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Nürnberg: Autozulieferer Leoni verkündet schweren Rückschlag - 400-Millionen-Euro-Geschäft geplatzt


Autor: Redaktion, Agentur dpa

Nürnberg, Mittwoch, 14. Dezember 2022

Der angeschlagene Nürnberger Autozulieferer Leoni hatte zur "Gesundung" eigentlich auf den Verkauf seiner Kabelsparte gesetzt. Doch jetzt hat das Unternehmen überraschend verkündet: Der Deal ist geplatzt.
Der Leoni-Standort in Roth sollte an einen thailändischen Investor gehen - doch das Geschäft kommt überraschenderweise nicht zustande.


  • Nürnberger Autozulieferer Leoni wollte Teil des Kabelgeschäfts verkaufen
  • 800 Mitarbeitende am Standort Roth betroffen
  • Business Group Automotive Cable Solutions (BG AM) sollte nach Thailand gehen
  • Käufer springt überraschend ab - Unternehmen kündigt "Durchsetzung seiner Rechte" an 

Der Autozulieferer Leoni aus Nürnberg hatte im Mai 2022 eigentlich den Verkauf seiner Business Group Automotive Cable Solutions (BG AM), bei der das Geschäft mit Spezialkabeln für Autos gebündelt ist, nach Thailand bekannt gegeben. Neben dem Standort in Halver (NRW) seien davon auch 800 Mitarbeitende aus Roth betroffen, hieß es. Das Unternehmen hatte sich 2021 bereits weitgehend von seinem Geschäft mit Industriekabeln getrennt - und bis kürzlich noch viel Hoffnung in den Verkauf gesetzt, um hohe Verluste wieder auszugleichen. Doch jetzt die überraschende Nachricht: Der Deal kommt nicht zustande. 

Update vom 14.12.2022: Kabelsparten-Käufer verweigert Vertragsunterzeichnung - kein Hoffnungs-Deal für Autozulieferer Leoni 

Der bereits beschlossene Verkauf der Kabelsparte des Nürnberger Autozulieferers Leoni ist am Dienstag (13. Dezember 2022) geplatzt. Der potenzielle Käufer, die thailändische Stark-Gruppe, habe die Vertragsunterzeichnung verweigert, teilte Leoni am Dienstag mit.

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Der Verkauf hätte eine Summe von mehr als 400 Millionen Euro in die Kassen des einst angeschlagenen und gerade auf dem Weg der Gesundung befindlichen Nürnberger Kabel- und Bordnetzspezialisten spülen sollen.

Der Verkauf war Teil eines Refinanzierungskonzeptes für Leoni, einem der weltweit führenden Anbieter von Bordnetzen für Autos. Ein Teil der Summe hätte in Absprache mit Banken und anderen Gläubigern zur Tilgung von Schulden dienen sollen. Dies sei Grundlage des bis 2025 ausgelegten Finanzierungskonzeptes gewesen. Die Gläubiger hätten zugestimmt, die zum Jahresende fälligen Kreditlinien zunächst einmal zu verlängern. Das Finanzierungskonzept müsse neu verhandelt werden.

Leoni wirft Unternehmen Vertragsbruch vor - Autozulieferer kündigt "Maßnahmen" an 

Leoni vertritt nach eigenen Angaben die Ansicht, dass der abgesprungene Käufer vertragsbrüchig geworden ist. Die verlangten Änderungen im Kaufvertrag seien so weitreichend gewesen, dass eine Einigung nicht mehr möglich gewesen sei. Leoni werde "alle Maßnahmen zur Durchsetzung seiner Rechte" ergreifen. Eine Vereinbarung mit Stark zur Übernahme der Leoni-Sparte war bereits im Mai unterzeichnet worden.

Die börsennotierte Unternehmensgruppe beschäftigt rund 100.000 Mitarbeiter in 28 Ländern und erzielte 2021 einen Konzernumsatz von 5,1 Milliarden Euro. Leoni bezeichnet sich als Marktführer in Europa für Bordnetze.

Zuletzt hatte das Geschäft vor allem wegen Problemen bei der Beschaffung von Halbleitern gelitten. In den ersten neun Monaten 2022 war bei einem im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf Prozent reduzierten Umsatz von 2,841 Milliarden Euro ein Verlust von 88 Millionen erwirtschaftet worden.

Erstmeldung vom 24.05.2022: Nürnberger Unternehmen Leoni will sich stärker auf Kerngeschäft fokussieren

Leoni beschäftigt rund 100.000 Menschen und erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro. Das Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren branchenbedingt mit Problemen zu kämpfen und musste während der Corona-Pandemie auf staatlich gestützte Kredite zurückgreifen. Auch 2022 ist für das Unternehmen durch die Kriegsfolgen und hohen Preise ein herausforderndes Jahr, wie inFranken.de berichtete.  

Die BG AM verfügt über ein Produktionsnetzwerk mit zehn Standorten in sieben Ländern und rund 3300 Mitarbeitenden, heißt es in einer Pressemitteilung. Am Standort Roth mit rund 800 Mitarbeitenden werden unter anderem kundenspezifische Kabellösungen, Isolierwerkstoffe und Ladekabel gefertigt. Der thailändische Kabelspezialist Stark Corporation werde mit der BG AM nun einen weiteren Teil des Kabelgeschäfts übernehmen.

"Mit der Entscheidung stärken wir unsere Bilanz, unterstützen die laufenden Refinanzierungsgespräche und treiben unsere bekannte strategische Fokussierung auf das Geschäft mit Bordnetzsystemen weiter voran", wird Leoni-CEO Aldo Kamper zitiert. Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Investors sei gewesen, dass er die "Produkte und Services strategisch weiterentwickeln" will und kann und ein "klares Bekenntnis zu den Mitarbeitenden" gebe. Laut Leoni-Pressesprecher Gregor le Claire wolle Stark die moderne Rother "Fabrik der Zukunft" erhalten.  

Refinanzierungskonzept noch nicht abgeschlossen

Laut eigenen Aussagen erzielten die verkauften Aktivitäten im Geschäftsjahr 2021 ein Umsatzvolumen von rund 1,3 Milliarden Euro und werden mit einem Unternehmenswert (Enterprise Value) von 560 Millionen Euro bewertet. Deutlich über 400 Millionen Euro soll der Verkauf in die Kassen des fränkischen Zulieferers spülen.

Um den Verkauf durchführen zu können, stünden noch die Fusionskontroll- und Investitionskontrollfreigaben sowie die Zustimmung durch Finanzierungspartner der Leoni-Gruppe aus. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Leoni AG sowie das Board des Käufers haben dem geplanten Verkauf bereits zugestimmt. Die Ausgestaltung des gesamten Refinanzierungskonzepts sei derzeit noch nicht abgeschlossen, verlautet das Unternehmen außerdem.