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Kaffee zur falschen Tageszeit: Wie Koffein unser Verhalten beeinflusst


Autor: Andrea Baumann

Deutschland, Sonntag, 23. November 2025

Kaffee belebt Körper und Geist – aber nicht zu jeder Tageszeit tut er gut. Wir zeigen, wann er dich aus der Balance bringen kann.
Bewusster Konsum: Die richtige Tageszeit für Kaffee kann entscheidend sein.


  • Wie beeinflusst Kaffee unser Verhalten?
  • Was sagt die aktuelle Forschung?
  • Wann ist die beste Tageszeit für eine Tasse Kaffee?

Für viele gehört der erste Kaffee am Morgen einfach dazu: Er macht wach, fördert die Konzentration und schenkt einen Moment der Ruhe vor dem hektischen Alltag. Doch je nachdem, wann wir Koffein trinken, kann es nicht nur beleben, sondern auch unser Verhalten negativ beeinflussen. Hier erfährst du, warum der richtige Zeitpunkt für Kaffee wichtiger ist, als viele denken – und wie du ihn bewusst genießen kannst, um die positiven Effekte zu nutzen, ohne unerwünschte Nebenwirkungen zu riskieren.

Wie beeinflusst Kaffee unser Verhalten?

Kaffee ist weit mehr als nur ein Wachmacher: Er ist ein psychoaktives Genussmittel, das direkt auf unser Nervensystem wirkt. Koffein blockiert die sogenannten Adenosin-Rezeptoren im Gehirn, die normalerweise Müdigkeit signalisieren. So fühlen wir uns wacher und leistungsfähiger. Doch diese Wirkung hat ihren Preis: Wird das Gleichgewicht zwischen Aktivierung und Ruhe gestört, kann das langfristig den Schlafrhythmus und unser Verhalten verändern.

Dabei wirkt Koffein nicht bei allen Menschen gleich. Neben genetischen Faktoren spielt auch die Tageszeit eine entscheidende Rolle. Am Morgen, wenn der natürliche Cortisolspiegel hoch ist, verstärkt Kaffee die Wachheit ohne große Nebenwirkungen. Trinkt man ihn jedoch am Abend, wenn der Körper auf Ruhe programmiert ist, reagiert das Nervensystem sensibler. Die Folgen können innere Unruhe, Gereiztheit oder sogar impulsives Verhalten sein.

Auch der Zusammenhang zwischen Koffein und Dopamin ist zentral: Koffein steigert indirekt die Ausschüttung dieses "Motivationshormons", was positive Gefühle und Handlungsdrang fördern kann. Doch zu viel Dopaminaktivität, insbesondere zu einer unpassenden Tageszeit, kann die Fähigkeit zur Selbstkontrolle schwächen: Viele neigen dann dazu, spontaner und weniger reflektiert zu reagieren. Wer zudem regelmäßig unter Schlafmangel leidet und abends Kaffee trinkt, verstärkt unbewusst einen Teufelskreis: Schlechter Schlaf führt zu höherem Koffeinkonsum am Folgetag, was den natürlichen Rhythmus weiter stört. Deshalb ist es ratsam, spätestens sechs Stunden vor dem Schlafengehen auf Koffein zu verzichten.

Was sagt die aktuelle Forschung?

Eine aktuelle Studie der Universität Bielefeld und der britischen University of Warwick zeigt, dass Kaffee besonders am Morgen die Stimmung hebt. Die Teilnehmenden fühlten sich nach dem morgendlichen Kaffeekonsum deutlich glücklicher und motivierter als an Tagen ohne Kaffee. Damit scheint vor allem der Zeitpunkt des Koffeinkonsums für positive Emotionen eine entscheidende Rolle zu spielen.

Unterstützt werden diese Erkenntnisse durch eine weitere Untersuchung der University of Texas at El Paso, die sich mit der zeitabhängigen Wirkung von Koffein auf Fruchtfliegen beschäftigte, um verhaltensbiologische Prozesse beim Menschen zu verstehen. Die Forschenden fanden heraus, dass Fruchtfliegen, die morgens oder tagsüber Koffein bekamen, keine negativen Veränderungen zeigten. Bei nächtlichem Koffeinkonsum hingegen verloren die Tiere ihre Fähigkeit zur Hemmungskontrolle und handelten deutlich impulsiver und risikobereiter. Dopamin spielte dabei eine Schlüsselrolle: Nach nächtlichem Koffein wurde die Dopaminproduktion gestört, die Nervenzellen für die Impulskontrolle arbeiteten vorübergehend nicht richtig, und die Signalübertragung im Gehirn war beeinträchtigt.

Übertragen auf den Menschen könnte das bedeuten, dass späte Kaffeezufuhr unser Gehirn in einen "Überaktivitätsmodus" versetzt, der logisches Abwägen erschwert. Spät Kaffeetrinkende berichten beispielsweise von Unruhe, gesteigertem Appetit oder impulsiven Entscheidungen.

Wann ist die beste Tageszeit für eine Tasse Kaffee?

Der optimale Zeitpunkt für den Kaffeekonsum hängt mit unserem natürlichen Cortisolspiegel zusammen, der unseren Wachzustand steuert. Wie unter anderem der MDR berichtet, wirkt Kaffee am besten zwischen 9 und 11 Uhr: Dann sinkt der Cortisolspiegel leicht, und das Koffein kann seine Wirkung optimal entfalten, ohne die natürliche Wachregulation des Körpers zu stören. Wer hingegen direkt nach dem Aufstehen zur Tasse greift, könnte die natürliche Cortisolausschüttung dämpfen und sich später sogar müder fühlen.

Nachmittags kann eine moderate Dosis Kaffee, etwa ein Espresso gegen 14 Uhr, hilfreich sein, um das typische Leistungstief zu überwinden. Doch ab etwa 16 Uhr steigt das Risiko, dass der nächtliche Schlaf durch Koffein beeinträchtigt wird.

Am Abend oder gar in der Nacht ist Kaffee deshalb problematisch: Der Körper ist dann auf Entspannung programmiert, und Koffein wirkt wie ein Störsignal. Neben Schlafstörungen können Verhaltensänderungen wie Reizbarkeit oder Impulsivität auftreten – genau jene Effekte, die in der Fruchtfliegen-Studie beobachtet wurden. Wer empfindlich auf Kaffee reagiert, kann auf Alternativen wie Matcha oder Lupinenkaffee ausweichen.