Der Markt der Chiphersteller ist also im Wesentlichen in der Hand von asiatischen und amerikanischen Herstellern. Bei gestörten Lieferketten ist das für europäische Firmen eine weitere Schwierigkeit, um sich mit den benötigten Halbleitern zu versorgen.
Der Computer auf vier Rädern
Seit dem die Bänder in diesem Jahr in den Automobilwerken stillstanden, weil nicht genügend Chips für den Einbau zur Verfügung standen, ist das Thema prominent in der Öffentlichkeit. Es gibt viele Fragen, ja Vorwürfe an die Halbleiterindustrie, wie das passieren konnte.
Das Auto entwickelt sich schließlich immer mehr zu einem Computer mit vier Rädern. Chips sind allgegenwärtig: beim Abstandswarner, Brems-Assistenten, beim Infotainment, bei Stau-Hilfen, Klima-Anlagen oder dem Müdigkeitswarner. Rund 50 Sensoren stecken in einem durchschnittlichen Neuwagen, bis zu 100 sind es in einem teuren Premiumfahrzeug, erläutert Peter Schiefer, Leiter der Automobilsparte beim Chip-Konzern Infineon dem Bayerischen Rundfunk.
Und die Chip-Zahl wächst weiter. So können Kamera- und Radar-Systeme immer mehr, egal ob im Außenbereich oder im Innenraum eines Fahrzeugs. Autonomes Fahren, eine der Optionen bei der Mobilität der Zukunft, ist ohne noch mehr Chips völlig undenkbar.
Die Automobilindustrie hat riesigen Mehrbedarf
Eigentlich hat die Automobilindustrie aber das bekommen, was sie bei den Chipherstellern orderte. Zu Beginn der Corona-Pandemie (2020) waren die Hersteller vorsichtig und reduzierten ihre Bestellungen von 41,2 Millionen auf 40,4 Millionen. Also rund eine Million weniger als ein Jahr davor. Diese Delle nutzte die Halbleiterindustrie zur Umschichtung.
Denn: In der Pandemie gab es einen wachsenden Bedarf bei Mobiltelefonen (in einem Gerät sind oft fünf Chips verbaut), Fernsehern, Desktop- und Laptop-Computern, Spielkonsolen und Haushaltsgeräten. Alles Produkte, die ohne Chips nicht funktionieren. Außerdem konnten die Chiphersteller hier höhere Preise erzielen als bei den knauserigen Auto-Herstellern.
Als die Automobilindustrie 2021 die Produktion wieder hochfuhr, explodierten die Bestellungen und summierten sich auf 52,4 Millionen Chips. Ein Drittel mehr als im Vorjahr. Ein gewaltiger Sprung, den die Branche nicht abarbeiten konnte. Und dann gab es noch andere Schwierigkeiten.
Und dann hatten die Hersteller auch noch Pech
2021 mussten Chiphersteller wie Samsung, NXP (das ist ein niederländischer Halbleiterhersteller) und Infineon den Betrieb in Austin (Texas) abrupt stoppen. Nach heftigen Schneestürmen war die Stromversorgung komplett ausgefallen, die Halbleiter-Fabriken waren nicht mehr kontrolliert runterzufahren. Dadurch entstand erheblicher Schaden und längere Produktionsausfälle.
Durch Naturkatastrophen und Brände kam es auch in Japan in Chipfabriken zu Ausfällen. So wurde eine Fertigungsanlage des Chip-Herstellers Renesas Electronics im März 2021 bei einem Großfeuer beschädigt.
Die sprunghaft gestiegene Nachfrage hat TSMC dazu genutzt und allein im Laufe der vergangenen 12 Monate zweimal die Preise erhöht.
Schnelle Lösungen sind nicht in Sicht
Höhere Preise sind aber nicht die Lösung. Die Chip-Hersteller sind gut beraten, die Zahl der produzierten Halbleiter zu erhöhen. Aber das geht nicht über Nacht. "Die Erweiterung einer vorhandenen Fabrik dauert zwischen 18 und 24 Monaten", sagt die Deutschland-Chefin von Intel, Christin Eisenschmid der Zeitung Business Insider. Bei einem Neubau einer Anlage müsse man mit vier Jahren rechnen. „So eine Fabrik ist hochkomplex, erfordert ein gewaltiges Investitionsvolumen, damit die neueste Ausrüstung angeschafft werden kann.“
Aktuell stammten rund neun Prozent der globalen Halbleiter-Fertigung aus Europa. „Das waren in den Neunzigerjahren noch 44 Prozent.“
Deshalb ist Deutschland hocherfreut, dass Intel den Bau von zwei Chipfabriken in Magdeburg angekündigt hat. Mit dem Projekt ist eine 17-Milliarden-Investitionen verbunden. Eine schnelle Lösung für das Problem ist dieses Projekt in Sachsen-Anhalt aber auch nicht.