Romy Baierlipp war als freiwillige Helferin nach der Flutkatastrophe im Ahrtal vor Ort. Zusammen mit Freunden und den Dachzeltnomaden half sie dabei, die Häuser der Anwohner*innen winterfest zu machen.
Eigentlich war Romy Baierlipp gerade von ihrem Au-pair-Aufenthalt aus Spanien zurückgekommen und nach acht Monaten wieder in ihrer Heimat Würzburg zurück. Doch die schrecklichen Nachrichten der Flutkatastrophe aus dem Ahrtal gingen auch ihr sehr nahe. Romy berichtet: "Ich habe in den Medien gesehen, was die Menschen dort für Schicksalsschläge erleiden und konnte das nicht richtig greifen." Doch um zu verstehen, was vor Ort los ist, musste sie einfach vor Ort sein. "Es war wie ein innerlicher Ruf, dort zu helfen".
Durch einen Freund ist die 20-jährige Studentin auf die gemeinnützige Hilfsorganisation Dachzeltnomaden aufmerksam geworden. Über deren Webseite können Helfer eine Möglichkeit finden, den Menschen beim Wiederaufbau unter die Arme zu greifen. "Jeder kann gehen und kommen, wann er will", meint Romy.
Anwohner aus dem Ahrtal brauchen "einfach eine Umarmung"
Ab einem gewissen Zeitpunkt konnte Romy bei ihrer ersten Fahrt ins Ahrtal die Straßen, die sie auf Google Maps sah, vor ihren Augen nicht mehr sehen, denn die Studentin befuhr Straßen voller Lehm. Während sie die Straßen weiterfuhr, zeichnete sich weit und breit ein Bild der Zerstörung. "Als würde ich in eine Filmkulisse fahren", berichtet die junge Frau.
Und ein einschlagendes Erlebnis bekommt die Studentin nicht mehr aus dem Kopf. "Ein Mann saß vor seinem Haus, das augenscheinlich zerstört war. Ich fragte, wie ich ihm helfen kann und er sagte: "Einfach eine Umarmung". Dieses zwischenmenschlich tiefe Erlebnis sei ihr noch nie im Leben passiert, aber die Erfahrung würde sie nicht missen wollen.
Die Helfer*innen packen nicht nur auf Baustellen an oder unterstützen in der Küche, auch der seelische Beistand, ein offenes Ohr und ermutigende Worte sind notwendig. Aber der Zusammenhalt und das Zugehörigkeitsgefühl sind im Ahrtal mehr als deutlich zu spüren, meint Romy: "Man ist füreinander da, egal ob man sich nicht kennt oder eine unterschiedliche Sprache spricht, irgendwie klappt's und das ist echt schön". Der Zusammenhalt rührt viele Menschen im Ahrtal, aber auch Außenstehende, denn sie sitzen alle im selben Boot und brauchen das gleiche: Hilfe, Liebe und Miteinander. Romy findet, es ist "eine tolle Masse an Menschen, die irgendwie alle ein Ziel haben und Hand in Hand für eine Sache arbeiten".
Nach der Hilfe im Ahrtal: Tiefe Dankbarkeit für ihre Mitmenschen
Was sie erfahren hat, bleibt ein Leben lang. "Doch dann fährst du halt wieder in dein normales Leben zurück", sagt Romy. Die Studentin erzählt inRLP.de, dass sie durch die Hilfe im Ahrtal ein ganz neues Bewusstsein für ihr Leben hat, eine neue Sinnhaftigkeit dahinter. Sie verspürt eine tiefere Dankbarkeit für ihre Mitmenschen und ihr Zuhause und weiß mehr als zuvor, was im Leben wirklich wichtig ist: Liebe, Gesundheit, Fürsorge, Freundschaft und Zuneigung. Materielles ist und bleibt vergänglich, sagt sie.
Neuen Helfer*innen rät sie "nicht viel darüber nachzudenken, einfach losziehen, wenn man helfen will", man brauche sich keine Gedanken machen, denn "du wirst dort an die Hand genommen und es wird am Ende des Tages alles besprochen."