Nürnbergerin warnt vor unterschätzter Gefahr: "Habe mir beim Verwesen zugesehen"
Autor: Lena Büttner
Nürnberg, Sonntag, 16. Juni 2024
Nürnbergerin Mariah ist eine Sepsis-Überlebende. Insgesamt 17-mal erhielt sie die Diagnose - mit gravierenden Folgen. Tiefe Wunden, ein offener Oberkörper und mehr. Gemeinsam mit der Deutschen Sepsis-Stiftung will sie nun Aufmerksamkeit für die unterschätzte Gefahr schaffen.
"Gott sei Dank hatte ich damals nicht die geringste Ahnung von dem, was mir bevorstand. Und so wurden aus Wochen Monate und dann Jahre", erklärt die Nürnbergerin Mariah McKimbrough. 2017 wurde die heute 47-jährige ehemalige Musical-Darstellerin operiert. "Ich habe damals gedacht, es ist ein relativer Routineeingriff und ich werde bald wieder zu Hause sein", erklärt sie im Gespräch mit inFranken.de - doch es kam alles ganz anders.
"Meine Wunden heilten nicht und hatten zu einer Infektion geführt. Und diese wiederum zu einer Sepsis", erläutert sie. Seither sei ihr die Diagnose insgesamt 17-mal gestellt worden. "Viele glauben, Sepsis ist nur einmal." Gegenüber inFranken.de erzählt die 47-Jährige von ihren Wunden, von über 60 Operationen und von ihrem Willen, nicht aufzugeben. Sie will Aufmerksamkeit für die unterschätzte Gefahr Sepsis, die laut Universitätsklinikum Jena inzwischen die dritthäufigste Todesursache in Deutschland darstellt, schaffen.
"War das Schlimmste überhaupt": Nürnbergerin erkrankt 17-mal an Sepsis - heute kann sie nicht mehr arbeiten
Eine Sepsis, im Volksmund meist als Blutvergiftung bezeichnet, ist eine vom eigenen Immunsystem verursachte Organschädigung infolge einer Infektion – bis hin zum Versagen eines oder mehrerer Organe, wie die Barmer berichtet. Sie ist somit der schwerste Verlauf, den eine Infektion nehmen kann. "Jede Sepsis ist ein medizinischer Notfall, bei dem schnell gehandelt werden muss", stellt die Krankenversicherung klar - unabhängig vom Schweregrad. Unbehandelt verläuft eine Sepsis oft tödlich.
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"Natürlich macht das was mental mit einem, wenn man so aus dem Leben herausgerissen wird", so McKimbrough. "Das war für mich das Schlimmste überhaupt, nur ein Termin im Terminkalender der Ärzte zu sein." Zudem spricht sie von einer "tiefen Depression". Heute sei sie meist auf einen Rollator angewiesen, erlebe immer wieder Rückschläge - gesund werde die 47-Jährige nach eigener Aussage nicht mehr. Heute besitze sie einen Pflegegrad, könne nicht mehr arbeiten. In Kürze stehe bereits die nächste Operation an.
Bis 2023 sei ihr Oberkörper aufgrund der vielen Wunden, die nicht heilten, "offen" gewesen. "Ich habe mir beim Verwesen zugesehen", sagt sie. Aktuell habe ihr Oberkörper geschlossen werden können, jedoch sei nicht klar, wie lang dieser Zustand anhält.
"Wir wollen eine Million Euro sammeln": Nürnbergerin will gemeinsam mit der Deutschen Sepsis Stiftung etwas bewegen
"Mich hat niemand über die Folgen von Sepsis aufgeklärt", erinnert sich McKimbrough an ihre Diagnose zurück. Vor dieser sei sie oft von Ärzten nicht ernst genommen worden. "Das ist so eine Todesangst, du bist am Sterben, du spürst das körperlich", so die ehemalige Musical-Darstellerin. Als kulturelle Botschafterin und Artdirector der deutschen Sepsis-Stiftung, zu der sie vor zwei Jahren hinzustieß, wolle sie nun etwas bewirken. "Mein Grund, noch am Leben zu sein, ist es, Aufklärung zu schaffen", ist sie sich sicher.
Mit einem Benefizkonzert zugunsten der Sepsis-Stiftung hat es begonnen, nun seien weitere Projekte - wie Liederzirkel und Musicals in Deutschland - geplant, um Spenden zu sammeln. Hierfür fragt McKimbrough Musicaldarsteller, Schauspieler und Comedians an. Auf der Webseite der Deutschen Sepsis-Stiftung sowie auf McKimbroughs eigener Webseite werden die Termine und Orte bald bekannt gegeben. "Bis nächstes Jahr zum Sepsis-Tag am 23. April wollen wir eine Million Euro sammeln, um eine Hotline einzurichten", diese solle Menschen hinsichtlich Sepsis und eines Sepsis-Verdachts beraten. Zudem wolle die Stiftung den Einsatz von Sepsis-Spezialisten-Teams in Krankenhäusern fördern.