Die klassische Lebensversicherung ist in die Jahre gekommen. Seitdem es keine vernünftige Verzinsung für die kapitalbildende Variante mehr gibt, sinkt das Interesse. Trotzdem ist der Bestand an Policen mit 82 Mio. Verträgen groß. Wird der Vertrag ausgezahlt, fordert natürlich auch der Staat seinen Anteil.
So funktionieren Lebensversicherungen
Neue Produkte dominieren den Markt
Verträge nach 2005 steuerpflichtig
Steuervorteile bei alten Verträgen
Bei der Rente ist nur der Ertragsanteil steuerpflichtig
Und das ist das Prozedere
Es gibt Alternativen…
Thomas Wiesemann, Vorstand Vertrieb beim Marktführer von Allianz Lebensversicherung, erläuterte bereits vor fünf Jahren im Interview mit Focus-money-online: "Wir haben die klassische Lebensversicherung zwar noch, aber wir empfehlen sie nicht und weisen die Kunden darauf hin, dass wir neue Formen der Lebensversicherung geschaffen haben." Und er ergänzt: "90 Prozent der neu abgeschlossenen Verträge in der privaten Altersvorsorge gehen in diese neuen Formen." Der Markt mit 82 Mio. Policen in 2020 (zu den Top-Five gehören die Versicherungen: Allianz, Europa Ideal, Hannoversche und LV 1871) verändert sich in der Tat rasant, hier ein Überblick und Hinweise zur Besteuerung von Lebensversicherungen, denn dafür gibt es Regeln.
So funktionieren Lebensversicherungen
Es gibt nicht das eine Format der Lebensversicherung: Am bekanntesten und der wirksamste Schutz für Familien ist die reine Risikolebensversicherung: Mit der ausgezahlten Summe im Todesfall sichert sie das Einkommen für die Hinterbliebenen, wenn der Versicherte stirbt. (Die günstigste Versicherung gibt es laut Stiftung Warentest schon für 245 Euro jährlich, teure Verträge kosten fast dreimal so viel).
Die durchschnittliche Risikolebensversicherung hatte eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren und eine Versicherungssumme von rund 36.000 Euro. Die zweite Variante ist eine Kapitallebensversicherung: Sie ist eine Mischung aus Sparprodukt, meistens für die Altersvorsorge, und Risikoschutz. Früher gab es vergleichsweise hohe Zinsen, das ist aber vorbei. Bei der dritten Variante, der Lebensversicherung als private Rentenversicherung, ist die Police eine Form der Altersvorsorge. Das angesparte Kapital kann im Alter in eine lebenslange Rente umgewandelt werden.
Garantiezins: Der Vorteil von Lebensversicherungen ist eigentlich eine garantierte Verzinsung. Diese ist aber in den letzten Jahren immer weiter gesunken und liegt unter 0,25 Prozent. Kündigung: Sind nicht zu empfehlen, weil sie häufig mit Verlusten verbunden sind. Meist ist es besser, durchzuhalten. Alternativen wären der Verkauf der Police oder in manchen Fällen eine Rückabwicklung.
Neue Produkte dominieren den Markt
Und es gibt andere Namen und Produkte, die inzwischen den Markt bestimmen: Klassik, neue Klassik und Indexpolicen. Die Assekurata Assekuranz Rating-Agentur untersucht seit 20 Jahren den Markt. In seiner gerade veröffentlichten 130-seitigen Analyse stellt die Agentur fest, dass klassische Produkte der Lebensversicherung nur noch bei weniger als der Hälfte der Unternehmen im Angebot sind.
"Das geringe Angebot verdeutlicht, wie stark das einstige Flaggschiff der Lebensversicherer in der Gunst der Anbieter mittlerweile gesunken ist", kommentiert Reiner Will, Geschäftsführer von Assekurata. "Dabei sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, dass viele Versicherer noch große klassische Bestände in den Büchern haben, für deren Kunden die Überschussbeteiligung noch immer eine hohe Bedeutung hat."
Großer Vorteil bei den Altbeständen: Die Verzinsung ist bei den älteren Verträgen stabil. "Grund hierfür sind die vertraglichen Garantien, auf die die Kunden mit Vertragsabschluss einen Anspruch erwerben, sodass die Überschussbeteiligung nicht darunter sinken kann", erläutert Assekurata-Geschäftsführer Will.
Verträge nach 2005 steuerpflichtig
Lässt sich ein Kunde das Kapital aus einer Lebensversicherung, die nach dem 1.1.2005 abgeschlossen worden ist, auszahlen, muss er auf die Erträge aus 25 Prozent Abgeltungsteuer (plus Solidaritätszuschlag) und eventuell Kirchensteuer zahlen. Der Gewinn wird als Einkommen aus Kapital versteuert – nach Abzug des Sparerpauschbetrags von 801 Euro für Ledige und 1.602 Euro für Paare. Welche Variante der Auszahlung der Versicherte auch wählt, die Lebensversicherung ist nicht komplett zu versteuern. Den Fiskus interessiert nur die Differenz aus der Summe, die ausbezahlt wird, und den eingezahlten Beträgen. Dieser Betrag unterliegt der Steuer. Allerdings zahlt sich die Geduld der Sparer aus, denn unter zwei Bedingungen greift die ermäßigte Besteuerung:
Der Vertrag muss eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren aufweisen und
die Auszahlung darf erst nach dem 60. Geburtstag des Versicherten erfolgen, bei Vertragsabschluss ab 2012 erst ab dem 62. Lebensjahr.
Werden die Voraussetzungen erfüllt, sind nur 50 Prozent der Erträge steuerpflichtig, mit dem individuellen Steuersatz. Die ermäßigte Besteuerung gilt auch für fondsgebundene Lebensversicherungsverträge, bei denen die Gesellschaft die Beiträge während der Laufzeit in Fonds investiert.
Steuervorteile bei alten Verträgen
Alte Lebensversicherungsverträge sind steuerlich ausgesprochen günstig: Erlebt der Versicherungsnehmer den Vertragsablauf, müssen Kunden mit Altverträgen selten weder mit Finanzamt noch Sozialkassen teilen.
Die Leistung bleibt steuerfrei, wenn der Vertrag bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde und in einer Summe ausgezahlt wird. Weitere Voraussetzungen:
Bis zur Auszahlung, Verkauf oder vorzeitiger Kündigung hatte die Police eine Laufzeit von mindestens zwölf Jahren und
mindestens fünf Jahre lang wurden Beiträge eingezahlt.
Bei nach dem 31. März 1996 abgeschlossenen Verträgen (bei Direktversicherungen über den Arbeitgeber nach dem 31. Dezember 1996) muss der Todesfallschutz außerdem mindestens 60 Prozent der Beitragssumme über die gesamte Laufzeit betragen haben.
Bei der Rente ist nur der Ertragsanteil steuerpflichtig
Soll das Kapital aus der Versicherung als monatliche Rente ausgezahlt werden, gilt nur der "Ertragsanteil" (Alterseinkünftegesetz) als steuerpflichtiges Einkommen. Das heißt, nur ein Teil der Rente muss tatsächlich versteuert werden.
Die prozentuale Höhe richtet sich nach dem Alter bei Rentenbeginn. Wer mit 65 in Rente geht, muss zum Beispiel nur 18 Prozent der Rente mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern. Bei dieser Variante ist es egal, in welchem Jahr der Vertrag abgeschlossen wurde. In der Steuererklärung ist dafür die Anlage R auszufüllen.
Willst du die Steuerzahlung auf den Gewinn vermeiden, kannst du die Lebensversicherung auf einen anderen Versicherungsnehmer übertragen, der weniger oder gar kein eigenes Einkommen hat, und somit bei der Auszahlung Steuern sparen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ausdrücklich klargestellt (Beschluss vom 23.4.2010, Az.: VIII B 48/08), dass die Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren bei einem Wechsel des Versicherungsnehmers nicht aufs Neue beginnt.
Und das ist das Prozedere
Wer sich seine Lebensversicherung auszahlen lässt, zahlt zunächst einmal die 25-prozentige Abgeltungssteuer auf den vollen Gewinn. Das veranlasst die Versicherung automatisch. Wer Anspruch auf die Versteuerung des halben Gewinns hat, kann sich den zu viel gezahlten Teil der Steuern vom Finanzamt wiederholen – über die Anlage KAP in seiner Steuererklärung.
Darüber hinaus lässt sich auch der Freibetrag für Kapitaleinkünfte in Anspruch nehmen, sofern dieser noch nicht für andere Zinsen oder Dividenden verbraucht ist. Anschließend ist in der KAP-Steuererklärung anzukreuzen, dass das Finanzamt den sogenannten "Steuereinbehalt" prüfen soll.
Und so bewertet die Zeitschrift Finanztipp den Markt der Kapital- oder fondsgebundenen Lebensversicherungen: Wegen niedriger Zinsen und hoher Kosten lohnt sich der Neuabschluss nicht mehr. Auch die neuen Indexpolicen sind wenig geeignet, erläutert Julia Rieder, Finanztip-Expertin für Versicherungen. Für die Altersvorsorge gibt es Optionen jenseits der Versicherung: zum Beispiel ETF-Sparpläne in Kombination mit einem Auszahlungsplan in der Rentenphase. Eins steht jedenfalls fest: Es bleibt spannend bei der Absicherung von Lebensrisiken und Altersvorsorge. Der Markt verändert sich gerade dramatisch.
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