Erlanger Forschern gelingt "Meilenstein in der Therapie" von Autoimmunerkrankungen
Autor: Andreas Apetz
Erlangen, Freitag, 06. August 2021
An der lebensgefährlichen Autoimmunkrankheit SLE hat ein junges Mädchen jahrelang gelitten. Die Medizinerinnen und Mediziner standen vor einer Mammutaufgabe. Nun ist es ihnen gelungen die junge Patientin zu heilen - unter Einsatz einer bis hierhin unbekannten Methode.
- Autoimmunerkrankung SLE mit neuer Methode geheilt
- Forschende an der Universitätsklinik der FAU Erlangen entwickeln eine neue Zelltherapie
- Die Wirkung der Therapie konnte eine Patientin innerhalb eines halben Jahres fast vollständig von ihren Beschwerden befreien
Mit 16 Jahren hatte Thu-Thao V. bereits mehrere ärztliche Untersuchungen in drei Städten hinter sich. Im Februar 2017 stellte das Universitätsklinikum Erlangen dann die Diagnose Systemischer Lupus erythematodes (SLE), eine lebensbedrohliche Autoimmunerkrankung, die besonders bei jungen Frauen verbreitet ist. Die eigenen Körperzellen der Patient*innen werden angegriffen und verursachen Muskelschmerzen, Gelenkentzündungen, starken Ausschlag und noch viele weitere Beschwerden. Ein neuer Therapieansatz der Uniklinik Erlangen soll nun gegen die Symptome von SLE helfen. Im März 2021 begann die nun 20-jährige Thu-Thao ihre neuartige Behandlung mit einem CART-T-Zellen-Präparat. Ein halbes Jahr später ist klar: Die Zelltherapie hilft. Wie genau die Autoimmunerkrankung fast vollständig geheilt werden konnte, erklären die Erlanger Forschenden in einer Pressemitteilung.
Lebensgefährliche Autoimmunerkrankung: Was ist Systemischer Lupus erythematodes?
Bei Lupus erythematodes handelt es sich um eine seltene chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die vor allem junge Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Die Krankheit ist weltweit verbreitet, aber selten. Insgesamt tritt die Autoimmunerkrankung bei etwa 50 von 100.000 Menschen auf. Dabei werden zwei Hauptformen unterschieden: Kutaner Lupus erythematodes (CLE) und Systemischer Lupus erythematodes (SLE).
Video:
CLE betrifft nur die Haut mit typischen schmetterlingsförmigen Hautveränderungen an der Sonne ausgesetzten Körperstellen, vor allem um die Augen herum. SLE wirkt sich zusätzlich auch auf innere Organe aus (z. B. Nierenentzündung, Gelenkschmerzen, Entzündungen von Lunge und Herz). In Einzelfällen kann der Lupus tödlich enden. Die Krankheitsursachen sind noch nicht völlig aufgeklärt. Experten gehen von einer genetischen Veranlagung in Kombination mit vor allem UV-Licht und hormonellen Einflüssen aus.
Die Wirkungsweise von SLE ist gut erforscht. Eigentlich kann unser Immunsystem zwischen fremden und körpereigenen Zellen unterscheiden. Die eigenen Zellen werden toleriert, die fremden Zellen werden zerstört. "Beim SLE spielen Teile des Immunsystems verrückt und bilden Antikörper gegen die eigene Erbsubstanz, was unweigerlich zu schweren Entzündungsreaktionen in den Organen führt", erklärt Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie des Uni-Klinikums Erlangen. Die Autoimmunerkrankung kann sich so stark entwickeln, dass Betroffene, wie auch Thu-Thao, bis zu 20 Tabletten pro Tag einnehmen müssen, um weiter zu überleben.
CAR-T-Zellen als Mittel gegen Autoimmunerkrankungen
Im Fall von Thu-Thao verlief die Erkrankung ausgesprochen hart: "Zu den Gelenkschmerzen kamen auch Wassereinlagerungen durch meine Niereninsuffizienz, starkes Herzklopfen und Haarausfall. Nach einem akuten Schub waren die Beschwerden besonders schlimm", schildert die mittlerweile 20-Jährige.
"Wir standen mit dem Rücken zur Wand", sagt Gerhard Krönke, Oberarzt der Medizin 3 am Uniklinikum Erlangen. Keine der angewendeten Therapien konnte bis dato Wirkung zeigen. Die behandelnden Ärzte*innen kamen auf die Idee CAR-T-Zellen in die Behandlung miteinzubeziehen.