kirche kein Amt mehr ausüben und kannst auch nicht an Kirchenvorstandswahlen teilnehmen. Möglicherweise sind aber auch berufliche Probleme zu bewältigen, denn in den Fällen, in denen die Kirche der Arbeitgeber ist, kann eine Kündigung drohen oder eine Einstellung kommt nicht infrage. Dennoch, die Leitlinien der Kirche erlauben seelsorgerische Aufgaben, wie beispielsweise die Krankensalbung, aber einen direkten Anspruch darauf hast du nicht mehr.

Wie sieht es mit der Kirchensteuer aus?

Jede*r Arbeitgeber*in, der/die einer anerkannten Religionsgemeinschaft angehört, kennt das: Auf der Abrechnung wird die Kirchensteuer ausgewiesen. Diese beträgt zurzeit in Bayern etwa 8 Prozent der Einkommenssteuer und wird automatisch abgeführt. Bei einem Bruttogehalt von 3000 Euro sind das in etwa 30 Euro im Monat.  Hört sich nicht viel an, aber im Jahr sind das 360 Euro, im Laufe des Arbeitslebens also auch mehrere tausend Euro.

Aber: Du kannst diese Aufwendungen in deiner Einkommenssteuerberechnung als abzugsfähig angeben. Das entfällt nach dem Austritt, also auch die Minderung deiner Einkommenssteuer durch diese Sonderausgaben, sodass sich am Ende der finanzielle Vorteil weiter reduziert. 

Und es gibt noch eine Falle. Wenn du verheiratet bist und nicht mehr Kirchensteuerpflichtig, aber dein Ehepartner schon, dann kann es sein, dass auch du Kirchensteuer zahlst. Wie das sein kann? Hier ist die Grundlage das gemeinsam zu versteuernde Einkommen. Aber auch dann nur, wenn man gemeinsam veranlagt wird und ab 30.000 Euro Jahreseinkommen. Mittlerweile wurde dieses "Kirchgeld", auch "Heidensteuer" genannt, als verfassungsgemäß anerkannt. Doch es wird nicht überall erhoben, nur die evangelische Kirche lässt dies in allen Bundesländern erheben. In Bayern wird es zurzeit nicht mehr erhoben.

Warum tritt man aus der Kirche aus und wie kann man wieder zurück?

Die Gründe, aus der Kirche auszutreten, sind vielfältig und ändern sich auch stetig. Waren im Jahr 2019 noch 41 Prozent der Befragten aus steuerlichen Gründen ausgetreten und 39 Prozent aus Unzufriedenheit, so waren dies 2021 bereits knapp 52 Prozent, die aus Unzufriedenheit ausgetreten sind und nur noch 31 Prozent aus steuerlichen Gründen. Eine Zunahme der Unzufriedenheit ist also signifikant. Interessant ist, dass die reine Glaubensfrage oder der Wechsel zu einer anderen Religion kaum ins Gewicht fällt. 

Doch was sind die Gründe für die Unzufriedenheit? Diese sind, so scheint es, hauptsächlich in den Missbrauchsskandalen zu finden und dem Umgang der Kirche mit denselben. Damit geht auch die Unzufriedenheit mit den Amtsträgern einher, die sich mittels Leugnen oder unklaren Aussagen vor dem Geschehen zu drücken scheinen. Aber auch der Umgang mit den Finanzen scheint ein Grund zu sein, wobei hier oft wohl der "Prunk" in den Kirchen kritisiert wird.

Und wenn du wieder zurückwillst? Auch das ist möglich, unterscheidet sich aber je nach Konfession. In der katholischen Kirche musst du erst mit einem Seelsorger reden, dazu benötigst du deinen Taufschein und die Austrittsbestätigung. Dieser schreibt einen Brief an den Bischof, der dann seine Zustimmung erteilt. In einer kleinen Zeremonie, entweder in der Kirche oder im Pfarrbüro, wirst du wieder in die Kirche aufgenommen. In der evangelischen Kirche ist es ähnlich, allerdings gibt es hier die Möglichkeit, dies mit einem "anonymen" Seelsorger zu tun. Dort benötigst du deinen Ausweis, Taufschein oder Konfirmationsurkunde und den Austrittsnachweis. Im Rahmen des Gespräches wirst du dann wieder aufgenommen. Taufe und Kommunion bzw. Konfirmation werden nicht noch einmal vorgenommen, diese gelten dein Leben lang, auch wenn du zwischenzeitlich ausgetreten bist.