"Vorgehen überzogen": Störer von AKW-Sprengung in Franken kämpft gegen Forderungen

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Ein Vorfall bei der Turmsprengung des AKW Grafenrheinfeld 2024 hat nun ein Nachspiel. Der 38-jährige Kernkraft-Befürworter wehrt sich: "Es war doch nur eine Protestaktion."

Der Fall schlug hohe Wellen: Am 16. August 2024 wurden die Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks (AKW) Grafenrheinfeld nach über 50 Jahren gesprengt. Die Maßnahme verlief jedoch nicht reibungslos. Atomkraft-Befürworter Andreas Fichtner war auf einen Strommast im abgesperrten Bereich geklettert, wo er nach eigenen Angaben zunächst unbemerkt blieb. "Da hatte ich schon ein wenig Angst", gestand er seinerzeit inFranken.de. Durch die Störung verzögerte sich die Sprengung um rund anderthalb Stunden.

Für den inzwischen 38-Jährigen hat sein damaliges Handeln Folgen: Das Amtsgericht Schweinfurt hat eine Geldstrafe gegen ihn verhängt, der Kraftwerkbetreiber fordert zudem Schadenersatz. Auch die Polizei habe ihm ihre Einsatzkosten in Rechnung gestellt. Die beiden letztgenannten Forderungen stoßen bei Fichtner auf Unverständnis. "Die hätten das Ding ja auch sprengen können, während ich noch dort gesessen hätte", sagt er im erneuten Gespräch mit unserer Redaktion.

AKW-Sprengung in Grafenrheinfeld: 38-Jähriger kritisiert Geldforderungen von Betreiber und Polizei

Rund zehn Monate nach seiner Störaktion bei der Demontage der Kühltürme des Atomkraftwerks wurde gegen Andreas Fichtner ein Strafbefehl wegen Hausfriedensbruchs erlassen, wie ein Gerichtssprecher erklärte. Laut einem Bericht der Agentur dpa hatte die Staatsanwaltschaft eigenen Angaben zufolge auf 60 Tagessätze zu je 50 Euro bestanden - insgesamt also 3000 Euro. "Dagegen habe ich Einspruch eingelegt", erklärt der Pro-Atomkraft-Aktivist inFranken.de - insbesondere um Aufmerksamkeit für sein Anliegen, die Rückkehr zur Kernkraftnutzung, zu erhalten. 

Die Geldforderungen des Kraftwerksbetreibers Preussenelektra und der Polizei, die unter anderem mit einem Hubschrauber nach ihm gesucht habe, bezeichnet er als übertrieben. Laut Fichtners Schilderung handelt es sich dabei um eine Summe von insgesamt mehr als 20.000 Euro. "Ich denke, dass das Vorgehen gegen mich überzogen ist. Ich habe nur eine Protestaktion gemacht." Im Gegensatz zu ihm seien Klimaaktivisten aufseiten von Greenpeace und der Letzten Generation "mit einem blauen Auge davon gekommen". Immerhin: Der damals ebenfalls erhobene Anfangsverdacht der Nötigung wurde Fichtner zufolge fallen gelassen.

Mit seiner Aktion im Sommer vergangenes Jahres wollte der AKW-Befürworter öffentlichkeitswirksam ein Zeichen für die die zivile Nutzung der Kernenergie setzen. "Wir sind in Deutschland immer noch in der Situation, dass wir mit die höchsten Strompreise weltweit haben", sagt er. Trotz großer Anstrengungen im Bereich der erneuerbaren Energien sei es bislang nicht gelungen, die CO₂-Emissionen spürbar zu senken. Fichtner, der Deutschlands Ausstieg aus der Kernenergie als politische Entscheidung betrachtet, setzt sich weiter für die Rückkehr der Atomkraft ein. 

"Gibt Sympathisanten": 38-Jähriger berichtet von erhaltenen Geldspenden nach Störaktion

"Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Kernkraft in Deutschland reaktiviert werden kann", betont der 38-Jährige, der laut Eigenaussage einst in der Forschung im Bereich der nuklearen Entsorgung tätig war. "Natürlich ist dafür ein gewisser Aufwand nötig." Grundsätzlich sei der Schritt zurück aber machbar. "Aber offensichtlich ist die Not noch nicht so groß", hält er zugleich fest. Die mögliche Rückkehr zur Kernenergie ist hierzulande ein kontroverses Thema. Der deutsche Atomausstieg ist mehr als zwei Jahren abgeschlossen. Ein entsprechendes Comeback wäre laut Berichten technisch und politisch zwar grundsätzlich möglich, aber zugleich mit erheblichen Herausforderungen verbunden. 

Und wie geht es im Fall Fichtner jetzt weiter? Weil er gegen den erhaltenen Strafbefehl Einspruch erhoben hat, dürfte es zu einer öffentlichen Verhandlung kommen. Die Betreiberfirma Preussenelektra fordert infolge der verzögerten Sprengung überdies Schadenersatz, heißt es im dpa-Bericht. Doch der Mann habe die geforderten knapp 12.000 Euro bisher nicht beglichen, wie Unternehmen mitteilte. Welche Maßnahmen vonseiten von Preussenelektra erfolgt sind, um an das Geld zu gelangen, ist nicht bekannt.

In finanzieller Hinsicht kann Fichtner augenfällig auf Beihilfe von außen hoffen. Zwar gebe es laut seiner Aussage in Deutschland keine Atom-Lobby, jedoch etliche andere Befürworter von Kernenergie. "Es gibt Sympathisanten, die mich mit Kleinspenden unterstützen." Auf diese Weise sei bereits unmittelbar nach seinem Protest in Grafenrheinfeld ein gewisser Betrag zusammen gekommen, erzählt Fichtner, der nach eigenen Angaben inzwischen Vollzeit-Aktivist ist. Sollten auch der geforderte Schadensersatz und die in Rechnung gestellten Einsatzkosten ein juristisches Nachspiel haben, könnten entsprechende zusätzliche Zahlungen eingehen. "Ich nehme an, dass das dann vielleicht noch einmal zunimmt", hält der Atomkraft-Befürworter gegenüber inFranken.de fest.

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Vorschaubild: © Andreas Fichtner / Eric Deyerler (News5)