Rente bald mit 69? "Kann nicht sein" - heftiger Zoff nach Reiche-Vorstoß
Autor: Ellen Schneider, Agentur dpa
Deutschland, Donnerstag, 11. Sept. 2025
Katherina Reiche (CDU) und ihre Berater fordern ein höheres Renteneintrittsalter. Die SPD hält davon nichts und keift: "Frau Reiche hat in ihrem Kerngeschäft mehr als genug zu tun."
"Wir müssen mehr und länger arbeiten": Mit dieser Aussage sorgte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) vor einigen Wochen für viel Kritik. Christian Bäumler, Bundesvize des CDU-Sozialflügels (CDA) bezeichnete sie im Anschluss gar als "Fehlbesetzung", auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) lehnte die Pläne strikt ab. Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) stieß vor allem die Forderung nach der Abschaffung der Rente mit 63 ungut auf.
Auch ein von Reiche einberufener wissenschaftlicher Beraterkreis drängte jüngst auf ein späteres Renteneintrittsalter. "Ohne eine entschlossene Reformagenda droht die Rentenversicherung zu einer zunehmenden Belastung des Bundeshaushalts zu werden – und zur tickenden Zeitbombe für die Generationengerechtigkeit", warnten die Berater, zu denen auch "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm gehört. Die SPD hält von diesem erneuten Vorstoß der Wirtschaftsministerin nichts - und findet jetzt deutliche Worte.
SPD stinksauer nach Reiche-Vorstoß: "Frau Reiche hat in ihrem Kerngeschäft mehr als genug zu tun"
Die Partei wirft Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) unpassende Renten-Vorschläge vor und stemmt sich gegen ein höheres Rentenalter. Für die Rente sei "weder ihr Ressort zuständig" noch fänden sich ihre Forderungen nach einem höheren Rentenalter im Koalitionsvertrag wieder, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Klüssendorf lehnt ein höheres Rentenalter ab und fordert von Reiche Mäßigung. "Wir wollen in der Regierung konstruktiv mit unseren Partnern von CDU und CSU zusammenarbeiten. Beide Seiten haben kein Interesse an weiterem Streit. Es kann daher nicht sein, dass Frau Reiche schon wieder über die Medien die Rente mit 70 fordert." Im Koalitionsvertrag habe die SPD mit der Union den abschlagsfreien Renteneintritt nach 45 Jahren vereinbart - "und so gemeinsam als Koalition einer Rentenkürzung durch Anhebung des Eintrittsalters eine klare Absage erteilt", ergänzte der SPD-Generalsekretär. "Daran sollten sich alle Regierungsmitglieder halten."
Der Abgeordnete und NRW-SPD-Chef Achim Post sagte: "Frau Reiche hat in ihrem Kerngeschäft mehr als genug zu tun. Umso verwunderlicher ist es, dass ihr Haus trotz vereinbarter Schritte, eingesetzter Kommissionen und festgelegter Zeitpläne in der Koalition die Zeit und Energie findet, Nebelkerzen in der Sozialstaatsdebatte zu werfen." Ihre Rentenvorschläge gingen an der Lebensrealität vieler Berufstätiger vorbei.
Berater von Katherina Reiche fordern ebenfalls Anhebung des Rentenalters
Die Wissenschaftler, die Reiche für "Reformen im Geiste der Sozialen Marktwirtschaft", wie sie betonte, beraten sollen, warnten zuvor: Werde das Rentenniveau bei 48 Prozent gehalten, müsse mit einem drastischen Anstieg der Kosten gerechnet werden. Mehr als 90 Milliarden Euro müssten zusätzlich aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden.
Amazon-Buchtipp: Ruhestand? Nein, danke! – Inspirierende Ideen für jedes Budget im Rentenalter und clevere Finanz- und GesundheitstippsDie Berater drängen daher auf eine rasche Anhebung des Rentenalters in Deutschland. "Eine weitere Anhebung des Rentenalters müsste jetzt auf den Weg gebracht werden", heißt es in einem neuen Impulspapier des Beraterkreises für evidenzbasierte Wirtschaftspolitik.