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Kurz vor der Rente arbeitslos: Was du jetzt tun kannst


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Donnerstag, 12. Juni 2025

Arbeitslosigkeit kurz vor der Rente stellt viele Menschen vor erhebliche Herausforderungen – sowohl finanziell als auch emotional. Doch es gibt Möglichkeiten, diesen schwierigen Zeitraum zu überbrücken und finanzielle Einbußen zu minimieren.
Arbeitslosigkeit kurz vor der Rente stellt eine Herausforderung dar, aber mit der richtigen Planung und Kenntnis über Sozialleistungen können finanzielle Einbußen minimiert werden.


Von Arbeitslosengeld I über einen vorzeitigen Renteneintritt bis hin zum Bürgergeld – der Sozialstaat bietet verschiedene Optionen, abhängig von der individuellen Erwerbsbiografie und den persönlichen Voraussetzungen, wenn man kurz vor der Rente arbeitslos wird. Dabei gilt es jedoch, die Vor- und Nachteile jeder Möglichkeit sorgfältig abzuwägen, um langfristig abgesichert zu sein. 

Zunächst Arbeitslosengeld, dann der Rentenbezug

Im ersten Schritt musst du folgendes für dich klären: Was ist sinnvoller, Arbeitslosengeld (ALG I) zu beantragen oder dich für die Frührente zu entscheiden. Rentenexperte Rolf Winkel ist in seinem Beitrag in Ihre Vorsorge sehr klar: "Meist spricht viel dafür, erst Arbeitslosengeld zu beziehen".

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Der erste Weg, und zwar schon vor dem Kündigungstermin, sollte dich zu deiner örtlichen Arbeitsagentur führen. Du warst während deiner aktiven Zeit im Betrieb in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Daraus erwächst für dich der Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I). Das Geld wird ab dem 58. Lebensjahr höchstens 24 Monate lang gezahlt und maximal bis du dein reguläres Renteneintrittsalter erreichst.

Neben dem Alter ist eine weitere Voraussetzung für ALG I, dass du für die letzten fünf Jahren vor deinem Antrag vier Jahre eine beitragspflichtige Beschäftigung nachweisen kannst. Wichtig ist natürlich für deine Entscheidung, ALG I oder Frührente mit 63, wie hoch die Zahlungen aus der Versicherung sind. Dein Anspruch auf ALG I beträgt 60 % von deinem durchschnittlichen Nettogehalt der letzten 12 Monate. Hast du noch andere Einkünfte, beispielsweise aus Vermögen oder Vermietung, ist das unerheblich. Es wird nichts angerechnet. Mit dem Wert "60-%-vom-Netto" kannst du abschätzen, wie hoch die ALG I-Zahlungen monatlich sind. 

Arbeitslosengeld ist gedeckelt und liegt bei maximal 2.377 Euro monatlich

Aus deiner jährlichen Renteninformation der DRV kannst du den aktuellen Betrag der bisher erworbenen Rentenansprüche entnehmen. Ist die zu erwartende Rente geringer als das ALG I-Geld, lohnt es sich zunächst zwei Jahre lang ALG I zu beziehen und erst danach den Rentenantrag zu stellen. Rolf Winkel weiß aus Erfahrung, dass gerade bei Beschäftigten, "die in den letzten Arbeitsjahren gut verdient haben, und durch ihre Versicherungsbeiträge entsprechend hohe Ansprüche bei der Arbeitslosenversicherung erworben haben, das Arbeitslosengeld meist höher ausfällt als die zu erwartende Rente." Allerdings ist das ALG I gedeckelt: Der Maximalanspruch liegt bei 2.237 Euro monatlich. Vermutlich ist dein ALG I höher als die monatliche Rente.

Und noch etwas ist wichtig: Mit dem Bezug von ALG I erhöht sich deine Altersrente. Warum? Die Arbeitsagentur zahlt für dich die Beiträge in die Rentenversicherung ein. Aber: Der Beitrag errechnet sich auf der Grundlage von 80 % deines letzten Bruttoentgelts. Winkel hat errechnet, dass zwei Jahre Bezug von Arbeitslosengeld bei einer erwerbslosen Person, die vor der Arbeitslosigkeit ein durchschnittliches Einkommen erzielte, mit einer Erhöhung der späteren monatlichen Rente um etwa 60 Euro rechnen kann. Für einen Arbeitslosen, der in seiner Zeit als Berufstätiger zuletzt zu den Besserverdienenden zählte, könnten zwei Jahre Arbeitslosengeld und kontinuierliche Ansammlung von Rentenpunkten sogar ein Plus von bis zu 120 Euro bringen. Deshalb die klare Empfehlung: Wirst du vor dem Rentenbeginn arbeitslos, zunächst auf jeden Fall das ALG I beim Arbeitsamt beantragen und später dann im zweiten Schritt die Altersrente bei der DRV.

Wer das ALG I wählt, muss dem Arbeitsmarkt und der Vermittlung zur Verfügung stehen. Insoweit gibt es keine Sonderregelungen für diejenigen, die kurz vor Rentenbeginn arbeitslos werden. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Mitarbeitenden der Arbeitsagenturen eher selten ihren Vermittlungsschwerpunkt auf älterer Arbeitslose legen. Selbst die interne Revision der Arbeitsämter bescheinigt in ihrem Bericht zur Vermittlung Älterer, dass die Agenturen wenig Initiative entwickeln, um ältere Arbeitslose, die kurz vor der Rente stehen, zu vermitteln.

Arbeitslosengeld und Krankenversicherung: Das ist wichtig 

Der Wechsel von ALG I zur Frührente oder zum Bürgergeld beeinflusst erheblich den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz, was für die Betroffenen von großer Wichtigkeit ist. Während der Bezugsdauer von ALG I sind Arbeitslose automatisch in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Die Beiträge werden dabei von der Bundesagentur für Arbeit übernommen, wodurch keine zusätzlichen Kosten anfallen.

Diese Absicherung endet jedoch mit dem Auslaufen des Anspruchs auf ALG I, was eine neue Regelung der Krankenversicherung erforderlich macht. Beim Wechsel zur Frührente bleiben Rentner in der Regel in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen. Entscheidend ist dabei, dass der Betroffene in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens mindestens 90 Prozent der Zeit gesetzlich krankenversichert gewesen ist. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, müssen sich Rentner freiwillig, entweder gesetzlich oder privat, krankenversichern, was höhere Kosten verursachen kann. Darüber hinaus übernimmt die Deutsche Rentenversicherung lediglich einen Anteil der Beiträge, was die finanzielle Belastung für Rentner erhöht.

Wer hingegen nach ALG I zum Bürgergeld wechselt, bleibt weiterhin in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Die Beiträge werden in diesem Fall vom Jobcenter übernommen, sodass wiederum keine zusätzlichen Kosten entstehen. Allerdings sammeln Bürgergeldempfänger in dieser Zeit keine weiteren Rentenpunkte an, was die späteren Rentenansprüche negativ beeinflussen kann. Für Personen, die kurz vor dem Renteneintritt stehen, ist daher eine umfassende Beratung durch die Krankenkasse oder Rentenversicherung ratsam, um finanzielle und versicherungstechnische Nachteile zu vermeiden.

Rente mit 63 bei 35 Versicherungsjahren kann eine Lösung sein

Alle, die ALG I beziehen, kann die Agentur für Arbeit nicht dazu verpflichten, in Frührente zu gehen. Wichtig: Endet die Beschäftigung mit einem Aufhebungsvertrag und einer Abfindungszahlung, ruht unter Umständen der Anspruch auf ALG I und es kann eine Sperrzeit geben. Wie lange diese dauert, entscheidet die Agentur für Arbeit nach den individuellen Voraussetzungen. Wenigstens einen Trost gibt es: In der Rentenversicherung wird diese Zeit als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit berücksichtigt.

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Wenn du nach Ende der Zahlungen von ALG I nicht in Altersrente kannst, besteht eventuell die Möglichkeit der vorgezogenen Rente ab 63. Dazu musst du allerdings die Voraussetzungen für die Altersrente für langjährig Versicherte erfüllen, also 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Außerdem musst du 63 Jahre alt sein. In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 gab es rund 245.000 Neuanträge – eine Rekordzahl. Bei der Rente mit 63 musst du aber Abschläge hinnehmen. Das können bis zu 14,4 % sein. Für jeden Monat, den du vorzeitig in Rente gehst, sind das 0,3 %. Dieser Abschlag bleibt dauerhaft über den gesamten Bezugszeitraum bestehen. 

Dagegen können alle, die mindestens 45 Versicherungsjahre zurückgelegt haben, vorzeitig und ohne Abschläge in die Altersrente für besonders langjährige Versicherte gehen. Das Zugangsalter zu dieser Rente steigt in den nächsten Jahren schrittweise auf 65 Jahre. 

Altersrente hat Vorrang vor Bürgergeld

Nach maximal 24 Monaten endet der Leistungsbezug nach ALG I. Danach erhältst du Bürgergeld (früher Hartz IV). Damit ändert sich allerdings deine Einkommenssituation. Stiftung Warentest berichtet, dass eine alleinstehende Person seit Januar 2024 als Regelbedarf 563 Euro bekommt, ein Paar in einer Bedarfsgemeinschaft 1.012 Euro

Zum Regel­satz dazu kommen evtl. weitere Zahlungen:

  • Kosten für Wohn­raum und Heizung,
  • Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflege­versicherung,
  • Mehr­bedarf in besonderen Lebens­situationen,
  • einmalige Unterstüt­zungen, beispiels­weise Anschaffungs­kosten bei einem Wohnungs­umzug (Erst­ausstattung).

Da bei einer vorzeitigen Rente Abschläge anfallen, kann es durchaus sein, dass das Bürgergeld mit allen Zusatzzahlungen (insbesondere eine warme Wohnung) höher ist als die Frührente. Beziehst du Bürgergeld bis zum regulären Rentenalter, fallen keine Abschläge bei der Rente an. In der Zeit, in der du Bürgergeld erhältst, sammelst du allerdings keine zusätzlichen Rentenpunkte. Anders als beim ALG I ist also mit dem Bürgergeld keine weitere Rentensteigerung zu erreichen. Die Altersrente hat Vorrang gegenüber dem Bürgergeld. Wer also einen Anspruch auf Rentenzahlung hat, muss diesen nutzen. Aber: Altersrentner, deren Rente nicht zum Leben reicht, haben einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung nach SGB XII.

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