Überstunden werden nicht erfasst und nicht vergütet: Was kann ich dagegen tun?
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Montag, 24. April 2023
Überstunden sind in Deutschland häufig an der Tagesordnung. Meist ist das auch in Ordnung. Wenn es allerdings zur Regel wird und die Überstunden auch noch unbezahlt sind, solltest du etwas unternehmen. Was dann notwendig ist, zeigen wir in diesem Beitrag.
- Arbeit kann interessant und befriedigend sein, Ausbeutung führt aber zu Frust
- Der feine Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden
- Vergütung von Überstunden: Das regeln normalerweise Tarif- und Arbeitsverträge
- Was ist besser: Geld oder Freizeit?
- Die Krux mit der Erfassung der Überstunden
In Deutschland arbeiten die rund 45,4 Millionen Beschäftigten mehr unbezahlte als bezahlte Überstunden. In Zahlen des Statistischen Bundesamtes ausgedrückt, sieht das dann so aus: Im Jahr 2021 machten die Arbeitnehmenden in Deutschland rund 818 Millionen bezahlte und ca. 893 Millionen unbezahlte Überstunden. Warum verschenken die fleißigen Deutschen so viel Geld?
Arbeit kann befriedigend sein, Ausbeutung führt aber zu Frust
Es soll Menschen geben, die gerne Überstunden machen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete von einem Baureferenten, der in Augsburg knapp 5.000 Überstunden angehäuft hat und jetzt darauf hofft, dass die Stadt diese bezahlt. Der Beamte im Südwesten Bayerns brennt offenbar für seinen Job.
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Daran ist nichts auszusetzen. Es ist schön, wenn du gerne arbeitest. Aber dass Mitarbeitende einfach mehr arbeiten, und das alles ohne Entgelt, ist nicht akzeptabel. Oftmals ist es so, dass in der vereinbarten Arbeitszeit das Pensum nicht zu schaffen ist. In diesen Fällen ist die Arbeit neu zu organisieren und zu verteilen. Und dann gibt es auch das noch: Es ist schlicht Ausbeutung, wenn die Schicht von Paketbot*innen nicht nach acht oder neun Stunden endet, sondern erst dann vorbei ist, wenn sie alle Pakete ausgeliefert haben. Die Arbeitgebenden übertragen die Risiken des Geschäfts auf das "schwächste Glied in der Kette", die Zustellenden. Diesen Machtmechanismus erleben auch Hochqualifizierte, etwa angestellte Ärzt*innen.
In diesen klaren Fällen braucht es Schutz: verbindliche Tarifverträge, starke Vertreter*innen der Mitarbeitenden und im Ernstfall die Möglichkeit des Staates, Ausbeutung zu sanktionieren. Neben den grundsätzlichen Problemen, die hinter zu vielen Überstunden stecken, gibt es noch viele praktische Punkte, die zu beachten sind.
Der Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden
Wie viele Stunden du im Normalfall arbeiten musst, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder aus dem Tarifvertrag. Diese sehen eine bestimmte Anzahl von Wochenarbeitsstunden vor – alles, was darüber hinaus geht, sind Überstunden und vertraglich nicht vereinbart.
Doch welchen Unterschied gibt es zwischen Mehrarbeit und Überstunden? Mehrarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist die Arbeitszeit, die über die tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden hinausgeht und innerhalb von 24 Wochen auszugleichen ist (tägliche Arbeitszeit). Mehrarbeit bezieht sich immer auf das Arbeitszeitrecht und hat keinen Bezug zur Vergütung. Der Begriff Überstunden beschreibt die Arbeitszeit, die über die vertraglich vereinbarte (Arbeitsvertrag) oder tarifrechtliche (Tarifvertrag) regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht und von dem oder der Vorgesetzten entweder angeordnet oder geduldet wird. Beispiel: Ordnet dein Chef an, dass du an einem Tag sieben statt der im Arbeitsvertrag vereinbarten sechs Stunden arbeiten sollst, handelt es sich um eine Überstunde. Mehrarbeit leistest du damit aber noch nicht, da die gesetzliche Höchstarbeitszeit (8 Stunden am Tag) nicht überschritten ist.