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Schmerzen in Fuß oder Hand: Anzeichen von Gicht - und was Betroffenen hilft


Autor: Redaktion

Erlangen, Donnerstag, 15. August 2024

Gicht betrifft nicht nur ältere Menschen. Wie entsteht die schmerzhafte Krankheit und woran erkenne ich, ob ich an Gicht leide? Zwei Rheumatologen geben einen Überblick.
Gicht kann sehr schmerzhaft sein. Experten geben Tipps, wie Betroffene die Krankheit in den Griff bekommen können.


Vielen Menschen ist es peinlich zuzugeben, dass sie an Gicht leiden. Denn Gicht gilt zum einen als Alterskrankheit, zum anderen erhöhen ein hoher Alkoholkonsum sowie ein insgesamt ungesunder Lebensstil das Erkrankungsrisiko. "Es gibt deshalb das weit verbreitete Vorurteil: Gichtpatienten sind selber schuld!", sagt der Rheumatologe Bernhard Manger von der Uniklinik Erlangen. "Aber viele der Betroffenen können nichts für ihre Krankheit."

Und längst nicht alle sind alt und leben ungesund. "Es gibt auch junge, schlanke Patienten", erklärt Manger. Das Risiko zu erkranken ist nämlich zu einem Großteil genetisch bestimmt. Dennoch können Patienten viel dazu beitragen, um die Krankheit in den Griff zu bekommen und langfristige Folgen wie Gelenkverformungen oder Nierenschäden zu vermeiden. 

Entzündungen oft an Fuß- oder Handgelenken - so erkennst du Gicht

"Generell verstehen wir heute die Gichterkrankung als Störung der Harnsäuresekretion, das heißt, die Niere schleust zu wenig Harnsäure aus", erklärt die Rheumatologin Uta Kiltz aus Herne, federführende Autorin der Leitlinie "Gichtarthritis - fachärztlich". Dadurch sammelt sich zu viel Harnsäure im Blut an, die in Form von Kristallen in den Gelenken eingelagert wird. In der Folge kann es zu äußerst schmerzhaften Gelenkentzündungen am Fuß - vor allem am großen Zeh - oder am Handgelenk kommen.

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Harnsäure entsteht, wenn der Körper Purine abbaut. Diese wiederum werden größtenteils von ihm selbst gebildet, daneben aber auch mit der Nahrung aufgenommen, und über die Niere wieder ausgeschieden. Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen Harnsäureproduktion und -ausscheidung.

Bei Gicht ist die Balance aber aus dem Lot geraten - entweder, weil die Niere nicht gut genug arbeitet, oder, weil zu viel Purine anfallen. "Man muss sich das vorstellen wie bei einer Badewanne, in die laufend etwas zu- und abläuft", sagt Kiltz. "Der Abfluss ist bei jedem Menschen anders reguliert." So kann sich etwa bei älteren Menschen mit einer eingeschränkten Nierenleistung schnell zu viel Harnsäure ansammeln - vor allem bei purinreicher Ernährung.

Tipps bei Gicht: So senkst du deinen Harnsäurewert

"Bei Gicht geht es immer darum, den Harnsäurespiegel im Blut zu senken", sagt Manger. Denn bei einem Wert ab 6,5 Milligramm pro Deziliter beginnt Harnsäure auszukristallisieren. "Wenn man den Wert langfristig unter sechs senkt, können sich keine neuen Kristalle bilden. Möglicherweise lösen sich dann auch alte auf", erklärt der Rheumatologe. Dazu können Medikamente sowie eine gesunde, purinarme Kost beitragen.

Zu hohe Erwartungen sollten Patienten an eine Ernährungsumstellung aber nicht haben. So sagt die Rheumatologin Kiltz: "Im Schnitt können Sie die Harnsäure im Serum um 0,5 bis 1,0 Milligramm durch alleinige Diät senken." Manger nennt zwar höhere Werte, kommt aber zum selben Schluss wie seine Kollegin: Eine Umstellung reicht nur dann, wenn der Harnsäurewert geringfügig erhöht ist. "Bei Werten ab neun Milligramm wird es nicht gelingen, nur durch eine Lebensstiländerung eine nachhaltige Senkung zu erreichen", erklärt er.

Experten raten Patienten, vor allem bei Alkohol aufzupassen. Dieser fördert nämlich die Bildung von Harnsäure, führt aber gleichzeitig dazu, dass die Nieren weniger davon ausscheiden. Insbesondere ist Bier bedenklich, da es zusätzlich Purine enthält - vor allem Sorten wie Hefeweizen. Allgemein ist es sinnvoll, sich ausgewogen zu ernähren und den Fleisch- und Fischkonsum zu reduzieren. Denn in Fleisch, allen voran in Innereien, Fisch und Meeresfrüchten stecken viele Purine.

Ernährung und Bewegung spielen wichtige Rolle

Dagegen machen sich Purine in pflanzlichen Lebensmitteln, etwa Hülsenfrüchte oder Spargel, offenbar nicht negativ bemerkbar. "Die Deutschen essen sowieso eher zu wenig Gemüse. Deshalb sollte man in dem Zusammenhang nicht auch noch vor zu viel Purinen in Gemüse warnen", meint Kiltz. Überhaupt hält sie es für sinnvoller, allgemein auf eine ausgewogene, tendenziell purinarme Ernährung zu achten, statt Purine - ähnlich wie Kalorien - exakt zu zählen. "Purine sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Man kann nicht komplett darauf verzichten."

Einige Lebensmittel sollen jedoch dabei helfen können, den Harnsäurewert wieder zu senken. So kann die Balance wieder hergestellt werden. Einen negativen Effekt haben dagegen neben Alkohol, Fleisch und Fisch auch Getränke, die mit Fruktose gesüßt wurden - etwa bestimmte Limonaden. Sie erhöhen nämlich ebenfalls den Harnsäurespiegel.

Ansonsten weiß man noch wenig über die Zusammenhänge zwischen einzelnen Lebensmitteln und Gicht. Es gibt Anhaltspunkte, dass fettarme Milchprodukte, Kaffee und Folsäure das Gichtrisiko senken. Ob derlei Lebensmittel einen direkten Einfluss haben und worauf er beruhen könnte, ist noch unklar.

Auch Abnehmen und Bewegung können dazu beitragen, die Krankheit in den Griff zu bekommen. "Wer normalgewichtig ist, hat in der Regel auch einen niedrigeren Harnsäurespiegel", sagt Kiltz. Zu Radikaldiäten sollten sich die Betroffenen aber nicht hinreißen lassen. Bei Fastenkuren und Nulldiäten bildet der Körper verstärkt Purine, so dass der Harnsäurespiegel steigen kann. Um solche Effekte zu vermeiden, ist für übergewichtige Gicht-Patienten eine Ernährungsberatung sinnvoll.