"Hoch emotionalisierte" Lage in Franken: Wie sich Ukraine-Krieg und Fake-News auf die Region auswirken
Autor: Robert Wagner
Rednitzhembach, Donnerstag, 31. März 2022
Der Ukraine-Krieg hat weit über die Ukraine hinaus Folgen. Russenfeindliche Übergriffe werden häufiger – ebenso aber auch die Falschmeldungen über solche Übergriffe. Dies zeigen auch Fälle aus Franken: Wir sind Teil des globalen Informationskriegs.
- Angeblich russenfeindlicher Angriff auf Grundschüler in Rednitzhembach entpuppt sich als Fake-News
- Vandalismus an russischem Mix-Markt in Coburg
- Russen-Hass als Motiv bei Straftaten in Haßfurt und Ochsenfurt
- Gezielte Falschmeldungen und "ungeprüfte Übernahme"
- Fake-News von Russland instrumentalisiert: Lawrow schon 2016 mit unhaltbaren Vorwürfen
Es klingt nach einem Skandal: Ein 10-jähriger Grundschüler wird in Rednitzhembach (Landkreis Roth) von unbekannten Jugendlichen „körperlich massiv angegangen“ – und das nur, weil „er Russe ist“, wie die Schwester des Opfers in einem Social-Media-Beitrag mitteilte. So angeblich geschehen am 21. März 2022 – also einige Wochen nach Beginn der Invasion Russlands in der Ukraine. Auch lokale Medien berichteten dazu.
Russenfeindliche Übergriffe in Coburg und anderswo
Nur: Die Polizei in Mittelfranken hatte schnell „erhebliche Zweifel“ daran, dass der Angriff in dieser Form stattgefunden hatte. Zumindest sprach wenig dafür, dass ein fremden- oder russenfeindliches Motiv bei der Auseinandersetzung eine Rolle gespielt hatte. Und tatsächlich stellte sich dann heraus, dass der Junge die Geschichte erfunden hatte, um eine Ausrede für seine Eltern zu haben. Einen Übergriff aus Russen-Hass kam es dementsprechend in Rednitzhembach nicht.
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Anders im oberfränkischen Coburg: Am dortigen Mix-Markt, einem auf osteuropäische und russische Waren spezialisierten Supermarkt, hatten Unbekannte am Samstag (26. März 2022) randaliert, politische Parolen und Symbole wie ein Hakenkreuz an Wände gesprüht und Reifen zerstochen. Zweifel, dass hier ein politisches und russenfeindliches Motiv vorlag, gibt es nicht.
„Ich bin wirklich erschüttert über die Anfeindungen“, hatte sich Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig deswegen zu Wort gemeldet. Immer häufiger würden sich Menschen russischer Herkunft bei ihm melden und ihr Leid klagen. Auch Kinder würden angefeindet. „Völlig inakzeptabel“, nennt dies Sauerteig und wendet sich mit einem eindringlichen Appell an die Coburger*innen.
Hohe Dunkelziffer: Bricht sich der Konflikt auch in Franken seine Bahnen?
Eine „hoch emotionalisierte“ Lage nennt es Michael Konrad, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken: Der Ukraine-Krieg wirkt sich auch in Franken aus. Und das in zweierlei Richtungen, wie die beiden Fälle in Ober- und Mittelfranken zeigen. Denn zum einen gibt es wohl tatsächlich mehr Beleidigungen und Konflikte wegen des Kriegs und werden russischstämmige Menschen Opfer von Anfeindungen.
Auch in Unterfranken hatten sich zuletzt solche Fälle ereignet: Bereits Anfang März hatten Unbekannte in Haßfurt die Motorhaube eines Wagens mit Müll verunstaltet. Außerdem sei „ein Schriftstück mit russenfeindlichen Parolen und einem Hakenkreuz“ hinterlassen worden, wie die Polizei mitteilte. Der Besitzer des Autos hat russische Wurzeln. In Ochsenfurt kam es zudem am Sonntag (27. März 2022) zu einer Schlägerei. Auslöser soll hier ein „Oberteil mit Bezug zu Russland“ gewesen sein.