Werksschließung: Traditionshersteller Rosenthal zieht Reißleine
Autor: Agentur dpa, Isabel Schaffner
Selb, Freitag, 21. Februar 2025
Angesichts wirtschaftlicher Herausforderungen hat der oberfränkische Porzellanhersteller Rosenthal nun eine einschneidende Entscheidung getroffen: Die Produktion soll nur noch an einem von zwei Standorten weitergehen.
Der Porzellanhersteller Rosenthal mit Hauptsitz in Selb deutete schon vor Längerem an, dass verschiedenste Herausforderungen, wie gesunkene Konsumausgaben, die Inflation oder anhaltende Kriege die Marktsituation für das Unternehmen schwierig machen. Im März 2024 kündigte er einen massiven Stellenabbau an. Rosenthal begab sich in einen Restrukturierungsprozess und hat aktuell noch etwa 600 Mitarbeitende.
Jetzt ist offiziell: Die Produktion am Standort Speichersdorf im Landkreis Bayreuth soll Ende 2026 auslaufen und die Fertigung nur noch am Hauptstandort Selb geschehen. Laut dem Bayerischen Wirtschaftsministerium bleibt in Speichersdorf lediglich die Logistik erhalten. Dabei werden auch Stellen abgebaut. Laut Medienberichten sind 200 Beschäftigte betroffen. Die Kommune reagierte enttäuscht.
Rosenthal-Produktion in Speichersdorf schließt - "es lohnt sich nicht mehr"
"Die Überkapazitäten der Rosenthal-Fabriken, kombiniert mit niedrigen Erträgen und hohen Arbeitskosten, führen zu signifikanten finanziellen Verlusten an den Standorten", sagte Rosenthal-Chef Gianluca Colonna laut Mitteilung. Die Betriebsabläufe müssten optimiert werden. Die Gemeinde Speichersdorf verliere laut Bürgermeister Christian Porsch (UBV Speichersdorf) in der Folge stark Arbeitsplätze und "ein großes Stück Identität".
"Es hatte schon den Anschein, dass es eine gewisse Präferenz in Richtung Selb gab", sagte Porsch. "Unsere Anstrengungen gehen nun dahin, den vom Verlust des Arbeitsplatzes bedrohten Beschäftigten und deren Familien Perspektiven aufzuzeigen." Hierzu sei man bereits im Gespräch. Auch der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) äußerte sich in einer Pressemitteilung vom 13. Februar 2025 mit Bedauern:
"Leider ist es traurige Realität, dass sich Firmen in Bayern und Deutschland immer seltener Produktionsstandorte leisten können. Es lohnt sich nicht mehr, weil Deutschland zu langsam und oftmals zu teuer ist." Nichtsdestoweniger sei es nicht selbstverständlich, dass in Oberfranken ein Produktionsstandort erhalten bleibe. Er hoffe, "dass die Umstrukturierung so sozialverträglich wie möglich abläuft". Aiwanger betont zudem, "dass das Bayerische Wirtschaftsministerium und seine Ansiedlungsagentur Invest in Bavaria künftige Ansiedlungen auf dem Areal in Speichersdorf bestmöglich begleiten und fördern werden".
Große Vorhaben für Selb: Touristisches "Porzellan-Dorf" soll entstehen
In das verbliebene Werk in Selb will Rosenthal dagegen kräftig investieren: Rosenthal-Eigner Arcturus plant laut Mitteilung, mehrere Millionen Euro in eine neue Fabrikanlage zu stecken. Zudem solle ein "Porzellan-Dorf" als touristisches Angebot entstehen. Mit der Entscheidung für Selb hält Rosenthal am traditionsreichsten Standort fest: Im nahen Schloss Erkersreuth gründete Philipp Rosenthal im 19. Jahrhundert eine Porzellanmalerei, nur wenige Jahre später wurde der Firmensitz nach Selb verlegt.
Das 1967 eröffnete Fabrikgebäude entwarf Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Dies sei ein wertvolles architektonisches Erbe, teilte Rosenthal mit. Auch der Landrat von Wunsiedel, Peter Berek (CSU), verwies auf die lange Verbindung zwischen dem Standort Selb und dem Unternehmen. Selb und Rosenthal seien untrennbar verbunden - "geschichtlich, emotional und auch mit Blick auf die Zukunft", sagte er. "So gesehen ist es nur folgerichtig, dass der Konzern sich jetzt in schwierigen Zeiten auf seine Wurzeln besinnt."