Haushalte so reich wie nie: Warum wir trotzdem Geld verschwenden
Autor: Ellen Schneider, Agentur dpa
Deutschland, Donnerstag, 25. Sept. 2025
Laut dem Versicherungskonzern Allianz haben Haushalte aktuell so wie Geld, wie noch nie. Die Deutschen machen beim Sparen trotzdem oft einen entscheidenden Fehler.
So viele armutsgefährdete Rentner wie noch nie, Eltern, die befürchten, die grundlegenden Bedürfnisse ihrer Familien finanziell nicht mehr abdecken zu können, und zahlreiche Menschen, die aufgrund der Inflation weniger für ihre private Altersvorsorge beiseitelegen können - entsprechende Meldungen häuften sich in der jüngsten Vergangenheit. Das alles lässt nichts Gutes über die finanzielle Lage deutscher Haushalte vermuten. Eine Analyse des Versicherungskonzerns Allianz zeigt nun jedoch: Um sie ist es finanziell besser bestellt als gedacht.
Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren demnach 5,9 Prozent Wachstum des Geldvermögens pro Jahr erzielt, vergleichbar mit den USA (6,2 Prozent). Jüngsten Bundesbank-Zahlen für das erste Quartal 2025 zufolge verfügen die privaten Haushalte in Deutschland über ein Rekord-Geldvermögen von mehr als 9 Billionen Euro brutto. Und auch weltweit betrachtet sind die Haushalte laut den Berechnungen von Allianz so reich wie noch nie. 269 Billionen Euro gehörten privaten Haushalten weltweit Ende des letzten Jahres. Das Vermögen hat sich damit im vergangenen Jahr um 8,7 Prozent gesteigert.
US-Amerikaner sparen "clever", Deutsche eher "fleißig": Warum die USA uns beim Vermögen voraus sind
Die Hälfte des Wachstums der globalen Finanzvermögen 2024 entfiel laut der Allianz demnach auf Nordamerika und dort vor allem auf die USA. "In Bezug auf das Finanzvermögen geben die USA weiterhin den Ton an", halten die Autorinnen und Autoren fest. In den vergangenen zehn Jahren wurde demnach in den USA 47 Prozent des Wachstums der globalen Geldvermögen generiert, China trug 20 Prozent bei, Westeuropa 12 Prozent.
Während viele Menschen in Deutschland sparen wie die Weltmeister, lassen viele US-Amerikaner ihr Vermögen für sich arbeiten: Deutschland habe in den vergangenen zehn Jahren 5,9 Prozent Wachstum des Geldvermögens pro Jahr erzielt, vergleichbar mit den USA (6,2 Prozent). Erreicht wurde das jedoch durch eine fast doppelt so hohe Sparleistung. Gleichzeitig betrug der Beitrag der Wertsteigerungen hierzulande 32 Prozent - verglichen mit 67 Prozent in den USA. "Das ist der Unterschied zwischen cleveren und fleißigen Sparern", folgert Kathrin Stoffel, Mitautorin der Allianz-Vermögensstudie.
Denn: Mehr als ein Drittel (37 Prozent) von den 9 Billionen Euro, über welche die deutschen Haushalte verfügen, ist Bargeld oder liegt auf Giro- und Tagesgeldkonten. Das ernüchternde Fazit von Allianz-Chef Oliver Bäte kürzlich bei einer Bundesbank-Konferenz: "Die Deutschen sind neben den Franzosen Weltmeister im Geldverschwenden." Mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 86.800 Euro lag Deutschland Ende 2024 auf Platz 13 der 57 Länder. Die USA als Spitzenreiter kamen pro Kopf auf ein Netto-Geldvermögen von 311.000 Euro vor der Schweiz (268.860 Euro) und Singapur (197.460 Euro). Schlusslicht der Rangliste ist Pakistan mit einem Pro-Kopf-Vermögen von 630 Euro.
Finanzanlagen sollen auch 2025 weiter wachsen - jedoch langsamer als in den Vorjahren
Sowohl 2023 (plus 11,5 Prozent) als auch 2024 (plus 12,0 Prozent) legten Wertpapiere fast doppelt so schnell im Wert zu wie die beiden anderen von der Allianz betrachteten Anlageklassen Versicherungen/Renten und Bankeinlagen. Bei Investoren in Nordamerika machen Wertpapiere 59,2 Prozent der Portfolios aus, in Westeuropa sind es 34,9 Prozent. Wer in Deutschland auf Wertpapiere setzt, profitierte 2024: Wertzuwächse bei Wertpapieren waren der Haupttreiber für das Wachstum der hiesigen Brutto-Geldvermögen um 7,4 Prozent.
Das weltweite Brutto-Geldvermögen hat sich laut Allianz in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Abzüglich von Schulden ergab sich Ende 2024 ein Netto-Geldvermögen von 210 Billionen Euro - ein Wachstum von 10,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
"Die weltweiten Finanzanlagen werden voraussichtlich auch 2025 weiter wachsen, wenn auch deutlich langsamer als in den beiden Vorjahren", prognostizieren die Allianz-Volkswirte in der 16. Auflage des jährlichen "Global Wealth Reports" mit Blick auf die Brutto-Geldvermögen. Das Potenzial für einen Rückschlag an den Aktienmärkten sei groß, die Unsicherheit über die US-Handelspolitik werfe zudem "Schatten auf Investitions- und Sparentscheidungen": "Unter Berücksichtigung dieser Faktoren erwarten wir für 2025 ein Wachstum der globalen Finanzanlagen um rund 6 Prozent".