Überraschender Fund in Würzburg: Seltene Pilze "galten als verschollen"
Autor: Ralf Welz
Würzburg, Freitag, 13. Dezember 2024
In Würzburg ist es zu einer unerwarteten Entdeckung gekommen. Im Stadtwald stieß man unverhofft auf zwei überaus seltene Pilzarten. Bürgermeister und Gartenamtsleiter zeigen sich begeistert.
In Unterfranken sorgt ein unerwarteter Fund für helle Begeisterung. "Zwei überaus seltene und auf der roten Liste stehende Pilzarten galten eigentlich im Stadtwald Würzburg als verschollen", hält die Stadt Würzburg in einer Mitteilung fest. Nun sind sie wieder aufgetaucht: der ästige Stachelbart (Hericium coralloides) und der noch seltenere Igelstachelbart (Hericium erinaceus). Stadtförster Karl-Georg Schönmüller, der diese Pilzarten aus seiner über 30-jährigen forstlichen Tätigkeit gut kennt, hatte sie allerdings im Stadtwald bisher nicht nachweisen können.
Umso größer ist seine Freude über die Wiederentdeckung an alten Rotbuchen im Reichenberger Grund. In Bayern existieren vier Arten von Stachelbärten: der Dornige Stachelbart, der Tannenstachelbart, der Igelstachelbart und der ästige Stachelbart. "Sie alle sind schöne und seltene Bewohner unserer Wälder", heißt es der am Montag (9. Dezember 2024) veröffentlichten Pressemeldung der Stadt.
Seltener Pilzfund in Würzburg - Lebensraum von Stachelbärten in Europa eingeschränkt
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den ästigen Stachelbart einst zum "Pilz des Jahres 2006" gewählt - schon damals, um auf eine gefährdete Pilzart hinzuweisen, deren Lebensraum schützenswert sei. Der ästige Stachelbart erreicht einen Durchmesser von etwas mehr als 20 Zentimeter. Laut Mitteilung entspringt der Pilz einem dicken Strunk und verzweigt sich in immer feinere Äste, an denen sich seine Sporen bilden.
Video:
"Jedes kleine Ästchen bildet Hunderte davon", so die Stadt Würzburg. Diese Struktur erinnere "als Gesamtkunstwerk" an Korallen - daher der lateinische Name coralloides. Sie keimen an alten Buchen aus, bilden ein feines Geflecht, ihr Myzel, im Holz und lassen den Stamm vermorschen. Beim Igelstachelbart zeigen sich demnach vor allem längliche "Stacheln" und weniger Verästelungen. Erst in der letzten Phase der Holzzersetzung bilden sich die Fruchtkörper der Stachelbärte. "Beide Pilze wachsen nur auf totem Holz und schädigen damit nicht die lebenden Bäume", heißt es in der Verlautbarung.
Vielmehr tragen sie dazu bei, den organischen "Abfall" des Waldes zu beseitigen - auf diese Weise schaffen sie auch für andere Organismen einen Lebensraum: für Insekten, die im morschen Holz leben, oder für Spechte, die dort leichter ihre Höhlen schaffen können. Obwohl die Stachelbärte auch an anderen Bäumen wachsen, sind in Europa alte Buchenwälder ihr hauptsächlicher Lebensraum. Mit dem Verschwinden alter Buchen wird ihr Vorkommen folglich eingeschränkt.
Ästiger Stachelbart rar, Igelstachelbart noch seltener - Fund sorgt für strahlende Gesichter
Der überraschende Fund in Würzburg sorgt deshalb für strahlende Gesichter. Auch Bürgermeister Martin Heilig und Gartenamtsleiter Dr. Helge Grob zeigten sich begeistert von der Wiederentdeckung im Stadtwald. "Diese seltenen Pilze sind Zeigerarten naturnaher alter Laubwälder und sichtbare Zeichen unserer besonders naturnahen Waldpflege mit der Anreicherung von viel Totholz und dem Schutz alten Buchenwaldes", werden die Verantwortlichen in der Meldung der Stadt unisono zitiert.
Aufgrund des Mangels an diesen Wäldern bleibe das Vorkommen des Stachelbartes in Deutschland indessen stark gefährdet. Nur in Regionen mit alten Buchenbeständen könne man dem Pilz noch etwas häufiger begegnen. "Deswegen gilt: Absterbende Buchen nach Möglichkeit stehen lassen, um den Stachelbärten sowie anderen Pilzen und Organismen geeigneten Lebensraum zu erhalten", appelliert die Stadt Würzburg.