Erstmals nach 1992 dürfen im Sommer 2015 wieder Besucher auf den Nürnberger Fernsehturm. Jedoch nur 300 und nur an einem einzigen Tag. Das verkündete Finanzminister Markus Söder am Freitag in luftiger Höhe. Dazu gab`s tolle Impressionen von Nürnberg von oben.
Ein bisschen Show muss sein, weil sich der Finanzminister gar so freut: Es gibt Neuigkeiten in Sachen Fernsehturm. Deshalb posiert Markus Söder, nachdem er die Zukunftspläne für das Bauwerk im ehemaligen Drehrestaurant verkündet hat, bei einem kleinen Ausflug auf die Antennenplattform in 200 Metern Höhe und in James-Bond-Manier fürs Pressefoto. Der Wind pfeift um die Kurven und die Aussicht auf Nürnberg und das Umland ist einfach grandios: Davon sollen sich künftig wieder Besucher überzeugen können.
Allerdings nur 300 und nur einmal im Jahr - und schon gar nicht auf der den Technikern vorbehaltenen Plattform ohne Absperrung, sondern im guten, alten Drehrestaurant. Das liegt mit 189,10 Metern aber auch noch schwindelerregend hoch und gibt Blicke frei, die digitalisierte Landkarten nicht ersetzen können.
1980 wurden Restaurant und Aussichtsplattform eröffnet und waren ein beliebtes Ausflugsziel. Auch Hochzeiten und Silvesterbälle wurden dort gefeiert; die Mutter von Finanzminister Söder, erzählt der Sohn, lud ihre Familie gern zum Geburtstag in den Fernsehturm ein. Nicht nur deshalb hat Söder eine gewisse Beziehung zum "Nürnberger Ei", wie das Bauwerk wegen seiner Form gern genannt wird - er wuchs in direkter Nachbarschaft auf. "Als Kind habe ich durchs Dachfenster auf der einen Seite den Quelle-Turm gesehen und auf der anderen Seite den Fernsehturm." Oft genug war er früher heroben und bezeichnet den Turm als eine Art Wahrzeichen von Nürnberg, ein Stück Heimat.
Dieses Stück Heimat ist jedoch schon lange verloren gegangen. Das Restaurant war wegen der hohen Unterhaltskosten allein für die technischen Einrichtungen nie rentabel, weshalb nach mehreren Pächterwechseln der Betrieb 1992 eingestellt wurde.
Seitdem steht der Fernsehturm, auch "Nürnberger Ei" genannt, stumm vor sich hin. Zwar wird er von der Telekom-Tochter "Deutsche Funkturm" als Antennenträger für Fernsehen und Radio genutzt und vermietet, für die Öffentlichkeit blieb er seit 22 Jahren geschlossen. Original erhalten ist der Eingangs- und Kassenbereich mit alten Plakaten und Raufasertapeten. Dahinter liegen die Aufzüge, von denen einer stillgelegt wurde, der zweite ausschließlich von Technikern genutzt wird. Allein Wartung und Betrieb für den Aufzug würden bis zu 90.000 Euro im Jahr kosten. Außerdem können nur fünf Personen auf einmal transportiert werden und dürfen sich aus Brandschutzgründen höchstens 294 Personen in der Aussichtsplattform aufhalten.So ist man in früheren Zeiten nie auf die 300.000 Besucher gekommen, die pro Jahr für einen einigermaßen wirtschaftlichen Betrieb nötig gewesen wären - bestenfalls war es die Hälfte.
Trotzdem gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Pläne für eine neue Nutzung, die an die Deutsche Funkturm oder die Stadt Nürnberg herangetragen wurden. Aber ob die Idee Ausstellungsraum, Diskothek, Nobelrestaurant oder Spielbank hieß: Alle scheiterten an den Kosten.
Richtig Bewegung kam erst im vergangenen September in die Sache. Bürger und Bürgerinitiativen aus Schweinau, dem Stadtteil und Standort des Fernsehturms, wandten sich an den Finanzminister. Vielleicht, so war ihre Hoffnung, könne gerade das Nürnberger Urgewächs Söder doch noch etwas für die Wiederbelebung des Turm tun. Und Söder tat. "Ich habe mich selbst jahrelang über den Stillstand am Fernsehturm geärgert", sagt er und stellte im vergangenen September einen Prüfantrag ans Staatliche Bauamt. Es sollte klären, ob der Fernsehturm wieder für die Bürger zugänglich gemacht werden kann.
Am Freitag stellte Söder das Prüfergebnis der Presse vor: Keine Chance. Allein zwölf bis 14 Millionen Euro würde es kosten, um den Turm zu modernisieren und Investoren anbieten zu können. "Da war ich fast am Verzweifeln", sagte Söder, der dem "Ei" unbedingt eine Chance geben wollte. Die kam schließlich in Form einer Kooperation zwischen Söders Nürnberger Heimatministerium und der Deutschen Funkturm: Bei einem "Tag des Denkmals" wird der Fernsehturm im Sommer 2015 nach vorheriger Anmeldung für 300 Interessenten zugänglich gemacht. Ein genauer Termin steht noch nicht fest, wird aber wegen der Anmeldefrist rechtzeitig bekannt gegeben.
Geplant ist, im Umfeld des Eingangsbereichs Infostände, eine kleine Ausstellung und Gatronomie aufzubauen. Die Besucher erhalten vor ihrer Fahrt nach oben eine kleine technische Einweisung für das Verhalten im Not- oder Brandfall. Dann dürfen sie - immer nur fünf - mit dem Aufzug hinauf ins ehemalige Restaurant, in dem vom früheren Charme nichts mehr übrig ist - nackter Betonboden und ein paar Kabel an den Wänden. Das tut dem Zweck des Besuchs aber keinen Abbruch: Die Aussicht ist rundherum grandios, zumal an einem so sonnigen Vormittag wie bei der Pressekonferenz am Freitagvormittag. Auch oben ist eine Ausstellung mit Luftbildern und digitalen Karten sowie der Digitalisierung Bayerns geplant. Wenn das Pilotprojekt im nächsten Sommer funktioniert, kann der Tag der offenen Tür eine feste Einrichtung werden.