Arbeitsrecht: Wann greift der Kündigungsschutz bei der Schwangerschaft?
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Sonntag, 09. April 2023
Wann beginnt der Kündigungsschutz bei einer Schwangerschaft? Bei dieser im Arbeitsrecht wichtigen Fragen bleibt das Bundesarbeitsgericht bei seiner bisherigen Rechtsprechung und wendet damit eine Verschlechterung der Bedingungen ab.
- Während der Schwangerschaft gibt es ein Kündigungsverbot
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg legt ein neues Rechenmodell vor
- 266 oder 280 Tage – was gilt?
- Bundesarbeitsgericht beharrt auf mehr Schutz für Schwangere
In Deutschland kommen im Monat rund 60.000 Babys zur Welt. Ist die Frau berufstätig, hat sie einen besonderen Kündigungsschutz und eine gesetzlich geschützte Auszeit vom Berufsleben: den Mutterschutz. Beim Kündigungsschutz streiten sich Gerichte, mit welchem Rechenmodell der Termin für den Beginn der Schwangerschaft zu ermitteln ist. Das ist deshalb so wichtig, weil ab diesem Zeitpunkt der Arbeitgebende die Arbeitnehmerin nicht mehr kündigen kann. Jetzt hat die zweite Kammer des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt im Streit um 266 oder 280 Tage ein Machtwort gesprochen. Für die betroffene Frau war das alles andere als nur ein juristischer Streit. Für sie ging es um viel Geld.
Während der Schwangerschaft gibt es ein Kündigungsverbot
Bekommt eine berufstätige Frau ein Kind, gelten für sie einige Wochen vor und nach der Geburt besondere gesetzliche Bestimmungen. Sie sind zusammengefasst im Mutterschutzgesetz (MuSchG). Ein wichtiger Punkt: Laut § 17 Absatz 1 darf der Arbeitgeber seiner schwangeren Arbeitnehmerin nicht kündigen. Die Regelung beinhaltet ein Kündigungsverbot, wonach eine Entlassung während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig ist. Ausnahmen von diesem Kündigungsverbot gibt es, wenn es eine Geschäftsaufgabe oder Betriebsstilllegung gibt.
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Das Arbeitsverhältnis ist trotz Schwangerschaft in folgenden Fällen wirksam zu beenden, wobei die Gründe für die beabsichtigte Kündigung nicht mit dem Zustand der Frau in der Schwangerschaft im Zusammenhang stehen dürfen:
- Die Arbeitnehmerin kündigt selbst. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu benachrichtigen. Die Eigenkündigung ist nach § 10 Absatz 1 MuSchG ohne Einhaltung einer Frist zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung möglich.
- Arbeitgeber und Arbeitnehmerin schließen einen Aufhebungsvertrag.
- In Kleinbetrieben (bis fünf Beschäftigte), wenn der Arbeitgeber zur Fortführung des Betriebes dringend auf eine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft angewiesen ist, die er nur einstellen kann, wenn er mit ihr einen unbefristeten Arbeitsvertrag schließt.
Dem Arbeitgeber muss die Schwangerschaft und der Entbindungstermin bekannt sein. Auf Verlangen des Arbeitgebers muss die Mitarbeiterin ein Zeugnis vorlegen, das von Ärztinnen oder Ärzten oder Hebammen ausgestellt werden kann. Die Kosten für eine Schwangerschaftsbescheinigung trägt der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat dann die zuständige Aufsichtsbehörde (Amt für Arbeitsschutz) über die Mitteilung der werdenden Mutter zu benachrichtigen. Er darf die Information nicht ohne Rücksprache mit der werdenden Mutter anderen Dritten bekannt machen.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg legt ein neues Rechenmodell vor
Soweit wichtige Regeln, wie sie im MuSchG niedergelegt sind. Der Zeitpunkt für den Beginn des Kündigungsverbots während einer Schwangerschaft ist im Gesetz allerdings nicht näher definiert. War bei der Kündigung noch nicht klar, dass die Mitarbeiterin schwanger ist und ob der besondere Schutz besteht oder nicht, muss ein Rechenmodell herhalten, um den Schwangerschaftsbeginn zu bestimmen.