Orsay schließt alle deutschen Filialen - Sind die nächsten Modeketten schon in Gefahr?
Autor: Ralf Welz, Daniel Krüger, Agentur dpa
Nürnberg, Mittwoch, 08. Juni 2022
Die Modekette Orsay schließt alle Filialen in Deutschland. Ein Experte geht davon aus, dass bald weitere angeschlagene Unternehmen folgen. "Orsay wird nicht der letzte textile Einzelhändler sein, den es dieses Jahr umhaut", sagt er.
- Orsay verkündet Schließung: Bekannte Modekette Orsay macht alle Filialen dicht
- 197 Standorte und 1200 Beschäftigte betroffen - Firmensprecher erklärt Grund für Aus
- Branchenexperte rechnet indes mit baldigen Schließungen anderer Modeunternehmen
- "Orsay wird nicht der letzte textile Einzelhändler sein, den es dieses Jahr umhaut"
Die bekannte Modekette Orsay wird in Kürze komplett aus den deutschen Fußgängerzonen verschwinden. Die Modekette Orsay schließt sämtliche Filialen in Deutschland - darunter auch sieben Standorte in Franken. Rund 1200 Mitarbeiter haben ihre Kündigung erhalten. Müssen neben Orsay nun auch andere Modegeschäfte schließen? Ein Branchenkenner rechnet fest damit - und nennt dafür gleich mehrere Gründe.
Update vom 08.06.2022: Experte rechnet nach Orsay-Aus mit Schließungen anderer Einzelhändler
Die Modekette Orsay schließt sämtliche Filialen in Deutschland und hat rund 1200 Mitarbeitern gekündigt. "Der Orsay-Filialbetrieb wird Ende Juni eingestellt. Spätestens am 30. Juni ist Schluss, das betrifft alle 197 Filialen", erklärte der Sprecher des Unternehmens, Wolfgang Weber-Thedy, in der vergangenen Woche inFranken.de. Die Branche ist Kennern zufolge in keinem guten Zustand.
Nach dem Aus für die Modekette Orsay geht der Handelsexperte Gerrit Heinemann davon aus, dass die Verkaufsmitarbeiter im Bekleidungshandel nicht mehr gebraucht werden. Wenn sie flexibel seien und etwa Lebensmittel verkaufen wollten, sei ihre Perspektive jedoch gut, sagte der Professor von der Hochschule Niederrhein. Im Handel würden immer Mitarbeiter benötigt.
"Angeschlagene Unternehmen wie Orsay trifft es als erstes, wenn es rau wird. Aber Orsay wird nicht der letzte textile Einzelhändler sein, den es dieses Jahr umhaut", sagte Heinemann der Deutschen Presse-Agentur. Als möglichen Auslöser nennt er gleich mehrere Gründe: Der stationäre Textilhandel habe in der Pandemie viel Umsatz eingebüßt, und die Innenstädte hätten noch nicht das Besucherniveau vor der Corona-Krise erreicht.
"Hinzu kommen zwei Erschwernisse, die eine Erholung des Textilgeschäfts quasi unmöglich machen", sagte Heinemann. Zum einen ein Nachfrageschock durch den Ukraine-Krieg und zum anderen die Lieferkettenprobleme durch die Corona-Politik in China. So könne man nicht planen. Heute wüssten Händler für die bevorstehende Wintersaison nicht, ob ihre Ware wirklich komme.
Durch die Ereignisse gebe es in der deutschen Textilbranche einen Sanierungsbedarf. Die Branche müsse sich neu aufstellen und sich aus der "Abhängigkeitsfalle von China" befreien, sagte Heinemann. Sie müsse wieder näher an der Heimat produzieren, etwa in Nordafrika oder Portugal.