Die Rolle von Großeltern in der modernen Familie
Autor: Leonie Machbert
Deutschland, Mittwoch, 10. Januar 2024
Nach wie vor spielen Großeltern eine entscheidende Rolle im Leben und bei der Erziehung ihrer Enkelkinder. Doch wie hat sich ihre Rolle in der Familie über die Jahre verändert?
- Großeltern sein: Betreuung und emotionale Unterstützung
- Verschiedene Generationen: Alle profitieren vom Austausch
- Fazit: Kontakt, Selbstbestimmung und Zeit sind wichtig
Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg stellt fest: "Großeltern sind nach den Eltern und Kinderbetreuungseinrichtungen die wichtigste Betreuungsinstanz." Dass heute oft beide Elternteile berufstätig sind, erhöht die Bedeutung der Großeltern als Betreuungsmöglichkeit. In der Auswertung der Daten des Partnerschafts- und Familienpanels pairfam zeige sich laut Landesamt, dass in Deutschland 23 Prozent der Eltern mit mindestens einem Kind bis sechs Jahren regelmäßig die Großeltern zur Betreuung miteinbeziehen. Aber auch über die Betreuung hinaus seien Großeltern wichtige Bezugspersonen für ihre Enkelkinder.
Großeltern sein: Betreuung und emotionale Unterstützung
Ein Blick in die Geschichte verrät, dass Großeltern nicht immer als Betreuungs- und Bezugspersonen betrachtet wurden. Im Geo-Magazin schreibt Alex Rühle, dass es bis ins 18. Jahrhundert hinein dauerte, bis Omas und Opas ihre heute typische Rolle fanden: "In einigen Berufen gab es erstmals so etwas wie einen Ruhestand, außerdem heirateten die Menschen früher und bekamen früher Kinder. Die ältere Generation hatte damit mehr Zeit als zuvor, sich um andere zu kümmern." Dank des der gestiegenen Lebenserwartung "erleben heute mehr als 80 Prozent der Zehn- bis 14-Jährigen noch ihre Großeltern", fügt er hinzu. Gleichzeitig ist das Lebensalter der Frauen bei Geburt des ersten Kindes und damit oft auch das Lebensalter der Großeltern höher und es werden generell weniger Kinder geboren, was auch die Anzahl der Enkel reduziert, zeigt die Deutsche Alterssurvey 2014. Trotzdem lässt sich sagen, dass Großeltern und Enkel heute eine lange Zeitspanne miteinander verbringen können. Doch wie gestaltet sich diese?
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Die Rolle der Großeltern in der modernen Familie umfasst nach wie vor die Betreuungsunterstützung der Eltern und damit auch die Unterstützung der Mütter in ihrer beruflichen Emanzipation, wie Alex Rühle schreibt. Um diese Möglichkeit wahrnehmen zu können, leben viele Familien in der Nähe der Großeltern. Zwar leben weniger Drei-Generationen-Familien unter einem Dach, doch "Analysen mit pairfam zeigen, dass fast die Hälfte der Erwachsenen mit eigenen Kindern in Baden-Württemberg maximal zehn Minuten von den Eltern oder Schwiegereltern entfernt lebt", so das Statistische Landesamt. Das ist nicht nur praktisch für die Möglichkeit der häufigen und spontanen Betreuung bei Krankheit oder ähnlichem, sondern auch zuträglich für die Beziehung. Die Ergebnisse einer Studie des Deutschen Jugendinstitut e. V. von 2018 zeigen: "Die Wohnentfernung stellt für die Kontakthäufigkeit zwischen Großeltern und Enkelkindern den wichtigsten Einflussfaktor dar und auch die Beziehungsqualität sinkt bei steigender Distanz."
Apropos hohe Beziehungsqualität: Ein Ergebnis der genannten Studie ist auch, dass 83 Prozent der Großeltern von einer engen bis sehr engen Verbundenheit zu ihrem Enkelkind sprechen. Durch diese Verbundenheit können die Großeltern eine wichtige Bezugsperson für das Kind darstellen und ihm neben materieller auch emotionale Unterstützung bieten. In der Studie heißt es: "Fast die Hälfte der Enkelkinder wendet sich bei Problemen an die Großmutter als Gesprächspartner und etwas weniger an die Großväter." Das mag zum einen daran liegen, dass die Großeltern eben nicht Teil der Kernfamilie sind und von außen auf eine etwaige Krise zwischen den Eltern des Kindes schauen können. Zum anderen kann es damit zusammenhängen, dass sie häufig mehr Zeit als die eigenen Eltern haben. Alex Rühle beschreibt es im Geo-Magazin so: "Immer noch haben Großeltern und Enkel gemein, dass sie wenigstens phasenweise jenseits der 'Bedrängnisse' von Alltagsgeschäften und Berufsaufgaben leben, die den Alltag der Eltern oftmals so gnadenlos bestimmen." Diese gemeinsame Zeit abseits des hektischen Alltags kann Großeltern und Enkelkinder näher zueinander bringen.
Verschiedene Generationen: Alle profitieren vom Austausch
Außerdem geben Großeltern Wissen weiter, Einblicke in die Familiengeschichte und haben eine andere Perspektive auf die Welt. Ihre Erzählungen aus der Vergangenheit werden von Kindern meist als spannender wahrgenommen als die Erzählungen der Eltern – und so wird der Großvater oft zum Geschichtenerzähler. "Sie vermitteln einem auch einen anderen Blick auf die eigenen Eltern. Denn die sind in den Erzählungen der Großeltern ja nicht die übermächtigen Erwachsenen, als die man sie als Kind wahrnimmt, sondern selbst Kinder, die Quatsch machen und Schwächen haben", schreibt Alex Rühle.
Buchtipp: 'Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen: (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast)' - hier direkt ansehenAllerdings übernehmen die Großeltern in ihrer Rolle nicht nur Aufgaben, sondern profitieren auch von der Beziehung zu ihren Enkeln. Die Professorin für Gerontopsychologie Eva-Marie Kessler sagt bei Planet Wissen: "Da ist zum Beispiel die Wertschätzung als lebenserfahrene, vielleicht sogar weise Person. Und das Gefühl, sich in gewisser Weise unsterblich zu machen, indem man sein Wissen und seine Werte weitergibt." Die Gewissheit, gebraucht und geschätzt zu werden, tut gut und macht stolz. Tatsächlich kann sich das Verhältnis zu den Enkeln auch auf die Gesundheit auswirken. Laut Stefanie Uhrig von Planet Wissen zeigen verschiedene Studien, dass sich besonders dann positive Effekte zeigen, wenn Großeltern aushelfen, aber nicht vollständig verantwortlich für Betreuung und Erziehung sind. Das bestätigt auch die Studie des Deutschen Jugendinstitut e. V.: "Ein gegenseitiger Respekt vor der Selbstbestimmung aller Beteiligten trägt zu einem guten Gelingen der familiären Beziehungen bei." Ohne Erziehungsdruck und mit selbstbestimmtem Engagement kann sich eine harmonische Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkindern aufbauen, die beiden Seiten guttut.