Nervenkostüm des FCN: Wie sind die hohen Niederlagen zu erklären? Sportpsychologe im Interview
Autor: Redaktion
Nürnberg, Freitag, 12. Oktober 2018
Der 1. FC Nürnberg handelte sich innerhalb weniger Tage zwei hohe Niederlagen in der Bundesliga ein. Sportpsychologe Prof. Ralf Brand erklärt, welche Prozesse unerwartet hohe Niederlagen, wie die des FCN in Dortmund und Leipzig begünstigen.
Die anstehende Pause aufgrund der Nations-League-Verpflichtungen der Nationalmannschaften dürfte dem 1. FC Nürnberg gerade zupasskommen. Zwar liegt der Club nach sieben Spieltagen im Fußball-Oberhaus mit acht Punkten und Tabellenplatz 12 in einer Region, die seinem Potenzial entspricht, allerdings dürften die letzten beiden Auswärts-Auftritte sowohl bei Trainer Michael Köllner als auch bei der Mannschaft Spuren hinterlassen haben.
Nach dem 0:7-Desaster bei Spitzenreiter Borussia Dortmund wurde die Köllner-Crew auch im folgenden Gastspiel "abgekocht": 0:6 lautete diesmal das Ergebnis - gegen den Tabellenzweiten RB Leipzig. Hier geht es zum Spielbericht der FCN-Partie in Leipzig.
1.FCN auf der Suche nach Stabilität
Gegen das Top-Duo der Liga zu verlieren, fällt keinesfalls in die Kategorie "Überraschung". Indes geben die Höhen der Niederlagen Anlass darüber nachzudenken, wie dieser Negativtrend gestoppt werden kann. Zwar sagt Michael Köllner, "dass wir daran arbeiten müssen, dass wir in solchen Spielen mehr Stabilität an den Tag legen". Die Frage lautet jedoch: Wie gelingt das angesichts der Tatsache, dass die Mannschaft gerade auswärts verunsichert auftritt und spätestens nach einem scheinbar nicht mehr aufzuholenden Rückstand, wie dem frühen 0:3 in Leipzig (nach 21 Minuten) und dem ebenfalls als noch früh zu bezeichnenden 0:3 in Dortmund (nach 49 Minuten), nicht mehr in der Lage ist, sich mit aller Macht gegen weitere Treffer zu stemmen oder sogar selbst ein Tor zu erzielen?
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Wenn sich der Kopf beim Club einschaltet
Es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, "sich möglichst immer sofort einen Reim darauf zu machen, wenn etwas nicht so läuft, wie man sich das vorgestellt hat". Auch die Spieler machen sich schon während des Spiels Gedanken darüber, woran es jetzt wieder liegen könnte. "Dagegen kann man sich gar nicht wehren. Das lenkt enorm ab", erläutert Sportpsychologe Prof. Dr. Ralf Brand von der Universität Potsdam.
"Im Grunde bringt jeder Spieler das psychologische Grundrüstzeug, mit dieser Situation umzugehen, ja schon mit", sagt Brand, der seit 2008 in Potsdam lehrt. "Zu wünschen wäre es, dass es den Spielern gelingt, sich im Spiel nur auf die Dinge zu konzentrieren, die sie selbst beeinflussen können - dies betrifft unter anderem die Eigenmotivation, den läuferischen und kämpferischen Einsatz sowie die Aufmerksamkeit über 90 Minuten. Wenn das klappt, gibt es dem Spieler Sicherheit und er denkt nicht über die Faktoren nach, die nicht in seinem Einflussbereich liegen", so der 47-Jährige. "In einer idealen Welt", führt der Sportpsychologe weiter aus, "kommen alle Spieler von selbst auf die diese Idee und setzen sie im Spiel genauso um."