Ein fränkischer SPD-Politiker hat schwere Vorwürfe gegen Schweinfurts Oberbürgermeister erhoben. Der Abgeordnete wirft dem CSU-OB "absichtliche Verbreitung von Falschinformationen" in Bezug auf Strompreise vor - und spricht von einem "Skandal".
Der Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer (SPD) übt schwere Vorwürfe an Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU). Auslöser ist ein Schreiben der Schweinfurter Stadtwerke. In diesem kündigt der Versorger unter dem Betreff "Ab 1. Mai 2024: Entscheidung der Bundesregierung führt zu steigenden Stromkosten" eine Erhöhung der Energiekosten an. "Wir möchten Sie darüber informieren, dass sich unsere Strompreise zum 1. März 2024 leider erhöhen werden. Der Grund dafür ist eine politische Entscheidung der Bundesregierung, die zu einer deutlichen Anhebung der Netzentgelte und Umlagen führt."
Der Brief an die Verbraucher wurde von Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Kästner und Sebastian Remelé unterzeichnet. Der OB fungiert als Vorsitzender des Aufsichtsrats des Unternehmens. SPD-Politiker Hümpfner spricht mit Blick auf die Betreffzeile von einer "Desinformation". Mit großer Verwunderung habe er das besagte Schreiben zur Kenntnis genommen, erklärt der Abgeordnete, der seit 2021 den Wahlkreis Schweinfurt im Deutschen Bundestag vertritt. Die Bundesregierung lege nicht die Höhe der Netzentgelte fest, betont Hümpfner in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister. "Von einem, das Schreiben unterzeichnenden, Stadtwerkechef erwarte ich ein solches fachliches Grundwissen", moniert er.
Aussage zu Netzentgelten in Brief der Schweinfurter Stadtwerke falsch?
Das Netzentgelt ist ein Bestandteil des Strompreises. Es handelt sich um den Preis für die Nutzung, die jeder Netznutzer, der Strom durch das Versorgungsnetz leitet, an den Netzbetreiber zahlen muss, heißt es auf der Webseite der Bundesnetzagentur. "Bei den Netzentgelten ist es grundsätzlich so, dass die Netzbetreiber die Höhe der Netzentgelte öffentlich ausweisen und durch die Bundesnetzagentur und unabhängige Wirtschaftsprüfer prüfen lassen", hält Hümpfner fest.
Im vergangenen Jahr habe die Bundesregierung die Übertragungsnetzentgelte durch einen Bundeszuschuss stabil gehalten, um die Menschen während der Energiekrise nicht mit noch höheren Preisen zu belasten, erklärt der SPD-Abgeordnete. Auch für 2024 sei ein entsprechender Zuschuss von 5,5 Milliarden. Euro vorgesehen gewesen. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts Mitte November jedoch durchkreuzte bekanntlich die Pläne der Ampel-Koalition. Aufgrund von Sparzwängen im Haushalt wurde der eigentlich geplante Bundeszuschuss letztlich gestrichen. Das wegweisende Urteil war von der CDU/CSU-Fraktion erstritten worden.
Die Union hatte es als rechtswidrig erachtet, dass die Ampel ursprünglich wegen der Corona-Folgen aufgenommene Kredite zur Bekämpfung der Energiekrise nutzen wollte. Das Bundesverfassungsgericht gab der CDU schlussendlich Recht und erklärte das Vorhaben der Regierung für verfassungswidrig. Die Folge: Die Schuldenbremse soll nach jahrelangen Ausnahmen nun wieder eingehalten werden. Bundestag und Bundesrat wollen Anfang Februar endgültig über den Haushalt 2024 entscheiden.
"Skandal": SPD-Politiker sieht absichtliche Verbreitung von Fehlinformationen und fordert Konsequenzen
Die wegen des gestrichenen Bundeszuschusses steigenden Netzentgelte für Strom sorgen nach Angaben des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, für Mehrkosten bei Bürgern und Wirtschaft. Bei einer vierköpfigen Familie seien das ungefähr 100 bis 120 Euro im Jahr. Auch die Verbraucherzentralen warnen trotz einer zuletzt schwächeren Inflation vor weiterhin hohen Preisbelastungen 2024 - unter anderem wegen höherer Netzentgelte.
Für den aus dem Gerichtsurteil resultierenden Anstieg der Netzentgelte sei nicht die Bundesregierung verantwortlich, betont Markus Hümpfer in seinem offenen Brief. "Vielmehr resultiert der Anstieg aus den notwendigen Investitionen, die für den Ausbau der Stromnetze auf Verteil- und Übertragungsnetzebene notwendig sind und die durch politische Entscheidungen der Vergangenheit - in Bayern durch politische Entscheidungen Ihrer Partei, der CSU - verschleppt und lange Zeit als nicht notwendig erachtet wurden", hält der SPD-Politiker seinem CSU-Kollegen vor.