Nürnberg: Aurelia (6) kämpft gegen Krebs - "Bitte, lieber Gott, lass es gut ausgehen"
Autor: Ralf Welz
Nürnberg, Montag, 22. November 2021
Die kleine Aurelia aus Nürnberg hat Leukämie. Um das krebskranke Mädchen pflegen zu können, haben die Großeltern ihre Arbeit aufgegeben. Die beiden sind wie Vater und Mutter für die Sechsjährige.
Die kleine Aurelia aus Nürnberg ist an Leukämie erkrankt. Im vergangenen Jahr musste ihr ein Tumor entfernt werden. Doch damit ist ihre Krebserkrankung keineswegs vorbei. Das sechs Jahre alte Mädchen muss sich seitdem einer Chemotherapie unterziehen. Seit über einem Jahr muss sie täglich Tabletten gegen die Krebszellen einnehmen. "Es gibt Tage, an denen es ihr sehr schlecht geht und sie sich sehr schlimm übergibt", erklärt Aurelias Großmutter Christina Stancu inFranken.de.
Die 42-Jährige und ihr Mann ziehen ihre Enkelin wie eine Tochter auf. Ihre leibliche Mutter hat Aurelia verlassen, als diese vier Monate alt war. Aurelias Vater, Christina Stancus Sohn, hat eine geistige Behinderung. Der 25-Jährige muss selbst gepflegt werden. Um sich zu Hause um Kind und Enkelkind kümmern zu können, haben Stancu und ihr Mann jeweils ihren Job aufgegeben. "Ich selbst stoße langsam an meine Grenzen", sagt Stancu.
Mädchen (6) aus Nürnberg hat Leukämie - Leidensweg beginnt mit kleinem Knubbel hinterm Ohr
Der lange Leidensweg der Sechsjährigen beginnt Anfang 2020: Aurelia klagt über eine störende Stelle hinter ihrem Ohr. Der dortige kleine Knubbel erweist sich letztlich als Tumor. Im Klinikum Nürnberg wird das krebskranke Kind umgehend operiert. Rund acht Monate muss das kranke Kind stationär behandelt werden. Die anschließende Chemotherapie setzt Aurelia mitunter sehr zu. Besonders schlimm: Der damit verbundene Haarausfall. "Ihre Haare waren ihr Ein und Alles", erinnert sich Aurelias Oma. "Sie hat dann selber gesagt: 'Was ist mit mir? Irgendwas stimmt nicht mit mir. Wieso habe ich keine Haare mehr?'"
Vor ihrer Krankheit hatte Aurelia nach Schilderung ihrer Oma schöne lange Haare. "Während der Therapie sah sie sehr, sehr schlimm aus", sagt Stancu. "Inzwischen sind wieder etwas Haare nachgewachsen." Der Gesundheitszustand des erkrankten Mädchens bleibt indes wechselhaft. Je nachdem, wie hoch ihre Krankenwerte sind, muss die Dosis ihrer Medikamente entsprechend angepasst werden. "Wenn sich die Medikamente ändern, ist ihr Zustand oft kritisch", hält Stancu fest. "Dann geht ihre Übelkeit wieder los, weil ihr Immunsystem noch sehr schwach ist."
Seit drei Monaten besucht Aurelia sporadisch einen Kindergarten - sofern dies ihr Körper zulässt. In ihrer Gruppe sind außer ihr nur wenige andere Kinder, "Wegen ihrem Immunsystem ist es noch nicht möglich, dass sie in eine normale Gruppe mit vielen Kindergartenkindern kommt", erklärt Stancu. Die Pandemie erschwert die Umstände zusätzlich. "Durch Corona ist das jetzt doppelt schwierig aufzupassen, dass bloß nichts passiert." Aurelias Arzt rate dennoch, das Mädchen nicht vollkommen zu isolieren, berichtet die 42-Jährige. "Sonst kommen vielleicht noch psychische Probleme hinzu. Dann wäre alles noch negativer."
"Als Aurelia die Haare ausfielen, hat er gerufen: Sie stirbt, sie stirbt"
Aurelias leiblicher Vater ist von der Krankheit seiner Tochter indes schwer gezeichnet. Der 25-Jährige, der eine geistige Behinderung ist, kann die Erlebnisse offenbar nicht verarbeiten. "Als Aurelia die Haare ausfielen, hat er gerufen: Sie stirbt, sie stirbt." Auch Christina Stancu weiß lange Zeit nicht, wie sie auf das Schicksal ihrer Enkeltochter reagieren soll. "Krebs gab es bis dahin in unserer Familie nicht", erzählt sie. "Ich habe immer nur gesagt: Bitte, lieber Gott, lass es gut ausgehen. Mach, dass es gut ausgeht." Momentan sei ihr Zustand "halbwegs im Rahmen". "Es könnte besser sein. Es könnte aber auch schlechter sein", schildert die Großmutter die aktuelle Verfassung ihrer Enkelin.
Sorgen bereitet Christina Stancu und ihrem Mann unterdessen vor allem die finanzielle Situation. "Ich kann keinen Job annehmen", schildert die 42-Jährige ihre aktuelle Lage. Ihr Ehemann arbeitet ebenfalls nicht mehr - der 41-Jährige pflegt den gemeinsamen Sohn. "Dadurch ist es uns nicht möglich zu sagen: Okay, wenigstens einer von uns arbeitet." Die Folge: "Finanziell ist es so, dass wir immer knapp bei Kasse sind." Hauptgrund ist Stancu zufolge vor allem die neue Wohnung, in der die vierköpfige Familie seit vergangenem Jahr lebt. "Das Pendeln ging auf Dauer nicht mehr."