Schwabach: Profi-Golfer Robin Smiciklas leidet an Tourette-Syndrom - "will mich nicht mehr verstecken"
Autor: Daniel Krüger
Schwabach, Donnerstag, 17. November 2022
Profi-Golfer Robin Smiciklas aus Schwabach leidet unter dem Tourette-Syndrom. Nach Mobbing-Erfahrungen habe er seine Krankheit lange versteckt, erzählt er. Doch dann habe eine Turnier-Erfahrung alles verändert.
- Schwabach: Profi-Golfer Robin Smiciklas leidet unter Tourette-Syndrom
- "Ich war leichte Beute": 30-Jähriger berichtet von Mobbing-Attacken
- "Auf einmal Fesseln gesprengt": Erfahrung bei Turnier verändert sein Leben
- Sportler hat nach Beobachtungen einen Verdacht - "bin sicher nicht der Einzige"
Das Tourette-Syndrom: Wer den Namen der Krankheit hört, hat häufig ein ganz bestimmtes Bild vor Augen. In den sozialen Medien, etwa auf Instagram und TikTok, kursieren massenhaft Videos von Betroffenen, die mit ihren Tics hohe Reichweiten erzielen. Schimpfwörter und kuriose Wortneuschöpfungen mitten im Satz sorgen für Reaktionen und Lacher im Netz. Doch aus Sicht der Wissenschaft und auch aus der Perspektive des Schwabachers Robin Smiciklas ist dies eine starke Verzerrung der Realität. Smiciklas ist Profi-Golfer, auf dem besten Weg in die höchsten internationalen Ligen - und er hat Tourette. "Die wenigsten Erkrankten äußern wilde Beschimpfungen", erklärt der 30-Jährige. Gerade dieses falsche Bild führe dazu, dass sich viele Betroffene oft versteckten, sagt er. Mit seiner besonderen Geschichte will er anderen jetzt Mut machen.
30-Jähriger mit Tourette: Erkrankung begann im Kindesalter - "hat mir zuerst niemand geglaubt"
Alles habe mit einem Skiurlaub angefangen. "Ich war damals acht Jahre alt und wir waren mit dem Auto auf dem Weg in die Berge. Meine Mutter saß mit ihrem Lebensgefährten vorne, mein Bruder und ich hinten im Auto", so Smiciklas. "Dann haben plötzlich die ganze Zeit meine Beine gegen ihn geschlagen." Sein Bruder habe gedacht, er wolle ihn ärgern, erzählt er. "Meine Mutter hat verständlicherweise geschimpft. Dass ich nichts dagegen tun konnte, hat mir zuerst natürlich niemand geglaubt."
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Doch als auch Robins Arme zu zucken begannen und die motorischen Ausfälle stärker wurden, sei schnell klar gewesen, dass etwas nicht in Ordnung sei. "Etwa ein halbes Jahr später sind dann auch Geräusche dazugekommen, die ich nicht kontrollieren konnte." Er beschreibt sie als "Schniefen, teilweise klingt es auch, als würde ein Hund gleich anfangen zu bellen". Richtige Worte habe er jedoch nie von sich gegeben. "Meine Mutter war sehr besorgt und wollte unbedingt herausfinden, was dahintersteckt."
Nach mehreren Monaten und unzähligen Besuchen bei Ärzten dann die schockierende Diagnose: Der sportliche Junge, dessen Eltern eine Profi-Tennisschule betreiben, leidet unter dem Tourette-Syndrom - eine Erkrankung des Nervensystems, die bis zu ein Prozent der Weltbevölkerung betrifft und sich durch das Auftreten verschiedener Tics kennzeichnet. "Zum Glück hielt mir meine Familie damals den Rücken frei", sagt Smirciklas heute.
Schwabacher mit Tourette wird gemobbt - "Golf hat mir Respekt verschafft"
Auf weniger Verständnis trifft er damals hingegen bei Gleichaltrigen: "In der Schule war ich leichte Beute." Nach der Trennung seiner Eltern und einem Umzug nach Oberfranken entwickelt er gleichzeitig eine Faszination für den Golfsport. "Der Lebensgefährte meiner Mutter hat mich in den Golfclub nach Thurnau mitgenommen. Das Tolle am Golf war, dass ich niemanden dafür gebraucht habe, ich konnte es für mich alleine spielen", sagt Smiciklas, der damals "alles dafür tat, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen".
Die "rasanten Fortschritte" beim Golf hätten ihn als Teenager auch zunehmend vor den "Angriffen anderer Jugendlicher", vor Mobbing-Attacken gewappnet und ihm Respekt verschafft - "denn darin war ich wirklich gut". Wenige Jahre, nachdem er zum ersten Mal einen Golfschläger in der Hand gehabt hatte, sei er bereits der "jüngste Clubmeister der Bayreuther Vereinsgeschichte" gewesen, erzählt Smiciklas. Wie aber ist es möglich, dass ein Tourette-Erkrankter im Golf seine Erfüllung findet - einem Sport, in dem kleinste Handbewegungen und absolute Konzentration als Weg zum Erfolg gelten? "Man läuft fünf Stunden über den Platz, aber entscheidend sind nur ein paar wenige Sekunden."