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Soziales Jahr für Rentner? DIW-Chef mit brisanter Forderung


Autor: Dominik Jahn

Deutschland, Donnerstag, 04. Sept. 2025

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung schlägt ein soziales Jahr für Rentner vor. Vor allem Babyboomer sieht er in der Pflicht.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, fordert ein verpflichtendes soziales Jahr für Senioren, was auf breite Kritik stößt.


Für seinen Vorschlag erntete er massig Kritik: Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher fordert ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentner.

Senioren sollen sich stärker einbringen. Gerade im Sozialbereich sieht er dabei entsprechendes Potenzial. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel erklärte er dazu: "Gesundheitlich werden das manche nicht können, aber dafür gibt es auch bei jungen Leuten Regelungen."

Was wirft der DIW-Chef den Senioren vor?

Gerade die technischen Fähigkeiten der älteren Generation könnten auch für den Bereich der Verteidigung sehr nützlich sein. Fratzscher: "Warum sollten wir die nicht nutzen, gerade von Leuten, die früher bei der Bundeswehr ausgebildet wurden?

Der Ökonom fordert einen neuen Generationenvertrag: "Wir brauchen mehr Solidarität der Alten mit den Jungen." Und der DIW-Chef übt harte Kritik an den Älteren: "Zu viel Ignoranz, Selbstbezogenheit und Naivität. Wir wollen zu lange schon die Realität nicht sehen."

Man habe nach dem Ende des Kalten Krieges gedacht, man müsste sich nie mehr verteidigen – und dabei habe man "die Friedensdividende verfrühstückt". Fratzscher: "Deshalb müssen wir jetzt über fünf Prozent Verteidigungsausgaben reden, um die Schäden zu beheben, die in 35 Jahren entstanden sind. Oder nehmen Sie die Klimapolitik. Wir wissen seit Jahrzehnten, auf welchem explosiven Pfad wir sind."

Warum sind die Babyboomer eine Gefahr für die Rente?

Und ganz speziell die Babyboomer nimmt er im Spiegel-Bericht ins Visier. Sie hätten viel zu wenige Kinder bekommen. Der DIW-Präsident erklärt: "In den Sechzigerjahren versorgten sechs Beitragszahler eine Rentnerin oder einen Rentner. Bald sind es nur noch zwei. Wieso sollten ausschließlich die Jungen für diese Lebensentscheidungen der Babyboomer geradestehen?"

Die Boomer würden sich selbst "seit 20 Jahren dieser Verantwortung verweigern ". Die Last für die junge Generation müsse tragfähig bleiben. 

Zuletzt hatte das Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bereits den Boomer-Soli gefordert. Doch könnte der Boomer-Soli die Rente retten? Kritik gab es vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).  Und vom Bund der Steuerzahler (BdSt) gab es sogar eine eindeutige Warnung vor einer solchen Maßnahme. 

Wer kritisiert die Forderung für die Pflichtarbeit in der Rente?

Und auch mit dem Arbeitsbefehl in der Rente stößt das DIW auf wenig Verständnis. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bezog der Sozialverband Deutschland (SoVD) klar Stellung gegen den Vorwurf, dass die sogenannte Boomer-Generation (zwischen Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre Geborene) zu wenig Kinder bekommen habe. 

SoVD-Chefin Michaela Engelmeier erklärte: "Die 'Lebensentscheidung', keine vier Kinder zu bekommen, erfolgte bei Millionen Menschen auch aus finanziellen Gründen." Steigende Kosten sorgten demnach dafür, dass meist beide Partner arbeiten mussten. 

Engelmeier: "Ihnen nun daraus einen Strick zu drehen, dass man sich zur Strafe gefälligst im Rentenalter engagieren müsse, empfinden wir als respektlos." Auch dem Sozialverband VdK dürfte die DIW-Idee nicht gefallen. In der Vergangenheit hat man immer wieder sehr kritisch reagiert, wenn es um Veränderungen des Ruhestandes ging. Gegenüber inFranken.de hat man besonders auf mögliche Neu-Regelungen für das Renteneintrittsalter immer sehr klar reagiert und stets auf die  "schlechten Voraussetzungen in den Unternehmen für ältere Arbeitnehmender" verwiesen.

Was sagt der Deutschen Gewerkschaftsbund zu der Reform-Forderung für die Rente?

Kritik am DIW-Vorschlag kommt auch wieder vom DGB. Vorstandsmitglied Anja Piel: "Ein Pflichtjahr für Rentner lehnen wir ab. Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, hat seinen Ruhestand unbedingt verdient. Wir warnen davor, mit solchen Vorschlägen Generationen gegeneinander auszuspielen."

Für Piel ist klar: "Die Frage, wer tatsächlich auf wessen Kosten lebt, ist in allererster Linie eine Frage zwischen Reich und Arm, also zwischen Kapital und Arbeit, und nicht etwa zwischen den Generationen."

Ganz neu ist der Vorschlag von DIW-Präsident Marcel Fratzscher aber nicht. Bereits im Juli hatte sich der Soziologe und Generationenforscher Klaus Hurrelmann für einen sozialen Pflichtdienst für Senioren starkgemacht. Auch er erklärte gegenüber dem "Spiegel", dass gesellschaftliche Aufgaben wie die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit von allen Generationen getragen werden sollten.

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