Druckartikel: Düstere Zeit für Würzburger Brose-Werk: Angst um über 1000 Arbeitsplätze

Düstere Zeit für Würzburger Brose-Werk: Angst um über 1000 Arbeitsplätze


Autor: Ralf Welz

Würzburg, Donnerstag, 06. März 2025

Alarmstimmung bei den rund 1400 Brose-Beschäftigten in Würzburg. Die Lage am Standort ist prekär. Aufgabe sei es deshalb, die notwendigen strukturellen Anpassungen vorzunehmen, erklärt der Geschäftsführer des Bereichs Antriebe.
Am Brose-Standort in Würzburg (Bild) werden unter anderem elektrische Kältemittelverdichter gefertigt.


Bei so manchem Akteur der Automobilbranche sind die Sorgenfalten zuletzt größer geworden. Der Zulieferer Flabeg Germany stellt seinen Betrieb zwangsläufig ein. Die Belegschaft verliert ihren Arbeitsplatz. Dem Nürnberger Continental-Werk droht ebenfalls das Aus. Alarmstimmung herrscht genauso bei Brose in Würzburg: IG Metall und Betriebsrat befürchten auch hier die Schließung des Standorts. Rund 1400 Stellen seien in Gefahr, warnen sie.

Die Arbeitnehmervertreter haben bereits Protestaktionen organisiert und eine Unterschriftenkampagne gestartet. Ihren geschäftsführenden Direktor hat die Belegschaft öffentlich dazu aufgefordert, sich zur bedrohten Niederlassung zu bekennen und diese auszubauen, anstatt sie zu schließen. Der Brose-Verantwortliche hat nun seinerseits auf den Schritt der Mitarbeiter reagiert. 

Brose-Werk in Würzburg vor Schließung? - "Stimmung ist auf einem Tiefpunkt"

In einem offenen Brief nahm der Betriebsrat der Brose Fahrzeugteile SE & Co. KG in Würzburg den Geschäftsführer des Bereichs Antriebe, Raymond Mutz, in die Pflicht. Von "tiefer Besorgnis und Entschlossenheit" ist in dem Schreiben, das inFranken.de vorliegt, die Rede. "Die Nachricht einer möglichen Standortschließung, die in der außerordentlichen Betriebsversammlung am 13. Februar 2025 kommuniziert wurde, hat die Belegschaft tief erschüttert", schildert der Betriebsrat. "Die Stimmung ist auf einem Tiefpunkt." Auszubildende und Beschäftigte fürchten demnach um ihre Zukunft.

"Wir fragen Sie: Wo sind die Werte, die Brose groß gemacht haben? Wo ist der 'Spirit of Brose', der auf Partnerschaft, Vertrauen und langfristigem Denken basierte? Wo bleibt die Verantwortung des Familienunternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern?", halten die Arbeitnehmervertreter an Mutz gewandt fest. Man erkenne die schwierige gesamtwirtschaftliche Lage an, allerdings könne die Lösung nicht ausschließlich auf dem Rücken der Belegschaft in Würzburg ausgetragen werden.

"Vor genau 20 Jahren wurde in Würzburg ein Ergänzungstarifvertrag geschlossen, der unter dem Versprechen neuer Produkte, modernster Infrastruktur und einer nachhaltigen Zukunftssicherung des Standortes steht", berichten die Brose-Betriebsräte. Im Vertrauen auf diese Zusagen habe die Belegschaft durch Verzicht auf Entgelt und Freizeit Investitionen in Höhe von 210 Millionen Euro erbracht. "Die jetzigen Schließungspläne stehen im eklatanten Widerspruch zu diesen Vereinbarungen und untergraben das Fundament einer verlässlichen und vorausschauenden Unternehmenspolitik. Viele Kolleginnen und Kollegen fühlen sich verraten", heißt es im offenen Brief wörtlich. 

"Verstehe die Sorgen der Belegschaft": Broses Antriebe-Geschäftsführer reagiert auf Forderungen

An Mutz erfolgt der Appell, der gesellschaftlichen Verantwortung des Autozulieferers gerecht zu werden. "Würzburg ist die Heimat unserer Familien und die Keimzelle des Geschäftsbereichs Antriebe - ein seit über 60 Jahren bewährtes Modell", betont der Betriebsrat. "Eine mögliche Aufgabe des Standorts gefährdet nicht nur die Existenz unserer Kolleginnen und Kollegen, sondern gefährdet die wirtschaftliche Stabilität einer ganzen Region."

In einem an die Brose-Angestellten gerichteten Aushang, der inFranken.de ebenfalls vorliegt, schildert der geschäftsführende Direktor seine Sicht der Dinge. Die Ängste der Angestellten könne er nachvollziehen - er "verstehe die Sorgen der Belegschaft", erklärt Raymond Mutz. "Die emotionale Verbundenheit der Mitarbeiter mit Brose und insbesondere mit dem Standort ist unbestritten und wird von uns wertgeschätzt. Dennoch erfordert die aktuelle wirtschaftliche Situation eine nüchterne Analyse und klare Entscheidungen", betont er zugleich. 

In seiner Antwort verweist Mutz auf die "wirtschaftliche Realität" bezüglich des unterfränkischen Werks. "Die Zahlen zeigen, dass die Produktion in Würzburg derzeit nur ein sehr geringes Ergebnis erzielt. Aufgrund der rückläufigen Auftragslage wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verschlechtern." Die aktuellen Zahlen und die Prognosen verdeutlichten, dass der Standort Würzburg unter den gegebenen Umständen "nicht wirtschaftlich tragfähig" sei.

Lage in Würzburger Brose-Werk angespannt - Rahmenbedingungen "drastisch verschlechtert"

Als Gründe für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nennt Mutz zum einen Managementfehler. Mehr als zehn Jahre habe es "unrealistisch hohe Umsatz- und Personalplanungen, falsche Produktentscheidungen und unnötig hohe Investitionen" gegeben. Erschwerend kämen nicht mehr wettbewerbsfähige Personalkosten im globalen Vergleich hinzu. Ein weiterer Aspekt sei die negative Marktentwicklung.

"Wir wissen, dass die Mitarbeitenden in Würzburg in den vergangenen Jahren bereits Zugeständnisse gemacht haben", konstatiert der Geschäftsführer des Bereichs Antriebe. "Aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich seither drastisch verschlechtert." Aufgabe sei es deshalb, die notwendigen strukturellen Anpassungen vorzunehmen. Mutz betont: "Die Entscheidung über die Zukunft des Standorts Würzburg ist noch nicht getroffen, aber eine Schließung muss in Betracht gezogen werden." Kommen die Würzburger Brose-Beschäftigten künftig anderweitig in der Region unter?

"Ich werde die geplanten Untersuchungen zur möglichen Konzentration unserer fränkischen Standorte inklusive einer Übernahme von Mitarbeitenden, unter anderem aus der Entwicklung, vorantreiben", kündigt Mutz an. Sein Ziel sei es, schnellstmöglich Klarheit für den Standort und die Belegschaft zu schaffen. Auch am Industriestandort Schweinfurt war die Stimmung schon mal besser. Der Oberbürgermeister schlug unlängst Alarm. Dabei nahm er die betroffenen Firmen selbst in die Pflicht.