Schwabach: Kirche hilft Missbrauchspriester aus Franken bei Flucht - nach Rückkehr wird er zum Altenheim-Täter
Autor: Daniel Krüger, Agentur dpa
Schwabach, Freitag, 25. November 2022
Wieder schockiert ein Missbrauchsfall um einen Priester ganz Franken. Seine Taten sollten erst durch eine Flucht nach Afrika vertuscht werden. Doch nach der Rückkehr in die Heimat verging er sich an Bewohnerinnen eines Altenheims.
- Schwabach/Bamberg: Priester beging Missbrauch in Altenheim
- In den 1960er Jahren an Mädchen und jungen Frauen vergangen
- Kirche half ihm bei Flucht - nach Rückkehr in Altenheim übergriffig
- Erzbistum Bamberg startet Aufruf: Geistlicher hielt weiter Gottesdienste
Immer mehr Missbrauchsskandale um fränkische Pfarrer kommen derzeit ans Licht. Erst jüngst hatte der Bamberger Generalvikar einem Priester im Ruhestand wegen eines zurückliegenden Missbrauchs ein Predigt-Verbot erteilt. Nun hat sich das Erzbistum erneut an die Öffentlichkeit gewandt. Der Fall aus dem Zuständigkeitsbereich des Erzbistums Eichstätt ist besonders schockierend - denn hier hatte die Kirche aktiv bei der Flucht vor der Polizei geholfen. Nachdem die Taten verjährt waren, wurde der Missbrauchspfarrer wieder in der Heimat eingesetzt. Ein schwerer Fehler, wie sich jetzt herausgestellte.
Fränkischer Pfarrer missbrauchte Mädchen und jungen Frauen - dann wurde er nach Afrika geschickt
Zum ersten Mal der Öffentlichkeit bekannt wurde der Fall des 2016 verstorbenen Geistlichen aus Mittelfranken im August 2022. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Abschlussbericht zu Personalakten der Fidei-Donum-Priester veröffentlicht. Fidei Donum (Übersetzung: Geschenk des Glaubens) ist der Name einer Koordinationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz, die Auslandseinsätze deutscher Priester begleitet. In den Aktenordnern wurden "Hinweise vermutet", dass der ehemalige Geschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks der katholischen Kirche, Emil Stehle, bei der Vertuschung von sexuellem Missbrauch mitgewirkt haben soll, in dem er half, betroffene Pfarrer im Ausland zu verstecken. So auch im Fall des mittelfränkischen Priesters.
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Der Pfarrer war nach seiner Weihe zunächst im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen eingesetzt und wechselte zum Beginn der 1960er Jahre in eine Kirchengemeinde im Kreis Eichstätt. Ab der Mitte der 60er Jahre war er dann erneut Priester im Kreis Weißenburg-Gunzenhausen und auch Übergangspfarrer in einer nahegelegenen Gemeinde im Kreis Donau-Ries. Wie eine Sprecherin des Erzbistums Eichstätt gegenüber inFranken.de bestätigt, kam es zu dieser Zeit wohl zu Missbrauchsfällen. Die Mediengruppe Bayern hatte Ende Oktober 2022 berichtet, der Geistliche habe sich damals in seinen Pfarreien an Mädchen und jungen Frauen vergangen.
Anschließend wurde er - das ist bestätigt - mit Unterstützung des damaligen Bischofs Alois Brems (1906-1987) als Missionar nach Afrika geschickt. Und das zu einem offenbar nicht zufälligen Zeitpunkt: Denn der fränkische Pfarrer wurde nach der Anzeige durch eine Betroffene von der Polizei gesucht, wie es in dem Abschlussbericht zu den Akten heißt. "Der genaue Tatvorwurf war den Akten nicht zu entnehmen", heißt es im Bericht. Auffällig: In den Akten sollen für den fränkischen Pfarrer "in verschiedensten Schriftstücken unterschiedliche Varianten des Eigennamens genutzt" worden sein. "Es entstand der Verdacht, dass es sich hier um Vorgänge der Codierung handeln könnte. Ein System war nicht erkennbar", ist im Bericht zu lesen.
Katholische Kirche schickte polizeilich gesuchtem Missbrauchspriester in Brasilien Geld
1973 habe Stehle den Priester in Bolivien getroffen, wo dieser einen neuen Arbeitsort gesucht habe. Der Franke sei "einige Zeit in Afrika gewesen und habe irgendwelche Probleme, weshalb er nicht nach Deutschland zurückkehren könne", wird das Gespräch zitiert. Dann habe er den Plan gehabt, sich nach Lateinamerika zu verlagern. Der Erzbischof von São Paulo habe den Geistlichen "jedoch nicht gewollt und ihm keine Arbeitserlaubnis erteilt". Der Grund hierfür wird im Bericht nicht genannt. Stattdessen fand der Missbrauchspriester laut den Akten Arbeit in der brasilianischen Gemeinde Itumbiara. Stehle half ihm offenbar dabei, eine neue Stelle zu finden.
1976 erhielt der Franke dann wohl regelmäßig Geld per Schecks aus dem Bistum Eichstätt, die auf seinen zweiten Namen und seinen Nachnamen ausgestellt wurden - "da es sonst bei der Anweisung an deine Adresse Schwierigkeiten geben könnte", wird ein Brief von Stehle an den Pfarrer zitiert. Auch "Kontrollen vonseiten der Bank" habe man umgehen wollen. 1977 habe der Geistliche dann von seiner Schwester per Brief erfahren, dass sein Fall "wegen vorzeitiger Verjährung abgeschlossen und die Fahndung somit aufgehoben" sei. Mitte der 1980er Jahre kehrte der Mittelfranke deshalb nach Deutschland zurück und war zunächst in der Erzdiözese Freising tätig, bevor er im Anschluss bis 2005 in Roßtal (Landkreis Fürth) die Seelsorger-Funktion übernahm.