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So scheitert die Rente: Diese Rechnung geht laut Experten nicht auf


Autor: Dominik Jahn

Deutschland, Donnerstag, 17. Juli 2025

Experten warnen vor erheblichen Mehrkosten für den Bundeshaushalt und möglichen Belastungen für jüngere Generationen.
Studie zeigt: Die Festlegung des Rentenniveaus auf 48 Prozent belastet den Bundeshaushalt erheblich und benachteiligt jüngere Versicherte.


Das Rentenpaket von Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, steht. Ein stabiles Rentenniveau bei 48 Prozent bis 2031 steht im Zentrum. Doch die Kritik am Milliarden-Paket ist groß. Wird es eine echte Hilfe oder doch ein teurer Flop?

Neben Sozialverbänden und Gewerkschaften hat sich auch Martin Werding dazu geäußert. Der Wirtschaftsweise hat im Auftrag von Fidelity International in einer Studie analysiert, welche Auswirkungen die Haltelinie der Rente hat. 

Garantierte Rente eigentlich nicht haltbar

Der Experte kommt zu dem Ergebnis, dass die Festlegung des Rentenniveaus bei 48 Prozent "zur finanziellen Belastung" wird. Die Studie, so heißt es bei Fidelity International, zeigt, dass es zu "erheblichen Mehrkosten für den Bundeshaushalt" kommen wird. Außerdem würden vorwiegend jüngere Versicherte, die durch steigende Beiträge weniger in private Vorsorge investieren können benachteiligt.

Werding erklärt dazu: "Die Mehrausgaben für die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund der Haltelinie sind eine enorme Belastung für die Bundesfinanzen. Damit die Rechnung aufgeht, müsste der Staat entweder erhebliche zusätzliche Steuereinnahmen generieren oder er müsste bei anderen Haushaltsposten massiv einsparen – etwa bei der Verteidigung oder im Bereich Soziales."

Das Problem: Aufgrund des demografische Wandels, dem Ungleichgewicht von Rentnern und Beitragszahlern, dürfte die Rentenerhöhung gar nicht so hoch ausfallen, wie sie es im Juli mit den 3,74 Prozent aber tut. Ein Sachverhalt, über den inFranken.de bereits in der Vergangenheit mehrfach berichtet hat und sich darüber auch mit Henriette Wunderlich, Referentin für Rente und Arbeit beim Sozialverband Deutschland SoVD ausgetauscht hat. 

Nachhaltigkeitsfaktor fehlt bei Berechnung der Rente

Die Erkenntnis: Es fehlt in der Berechnung der Rente ein entscheidender Faktor – obwohl er im Gesetz steht. Und obwohl man sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt hat ihn zu erhalten. Der Nachhaltigkeitsfaktor. Seine Aufgabe:

  • Im Jahr 2005 wurde er in die Rentenanpassungsformel eingeführt, um die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung nachhaltiger zu gestalten. Er dient dazu, die Rentenanpassung zu dämpfen, wenn das Verhältnis ungünstig für die Rentenversicherung ist und umgekehrt.

Durch Union und SPD wurde er dann 2021 ausgesetzt zu Gunsten des Rentenniveaus von 48 Prozent, welches sonst nicht zu halten gewesen wäre. Jetzt hat Gesundheitsministerin Bärbel Bas mit ihrem Rentenpaket die 48 Prozent weiter festgesetzt bis 2031. 

Teure Garantien bei der Rente müssen wegfallen

Geht es nach Christof Quiring, Leiter betriebliche Vorsorgelösungen bei Fidelity International müssten mit Blick auf die Studie im Zuge einer großen Reform alle teuren Garantien weg

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Quiring: "Wünschenswert sind darüber hinaus der Wegfall von teuren Garantien in allen Durchführungswegen und eine bessere Portabilität von Betriebsrentenansprüchen."

Die Auswertungen der Daten hätten laut Susanna Wooders, Leiterin des Deutschlandgeschäfts von Fidelity International, auch offengelegt, dass prinzipiell "sowohl der 20-jährige Friseur als auch die 30-jährige Versicherungskauffrau und der 40-jährige Geschäftsführer höhere Renten hätten", würde die Haltelinie entfallen und man stattdessen zusätzlich kapitalgedeckt vorsorgen würde. Zahlen und Berechnungen der Studie:

  • 20-jähriger Friseur/1627 Euro (Bruttolohn)
    - Rente mit Haltelinie: 1248 Euro
    - Rente ohne Haltelinie, mit kapitalgedeckter Vorsorge: 
      bis zu 1596 Euro
  • 30-jährige Versicherungskauffrau /3974 Euro (Bruttolohn)
    -Rente mit Haltelinie: 1969 Euro
    - Rente ohne Haltelinie, mit kapitalgedeckter Vorsorge: 
     bis zu 2220 Euro
  • 40-jährige Geschäftsführer/ 9884 Euro (Bruttolohn)
    - Rente mit Haltelinie: 3769 Euro
    - Rente ohne Haltelinie, mit kapitalgedeckter Vorsorge: 
     bis zu 3900 Euro

Infos zur Studie zu den Folgen der Haltelinie für die Rente

Fidelity International erklärt auf seiner Internetseite zur Analyse, dass die Studie verschiedene Varianten der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Steuerfinanzierung der Haltelinie untersucht.

Die Daten zeigen: Selbst in der günstigsten Variante steigen die Bundesmittel für die gesetzliche Rentenversicherung von aktuell rund 142 Milliarden Euro bis 2040 auf rund 198 Milliarden Euro und bis 2060 sogar auf knapp 270 Milliarden Euro an (alle Angaben in heutigen Preisen). In der teuersten Variante würden die Bundesmittel bis 2040 auf 233 Milliarden Euro und bis 2060 sogar auf knapp 353 Milliarden Euro ansteigen. Dies entspricht fast sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Zum Vergleich: Der komplette Bundeshaushalt entsprach demnach in den Vor-Krisen-Jahren 2010 bis 2019 im Schnitt rund 10 Prozent des BIP. 

Niedrige Rente: Bestimmte Jahrgänge durch Rentenniveau besonders betroffen

Mit Blick auf das wichtige Rentenniveau lässt sich grundsätzlich feststellen, dass es seit den 80er Jahren deutlich zurückgegangen ist.

Von über 55 Prozent ging es in den 2000er und 2010er Jahren unter die 50 Prozent runter. 

Eine Analyse durch das Wochenmagazin Stern zeigt jetzt, welche Jahrgänge in Deutschland von einer besonders niedrigen Rente betroffen sind und wie sich dabei das Rentenniveau verhält.