Autokauf: Warum sich Neu- oder Gebrauchtwagen aktuell kaum lohnen

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Lange Lieferzeiten: Das Auslieferungslager von Volkswagen in Wolfsburg ist weitgehend leer.
Lange Lieferzeiten: Das Auslieferungslager von Volkswagen in Wolfsburg ist weitgehend leer.
CC0 / Pixabay / Bilderandi

Wenn du einen Neuwagen oder Gebrauchten kaufen willst, erlebst du Überraschungen. Der Markt ist ziemlich durcheinander: Gebrauchte Fahrzeuge sind teuer, bei Neuwagen gibt es lange Wartezeiten und saftige Preisaufschläge.

  • Kommen E-Autos in die Bredouille?
  • Wird das Auto ein Luxusgut?
  • So entwickeln sich die Neuwagen-Preise
  • Es steht es aktuell mit Rabatt aus?
  • Und was macht der Gebrauchtwagen-Markt?

Das vergangene Autojahr war schwierig: Immer wieder gab es Ärger mit den Spritpreisen. Bei Neuwagen sind die Preise rasant gestiegen. Neue E-Pkws sind schwer zu bekommen und dadurch ist die E-Prämie des Staates, letztmalig für 2022 in der bisherigen Höhe ausgelobt, unerreichbar. Bei den Gebrauchten gibt es Preissprünge von 20 Prozent. Und bei vielen steigen jetzt obendrein die Versicherungs-Prämien. Angesichts der Preislawine, sollten die geschundenen Automobilisten wenigstens die Markt-Fakten kennen, um ihre Entscheidungen in Sachen Auto richtig zu treffen. 

Kommen E-Autos in die Bredouille?

Schockmeldung aus der Schweiz: Weil die Eidgenossen in großer Sorge sind, nicht genug Strom im Winter zu haben (Blackout), wollen sie bei den E-Autos in den Stecker ziehen. Die Schweizer diskutieren eine "Verordnung über Beschränkungen und Verbote der Verwendung elektrischer Energie". Sie sehen vier Eskalationsstufen vor, mit denen der Staat nach und nach Strom rationiert. Je drastischer die Situation, desto mehr E-Autos müssten vom Netz. In Stufe 3 findet sich der Satz: "Die private Nutzung von Elektroautos ist nur für zwingend notwendige Fahrten gestattet." Zwingend notwendig sind laut Entwurf zum Beispiel Fahrten zur Berufsausübung, Einkäufe, Arztbesuche, Besuch von religiösen Veranstaltungen oder die Wahrnehmung von Gerichtsterminen.

Andreas Burgener, Direktor der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure, will sich gegen den Beschluss der E-Auto-Beschränkung zur Wehr setzen. Er kritisiert gegenüber Blick die Maßnahmen: "Jeder, der jetzt ein Auto kauft oder bestellt, wird mit Wissen über dieses drohende E-Auto-Benutzungsverbot bei Strommangellage wieder einen Benziner oder Diesel wählen."

Die November-Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes zeigen für Deutschland noch keinen Einbruch bei den Neufahrzeugen. Im Gegenteil: Die Neuzulassungszahlen der Elektro-Pkw (BEV) legten im Berichtsmonat mit 57.980 Einheiten um plus 44 Prozent zu. Ferdinand Dudenhöffer, von CAR - Center for Automotive Research, erwartet dennoch bis 2024 eine Halbierung der Zulassungszahlen. Das berichtet Elektroauto-News. Für Dudenhöffer führen steigende Strompreise zu diesem pessimistischen Bild. Welche Auswirkungen die Absenkung des staatlichen Umweltbonus hat, ist ebenfalls unklar. Ab kommendem Jahr gibt es nur noch zwischen 4.500 und 6.750 Euro (bislang 7.500 bis 9.000 Euro) Zuschuss, je nach Netto-Listenpreis der Fahrzeuge. Und Plug-in-Hybride werden ab dem kommenden Jahr überhaupt nicht mehr gefördert. 

Wird das Auto ein Luxusgut?

Die auto-zeitung vergleicht die durchschnittlichen Neuwagenpreise mit dem durchschnittlichen jährlichen Nettogehalt: 129 Prozent des Jahresgehalts musste 2012 die Käufer*innen für einen PKW ab Fabrik aufwenden. Zehn Jahre später waren es 151 Prozent. Ergebnis der Statistik: Neuwagen sind aktuell so teuer wie nie, der Preisanstieg hat ein ungeahntes Tempo erreicht.

Die Auswertung des ADAC hat ergeben, dass die Preise von Neuwagen je nach Fahrzeugklasse um bis zu 44 Prozent gestiegen sind. Dass Autohersteller regelmäßig ihre Preise erhöhen, ist kein neues Phänomen. Doch aus ehemals ein bis zwei Preisrunden im Jahr sind jetzt Erhöhungen im Quartalsrhythmus geworden. Audi hat zum Beispiel in nur eineinhalb Jahren viermal erhöht. 

Hier das Rechenbeispiel Golf: Der Listenpreis für einen 90-PS-Golf lag 2021 bei 20.700 Euro. Ein Jahr später ist kein Golf unter 29.560 Euro mehr zu haben – ein Plus von 43 Prozent. Allerdings: Das neue "Basismodell" ist mit 130 PS stärker motorisiert. Egal ist, ob du das willst oder nicht. Der Kleinwagen Polo startet nun bei 19.925 Euro – bis Anfang 2022 gab es ihn noch ab 15.995 Euro.

So entwickeln sich die Neuwagen-Preise

Die Konkurrenz macht das nicht anders: War ein 100 PS starker Fiat Tipo im Mai 2021 noch ab 17.490 Euro zu haben, gibt es jetzt nur noch die 130-PS-Hybridversion zum Grundpreis von 28.490 Euro. Der ehemals günstige Golf-Konkurrent ist also um satte 11.000 Euro teurer geworden. Und wie sieht es beim kleinen Fiat 500 aus? Ist das eine günstige Alternative? Nicht mehr: Sein Einstiegspreis erhöhte sich durch die "Zwangs-Hybridisierung" von 13.000 (2020) auf 16.500 Euro (2022).

Der ADAC hat bei ausgewählten Modellen den Preisanstieg in den Jahren 2021 und 2022 ermittelt:

  • Dacia Sandero Stepway TCe 901: 9,9 Prozent
  • VW Golf 1.5 TSI: 10,3 Prozent 
  • VW Touareg: 10,6 Prozent 
  • VW e-up: 10,6 Prozent 
  • BMW 116i: 11,3 Prozent
  • VW T-Cross 1.0 TSI: 11,8 Prozent 
  • Citroen C3 BlueHDi: 12,5 Prozent
  • Skoda Octavia 1.0 TSI: 12,9 Prozent 
  • Mercedes E 200 Coupé: 13,4 Prozent 
  • Seat Tarraco 1.5 TSI: 13,6 Prozent 
  • Ford Kuga 1.5 EcoBoost: 14,8 Prozent 
  • Land Rover Defender 90 D200: 14,9 Prozent 
  • Hyundai i10 1.2 Prime: 15,2 Prozent 
  • Peugeot 208 BlueHDi: 15,2 Prozent 
  • Peugeot 508 1.2 PureTec 130: 15,4 Prozent 
  • Mini Cooper Countryman Aut.: 17,3 Prozent 
  • Mini Cooper Clubman Aut.: 18,7 Prozent 
  • Ford Mustang: 19,3 Prozent 
  • Lynk & Co 01: 19,5 Prozent 

Für den starken Preisanstieg nennen die Hersteller viele Gründe: Teilemangel (insbesondere bei Chips), Lieferschwierigkeiten führen zu Produktionsengpässen. Natürlich bekommen die teureren Modelle bei Ausstattungen und Motorisierungen Vorfahrt. So baut Mercedes lieber gewinnträchtige S- statt margenschwächere A-Klassen. Und im VW-Konzern heißt es "Porsche statt Polo" (Unternehmensmarge bei Porsche 16,7 Prozent, bei Volkswagen generell 4,5 Prozent laut auto-zeitung). Ergebnis: Jetzt sind deutlich weniger Neuwagen auf dem Markt verfügbar. Und das schrumpfende Angebot sorgt für höhere Preise und lange Lieferfristen. 

Es sieht es aktuell mit Rabatt aus?

Auf dem deutschen Automarkt gibt laut Center Automotive Research (CAR) wieder etwas höhere Preisnachlässe für Neuwagen. Dabei gibt es für Modelle mit längeren Lieferzeiten günstigere Angebote als bei sofort verfügbaren Autos. 

Es sei absehbar, dass die zwischenzeitlich knappen Halbleiter wieder in größerer Zahl zur Verfügung stehen und die durch den Ukraine-Krieg kurzfristig entstandenen Produktionsprobleme schnell überwunden sind, wird Studienleiter Ferdinand Dudenhöffer in der FAZ zitiert. Um die Lieferlücken zu überbrücken, arbeiteten insbesondere die deutschen Hersteller mit zusätzlichen Anreizen bei späteren Lieferterminen.

So wurden die Preisvorteile bei selbst konfigurierbaren Neuwagen im Internet leicht angehoben auf durchschnittlich 17,6 Prozent des Listenpreises. Allerdings bewegten sich die Nettopreise für Neuwagen wegen des knappen Angebots immer noch nahe am Höchstniveau. Und oben drein sind die Lieferzeiten lang. Das Neuwagen-Vergleichsportals carvow hat im November 2022 die Lieferzeiten für Neuwagen aufgelistet: sie belaufen sich von vier bis 22 Monate. 

Und was macht der Gebrauchtwagen-Markt?

Im Jahr 2022 haben die Preise für gebrauchte Autos kräftig zugelegt. Seit Sommer 2021 kam es laut DAT-Barometer der Deutschen Automobil Treuhand zu regelrechten Preissprüngen bei Gebrauchtwagen. Im November wechselten nach KBA-Informationen 488.456 Gebrauchtwagen den Besitzer, das sind 10,5 Prozent mehr als im Oktober, aber weiterhin kommt der Markt nicht wirklich in Fahrt.

In vier von 13 Fahrzeugsegmenten liegen die Werte der dreijährigen Gebrauchten bei über 70 Prozent des ehemaligen Listenneupreises, in vier weiteren Segmenten nur knapp unter den 70 Prozent. Das konnten früher sonst nur ein- bis eineinhalbjährige Gebrauchte erreichen. Die rasanten Preissteigerungen sind zwar vorbei, aber Gebrauchtwagen bleiben weiterhin extrem begehrt, und das zeigt sich an diesem hohen Preisniveau. 

Mit knapp 27.500 Euro lagen die Preise für Gebrauchtwagen im Jahresdurchschnitt 2022 um 19 Prozent höher als im Vorjahr. Speziell Elektroautos haben sich um sogar 30 Prozent auf durchschnittlich 43.970 Euro verteuert, wie der aktuelle Gebrauchtwagen-Preis-Index AGPI des Onlineportals Autoscout24 mit Blick auf die vergangenen zwölf Monate zeigt.

Fazit

Die generösen Prämien für E-Autos sind passé. Die Lieferfristen sind lang. Deshalb ist abwarten ein guter Rat. 2023 kann ein besseres Jahr für den PKW-Kauf sein. Deshalb ist die Idee, den bisherigen Wagen länger zu fahren als vielleicht geplant, nicht die schlechteste Lösung. Wer warten kann, hat gute Chancen auf Marktberuhigung an der Preisfront.