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Geldverkehr

Geldwäsche-Paradies Deutschland? - Das steckt wirklich hinter der Bargeld-Obergrenze

Rechnungen, die über 10.000 Euro hinaus gehen, mit Bargeld zu bezahlen, soll bald nicht mehr möglich sein. Geldwäsche aus kriminellen Geschäften könnte dadurch erschwert werden.
Ändert sich etwas an der Bargeld-Obergrenze?
Ändert sich etwas an der Bargeld-Obergrenze? Foto: moerschy/pixabay.com
  • Geldwäsche-Paradies Deutschland?
  • Das sind die Regeln bei Geldgeschäften
  • Die Obergrenzen für Bar-Zahlungen in Europa

Häuser, Jachten, Luxusuhren, alles in bar: Oligarchen, Mafiabosse und Clan-Chefs schwören auf Deutschland, um ihre Beute aus dem Drogenhandel, Raub und Diebstahl zu legalisieren. Und was macht die speziell dafür eingerichtete Behörde (FIU)? Sie versagt bislang, aber das soll sich ändern.

Dem Geldwäsche-Paradies Deutschland geht es an den Kragen

Das ZDF-Magazin zoom ist der Frage nachgegangen, warum Deutschland immer noch ein idealer Standort ist, um die Herkunft eines illegalen Vermögens zu verschleiern. Einer der Gründe: Es gibt keine Bargeld-Obergrenze. Alles, egal wie teuer, ist Cash bezahlbar. Einzige Bedingung: Wer Beträge von mehr als 10.000 Euro bar bezahlen will, muss seinen Ausweis vorlegen. Händler*innen müssen die persönlichen Angaben erfassen und aufbewahren.

Das deutsche System der Geldwäsche-Bekämpfung hat viele Schwachstellen. Die Zentralstelle für Transaktionsuntersuchungen, die sogenannte Financial Intelligence Unit (FIU), wird ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht – so die Ansage aus dem Prüfbericht des Bundesrechnungshofes (BRH). So ist es seit Jahren nicht gelungen, wirksame Maßnahmen gegen das illegale Hawala-Geldtransfer-System zu schaffen. Hawala-Banking basiert auf persönlichem Vertrauen. So kann ein*e Kund*in Bargeld über eine*n Händler*in an eine*n Partner*in am Zielort auszahlen lassen. Hawala wird zur Geldwäsche missbraucht und ist in Deutschland verboten. Trotzdem gibt es Einzahlstellen in Deutschland und den Niederlanden und Auszahlstellen, beispielsweise in Syrien oder der Türkei. Der Geldtransfer läuft in wenigen Minuten. Nachdem in Deutschland die Kund*innen ihr Geld eingezahlt haben, wird per WhatsApp die Auszahlstelle angewiesen, das Geld dort auszuzahlen.

Frank Buckenhofer, Vorsitzender der GdP – Bezirksgruppe Zoll, kommentiert auf der Internetseite der Gewerkschaft: "Solange Bargeld in Deutschland noch den Stellenwert einer 'heiligen Kuh' hat, sei es schlecht bestellt im Kampf gegen Geldwäsche, organisierte Kriminalität, Finanzkriminalität und Terrorismusfinanzierung". Der Vorwurf: Der Behörde fehlten entscheidende Zugriffsrechte auf Polizei- und Steuerdaten, und die Analyseberichte, die sie an die Strafverfolgungsbehörden weiterleite, kämen oft verspätet an oder seien unzureichend. "Meldeverpflichtete" wie Banken-, Autohändler-, Immobilienmakler*innen müssen Geldwäsche-Verdachtsfälle an die FIU melden. Ob das geschieht, ist unklar, kontrolliert wird jedenfalls eher selten.

Das sind die Regeln bei Geldgeschäften

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte in der Bild am Sonntag, ein 30.000 Euro-Barkauf von Schmuck oder Uhren solle möglichst bald der Vergangenheit angehören. Im Moment gibt es nur beim Kauf von Edelmetallen wie Gold und Silber eine Ausweispflicht. Und dies bereits ab einer Summe von 2.000 Euro. Ein Limit für den Kauf von Goldbarren mit Bargeld gibt es nicht.

Immobilienkäufe per Bargeld will die Bundesregierung generell verbieten, und zwar mit dem Gesetzentwurf zur Regelung von Finanzkriminalität und Geldwäsche. Gleiches gilt für die Bezahlung mit Kryptowährungen oder Rohstoffen. Die Regelungen zielen in allererster Linie darauf, Sanktionen gegen Russland – beispielsweise gegen das Vermögen russischer Oligarchen in Deutschland – wirksam und zielgenau durchsetzen zu können. Der Gesetzentwurf aus dem Finanzministerium von Christian Linder (FDP) liegt Bundestag und Bundesrat vor. Angestrebt ist eine Gesetzesänderung bis zum Jahresende. Der Punkt Bargeld-Obergrenze ist darin aber nicht geregelt. Das wird über eine EU-Richtlinie angegangen. Ein entsprechender Entwurf könnte im Dezember beschlossen werden. Finanzminister Christian Lindner (FDP) scheint seinen Widerstand gegen diese Pläne aufgegeben zu haben.

Bargeld-Einzahlungen aufs Konto deiner Bank oder Sparkasse sind ohne Limit möglich. Ab einem Betrag von 10.000 Euro gilt allerdings eine Nachweispflicht. Konkret: Das Geldinstitut verlangt von Kund*innen einen Beleg, woher das Geld kommt. Als Belege gelten laut Bafin zum Beispiel Kontoauszüge und Barauszahlungsquittungen der Bank, von der das Geld kommt oder Verkaufs- und Rechnungsbelege. Wer Bargeld auf ein Konto bei einer fremden Bank einzahlt, muss schon ab 2.500 Euro die Herkunft nachweisen.

Die Obergrenzen für Bar-Zahlungen in Europa

In der Europäischen Union (EU) gibt es Bestrebungen, die Obergrenze für Bar-Zahlungen zu vereinheitlichen ("Geldwäsche-Richtlinie"). Dazu gehört der Plan, eine EU-weite Obergrenze für Barzahlungen von 10.000 Euro einzuführen. Im Augenblick sind die Grenzen in den Mitgliedsländern sehr unterschiedlich:

  • Portugal (Bargeldgrenze 3.000 Euro),
  • Spanien (Bargeldgrenze 1.000 Euro),
  • Frankreich (Bargeldgrenze 1.000 Euro),
  • Italien (Bargeldgrenze 2.000 Euro),
  • Belgien (Bargeldgrenze 3.000 Euro),
  • Norwegen (Bargeldgrenze 40.000 norwegische Kronen),
  • Lettland (Bargeldgrenze 7.200 Euro),
  • Litauen (Bargeldgrenze 3.000 Euro),
  • Polen (Bargeldgrenze 15.000 Polnische Zloty),
  • Slowakei (Bargeldgrenze 5.000 Euro),
  • Tschechien (Bargeldgrenze 270.000 tschechische Kronen),
  • Slowenien (Bargeldgrenze 5.000 Euro),
  • Kroatien (Bargeldgrenze 15.000 Euro),
  • Rumänien (Bargeldgrenze 5.000 rumänische Lei),
  • Bulgarien (Bargeldgrenze 10.000 Lew),
  • Griechenland (Bargeldgrenze 500 Euro).

Viele verwechseln, bewusst oder unbewusst, die Schaffung einer Obergrenze für Barzahlungen mit der Abschaffung des Bargelds. Wie groß die Skepsis bei den Deutschen ist, zeigen Zahlen, die die Zeitung Bild am Sonntag erheben ließ: 46 Prozent der Befragten finden eine 10.000-Euro-Obergrenze falsch, für richtig halten sie 37 Prozent. Krass wird es beim Thema Bargeld: 86 Prozent sind gegen eine Abschaffung des Bargeldes. 

In der gleichen Zeitung wird André Gauch, Geschäftsführer vom Autohaus Gauch (Vertragspartner von Jeep, Alfa Romeo, Seat & Dodg) in Mannheim zitiert. Er ist gegen die Senkung der Bargeld-Obergrenze: "Es ist ja jetzt schon so, dass wir ab 10.000 Euro über das sogenannte Geldwäsche-Formular angeben müssen, von wem das Geld kommt. Ganz persönlich ist es mir aber egal, woher das Bargeld stammt."

Fazit

Die Bargeld-Obergrenze ist durchaus ein emotionaler Punkt. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) hält nichts von den Plänen. Als "Eingriff in die Freiheit" lehnt er Beschränkungen der Bargeldnutzung strikt ab. Etwas mehr Nüchternheit ist aber angebracht: Eine Obergrenze mit der Freiheitsbegrenzung zu verknüpfen, ist schon mehr als gewagt. Für viele Menschen in Deutschland dürfte eine Grenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen keine Einschränkung bedeuten. In Bereichen wie etwa beim Gebrauchtwagenkauf könnte die Obergrenze dagegen Änderungen erforderlich machen. Aber das muss ja nicht schlecht sein.