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Schaeffler: Schweinfurt erwartet großen Personalabbau - Plan erntet Kritik


Autor: Ralf Welz

Schweinfurt, Mittwoch, 13. November 2024

Fassungslosigkeit in Schweinfurt: Der Autozulieferer Schaeffler plant vor Ort offenbar den Abbau von Hunderten Arbeitsplätzen. "Da gibt es nichts zu beschönigen", moniert der örtliche Betriebsratschef merklich getroffen. Er spricht von einem Angriff.
Der mittelfränkische Zulieferer Schaeffler baut etliche Stellen ab - unter anderem in Schweinfurt.


Es ist ein erneuter harter Schnitt für die hiesige Automobilbranche: Die Ankündigung des fränkischen Zulieferers Schaeffler, Tausende Stellen in Europa zu streichen, dürfte mancherorts zu Schockstarre geführt haben. Allein in Deutschland sollen rund  2800 in Arbeitsplätze abgebaut werden. Zwei der fünf europäischen Standorte sollen komplett geschlossen werden. Das Maßnahmenpaket werde bis 2027 umgesetzt, teilte der in Herzogenaurach sitzende Konzern am Dienstag (5. November 2024) mit. 

Die Abbaupläne der Schaeffler AG betreffen auch Franken. In einer Firmenmitteilung geht das Unternehmen explizit auf die Standorte Herzogenaurach, Schweinfurt und Nürnberg ein. Herzogenaurach ist demnach von gleich mehreren "Anpassungen" betroffen - unter anderem aufgrund der gesunkenen Nachfrage im Geschäft mit Verbrennerautos. Die starke Konkurrenz in China hat derweil unter anderem Auswirkungen auf die Schaeffler-Niederlassung in Nürnberg. Auch im unterfränkische Schweinfurt zeichnen sich gleich in mehrerer Hinsicht folgenschwere Veränderungen ab.

"Stellenabbau bei Schaeffler trifft Standort Schweinfurt massiv": IG Metall zeigt sich fassungslos

Wie der Automobilzulieferer mitteilte, ist neben Homburg auch der Standort Schweinfurt maßgeblich von beschlossenen Einsparungen betroffen. Das Maßnahmenpaket beinhaltet demnach "Konsolidierungsaktivitäten, Kapazitätsanpassungen und Verlagerungen", aber auch den Abbau von Stellen in Zentralbereichen der Verwaltung. Das Schweinfurter Stammwerk der Sparte soll zudem die Produktion des ehemaligen Ewellix-Werks im Schweinfurter Hafen aufnehmen. Auch die dortigen Mitarbeiter sollen den Arbeitsplatz wechseln. "Der angekündigte Stellenabbau bei Schaeffler trifft auch den Standort Schweinfurt massiv", hält die IG Metall Schweinfurt fest.

Laut Angaben der Gewerkschaft sollen in der unterfränkischen Stadt um die 700 Stellen wegfallen. Der zu Schaeffler gehörende Standort Ewellix im Stadtteil Maintal soll demnach aufgelöst und in die Georg-Schäfer-Straße integriert werden. Betroffen seien nach Angaben des Arbeitgebers zu gleichen Teilen die indirekten Angestellten aus Verwaltung, Forschung und Entwicklung sowie der Produktion. Die Belegschaft sei darüber am Dienstag um 10 Uhr informiert worden, berichtet die IG Metall. Der Konzern spreche offiziell von einem Abbau von knapp 500 Arbeitsplätzen in Schweinfurt, heißt es in der Verlautbarung der Gewerkschaft.

"Die Zahl stimmt nicht. Zusammen mit den bereits angekündigten, aber noch nicht umgesetzten Maßnahmen werden wir in Schweinfurt rund 700 Arbeitsplätze verlieren", wird Jürgen Schenk, Schaeffler-Betriebsratsvorsitzender am Standort Schweinfurt, in der Mitteilung der IG Metall zitiert. Auch der Schweinfurter Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer (SPD) berichtet, dass rund 700 der insgesamt 5500 Stellen betroffen sind. "Diese Nachricht ist ein unmissverständlicher Weckruf", betont der Politiker in einem Statement. Er fordert die Schaeffler-Geschäftsführung im Sinne der Beschäftigten auf, sich für die Ansiedlung zukunftsfähiger Produkte in Schweinfurt starkzumachen. "Gerade der Industriestandort Schweinfurt bietet unvergleichbare Wettbewerbsvorteile und mit der THWS eine Hochschule, die die Fachkräfte von morgen ausbildet", so Hümpfner.

Schweinfurter Betriebsratschef spricht von "größtem Angriff auf den Standort seit vielen Jahren"

Der Schweinfurter Betriebsratsvorsitzende zeigt sich derweil außer sich. "Da gibt es nichts zu beschönigen. Das ist der größte Angriff auf den Standort seit vielen Jahren und das, obwohl die Belegschaft über Monate mit Arbeitszeitabsenkungen und vielen andere Maßnahmen ihren Beitrag zur Überbrückung der Auftragsflaute leisten", beklagt Jürgen Schenk. Aufseiten der Arbeitnehmervertreter kann man einen Kritikpunkt des Autozulieferers offenbar gleichwohl nachvollziehen. "Gerade im Bereich des Industriegeschäfts sehen auch wir Probleme", wird Thomas Höhn, erster Bevollmächtigter der IG-Metall-Geschäftsstelle Schweinfurt, zitiert. "Aber gerade hier haben die Beschäftigten in den vergangenen Monaten mit Arbeitszeitabsenkungen, verbunden mit erheblichen Lohneinbußen, Brücken gebaut", konstatiert der Gewerkschaftsfunktionär.

Mit der aktuellen Ankündigung erkläre Schaeffler den Beschäftigten nun allerdings, dass diese Brücken in einen massiven Arbeitsplatzabbau am hiesigen Standort münden sollen. "Das können und werden wir als IG Metall so nicht stehen lassen", betont Höhn. Schaeffler begründete die weitreichenden Stellenstreichungen in Europa und Deutschland derweil mit drei zentralen Punkten. Konkret ging das fränkische Familienunternehmen auf das angespannte Marktumfeld im Bereich Lager und Industrielösungen ein. Zugleich verwies der Zulieferer auf die Synergieeffekte aus der Übernahme von Vitesco. Als weiterer Aspekt wurde die anhaltenden Transformationsprozesse in der Automobilbranche genannt. 

Auch auf die Schweinfurter Belegschaft des Autozulieferers ZF kommen Veränderungen zu. "Unsere Auftragsbücher zeigen deutlich, dass wir unsere Kapazitäten schnellstmöglich nach unten anpassen müssen", erklärte der Auftragsleiter. Weitere Nachrichten aus Schweinfurt und Umgebung gibt es in unserem Lokalressort.