Sogar im Weltraum beliebt: Mit schwäbischen Maultaschen das Fleischverbot der Fastenzeit umgehen
Autor: Agentur epd
Karlsruhe (Baden), Donnerstag, 09. Januar 2020
Sie gelten als traditionelles Fastengericht - um ihre Entstehung rankt sich eine Legende: Wer die schwäbischen Maultaschen erfunden hat, liegt ebenso im Verborgenen wie das in der Füllung versteckte Fleisch.
Die Klostergeschichte des Zisterzienserklosters Maulbronn im Nordschwarzwald liefert zwar keine eindeutigen Belege - aber genau dort soll die Maultasche während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) erfunden worden sein.
Gemüse und Fleisch gemischt
Eines Tages, so die Legende, fiel dem Laienbruder Jakob auf dem Heimweg vom Reisigsammeln der Sack eine flüchtenden Diebs vor die Füße. Darin entdeckte er ein schönes Stück Fleisch. Weil Fastenzeit war und die Mönche des Zisterzienserklosters kein Fleisch essen durften, hackte er es klein und mischte es unter das Gemüse des Gründonnerstagsmahls.
Doch ihn packte das schlechte Gewissen und so wickelte der Laienmönch die Fleisch-Gemüse-Mischung kurzerhand in kleine Taschen aus Nudelteig. "So konnte er das Fleisch vor den Augen Gottes und seiner Mitbrüder verbergen - und servierte das herzhafte Mahl als Fastenspeise", heißt es dazu auf der Internetseite des Klosters Maulbronn, das zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Im Volksmund werden die rechteckigen, rund 100 Gramm schweren Nudeltaschen auch "Herrgottsb'scheißerle" genannt.
Neben Spätzle ein schwäbischer Küchen-Klassiker
Inzwischen sind die Maultaschen neben den Spätzle schon lange ein Synonym für die schwäbische Küche. Das einstige Reste-Essen und Fastengericht hat sich auch in der Spitzengastronomie seinen Platz gesichert und wird ganz selbstverständlich bei offiziellen Empfängen auch außerhalb von Baden-Württemberg und Bayern gereicht.
Sogar ins Weltall sind die Teigtaschen schon geflogen: Das schwäbische "Bonus Food" wurde 2018 auf Wunsch des Künzelsauer Astronauten Alexander Gerst auf die internationale Raumstation ISS geliefert. Einen anderen Weltrekord schaffte ein Team aus dem württembergischen Herrenberg: Mit einer 1.642-Meter-Maultasche gelang ihnen 2004 der Eintrag ins Guinness-Buch.
Das Wort Maultasche war lange vor allem bekannt als ein Schlag aufs Maul, also ins Gesicht. Das Wörterbuch der Brüder Grimm (1851) listet aber auch eine weitere Bedeutung auf: In Schlesien "ein Gebäck" und in Schwaben eine "gefüllte Nudel".
Keine Ravioli-Raubkopie
Die Schwaben sind stolz auf ihre Spezialität. Und weisen empört Theorien zurück, wonach die Maultasche lediglich eine Art Raubkopie italienischer Ravioli sei, die die österreichische Gräfin Margarete von Tirol-Görz im 14. Jahrhundert im Ländle bekanntmachte.