In etwa 80 bis 100 Fällen in Deutschland endet Selbstbefriedigung jährlich tödlich. Den Angehörigen ist das häufig peinlich. Einige Fälle schockieren: So wie der, eines Mannes, der sich in Taucheranzug mit Scheiblettenkäse belegte.
Selbstbefriedigung als Todesursache? Klingt verrückt, ist aber gar nicht so selten. Das berühmteste Beispiel für einen solchen Tod ist wohl der "Kill Bill"-Schauspieler David Carradine. Aber auch in Deutschland könnte die Zahl der "autoerotischen Todesfälle" durchaus dreistellig sein.
Hypoxphilie nennen Experten die Lust durch Sauerstoffmangel. Diese Lust ist laut dem Brandenburger Rechtsmediziner Harald Voß der häufigste Grund für autoerotische Unfälle. Ein Vorgang, bei dem Menschen sich selbst unabsichtlich bei der Selbstbefriedigung erhebliche Verletzungen zuziehen. Schätzungen zufolge enden autoerotische Unfälle in etwa 80 bis 100 Fällen pro Jahr in Deutschland tödlich.
So auch bei einem Mann aus Hessen, der Ende 2017 tot in seinem Hobbykeller gefunden wurde. Laut den Ermittlungen der Hanauer Staatsanwaltschaft war der Mann erstickt. Die Bild-Zeitung betitelte den autoerotischen Todesfall mit "Elektriker erwürgt sich in selbst gebautem Porno-Raumschiff". Der Mann sei nach Angaben der Behören am ganzen Körper und am Hals mit Ketten gefesselt gewesen. Es gäbe keine Anhaltspunkte auf Fremdverschulden. Er war bei der Selbstbefriedigung gestorben. Laut Bericht liefen noch Pornos, als der Mann gefunden wurde.
Wie viele Menschen tatsächlich jährlich bei autoerotischen Unfällen sterben ist unklar. "Die Dunkelziffer ist ausgesprochen hoch, das ist ein sehr seltener Fall in der Rechtsmedizin", sagt Voß. In mehr als 30 Jahren habe er vielleicht fünf Fälle gehabt, erzählt der 59-jährige Rechtsmediziner, der in Frankfurt (Oder) arbeitet. "Wenn die Auffindesituation für die Polizei eindeutig ist, kommt das gar nicht zu uns."
Hinweise auf einen Unfall bei der Selbstbefriedigung seien zum Beispiel: ein entblößtes Geschlechtsteil, Pornobilder, ein Spiegel in der Nähe, Fesseln, die selbst angebracht worden sein können, Folientüten über dem Kopf - und wenn der Mensch alleine in einem geschlossenen Raum war und keinen Abschiedsbrief hinterlassen hat.
Angehörige schämen sich häufig für die Todesursache
Angehörige, die die Leiche finden, räumten manchmal Dinge weg, weil die Scham so groß sei, berichtet Rechtsmediziner Voß. Dabei gehe es nicht immer nur um Hypoxyphilie.
Eine alte Frau in Halle etwa habe mal ihren Sohn mit den Klemmen von Weihnachtsbaumlichtern an den Brustwarzen gefunden und die Lichter weggeräumt, bis der Notarzt gekommen sei. Verbrennungen am Körper hätten Voß aber stutzig gemacht. Die Frau habe dann eingeräumt, wie sie den Mann vorfand. Er hatte versucht, sich durch Stromschläge zu stimulieren - zu viel für sein schwaches Herz, erzählt Voß.
Meist seien Männer die Opfer autoerotischer Todesfälle, erklärt Voß. "Das gibt es auch bei Frauen, aber es kommt seltener zum Tod, weil Frauen offensichtlich vorsichtiger sind und nicht so viele Raffinessen einbauen."
Tatsächlich scheinen manche viel Fantasie zu haben: Mit fünf Vorhänge-Schlössern soll der Mann aus Hessen laut "Bild" seine Würgevorrichtung gesichert haben. Um sich zu befreien, hätte er sie in der richtigen Reihenfolge öffnen müssen.
Mit Scheiblettenkäse belegt und in einen Taucheranzug gestiegen
Auch ein Todesfall aus Hamburg klingt bizarr: Ein Mann soll sich laut Frankfurter Rundschau mit Scheiblettenkäse belegt, eine Nylonstrumpfhose über den Oberkörper gezogen und einen Plastikregenmantel angezogen haben, in einen Taucheranzug gestiegen sein und sich dann mit einer Plastiktüte über dem Kopf vor die eingeschaltete Heizung gesetzt haben.
Aber niemand möchte doch so gefunden werden? "Die gehen ja nicht davon aus, dass sie sterben, natürlich möchte man so nicht gefunden werden", antwortet Voß. Das Risiko werde oft unterschätzt. "Dass man bewusstlos wird, geht schneller als die Leute denken. Wenn zum Beispiel beide Halsschlagadern abgepresst werden, dauert es maximal 30 Sekunden", sagt der Rechtsmediziner. Zugleich sei der Reiz groß: Das Gefühl der Ohnmacht oder der Gefahr steigere sicher das Empfinden.