Cannabis-Legalisierung: Nürnberger Suchthilfe sieht besseren Jugendschutz - "der richtige Weg"
Autor: Clara Maria Wimmer
Nürnberg, Donnerstag, 17. August 2023
Die Nürnberger Drogenhilfe Mudra hält die Cannabis-Legalisierung für lange überfällig - auch aus Jugendschutzsicht. Doch der Gesetzentwurf der Ampel geht den Suchtexperten nicht weit genug.
- Nürnberger Drogenhilfe Mudra begrüßt Cannabis-Legalisierung
- Kritik an bisheriger "Verbotspolitik" - "Problem ist nicht der Konsum"
- "Weitreichendere Schritte gewünscht": Mudra über Gesetzentwurf
- Chancen für Jugendschutz - "sinnvolle Präventionsmaßnahmen"
Das Bundeskabinett hat den Gesetzesentwurf zur geplanten Cannabis-Legalisierung auf den Weg gebracht. Doch nicht überall trifft diese Entscheidung auf Zustimmung. So spricht der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, von einem "Anschlag auf den Jugend- und Gesundheitsschutz in Deutschland". Der Nürnberger Verein Mudra für Jugend- und Drogenhilfe sieht das völlig anders. "Wir stehen dem neuen Gesetz insgesamt sehr wohlwollend gegenüber", erklärt Bereichsleiter Rossano Della Ripa.
"Problem ist nicht der Konsum an sich": Nürnberger Suchthelfer befürworten Cannabis-Legalisierung
Insgesamt sei der geplante Gesetzentwurf "sicherlich der richtige Weg, die gescheiterte Cannabispolitik zu handhaben", erklärt Della Ripa. "Der Weg der strafrechtlichen Verfolgung und Verbotspolitik war aus vielerlei Gründen sehr undankbar." Zunächst betreffe die Kriminalisierung zu einem "sehr großen, überwiegenden Teil" die Konsumenten und Konsumentinnen, "und nicht, wie man vielleicht zur Einführung dachte, die 'großen Fische'", so der Soziologe. Man müsse sich fragen, "ob - selbst, wenn jemand auf Bewährung ist - eine Kleinstmenge an Cannabis reichen soll, um ins Gefängnis zu kommen."
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Nach aktuellem Rechtsstandard gebe es keine frei verfügbare Eigenmenge, die zur Straffreiheit führe. "Die Menge unterscheidet nur die Härte der Bestrafung", so Della Ripa. "In den meisten Fällen folgt noch ein Eintrag bei der Führerscheinstelle - auch, wenn man nicht unter Einfluss gefahren ist, wird man verwaltungsrechtlich überprüft, man kann die Fahrerlaubnis verlieren bis hin zu einer ordentlichen Kündigung, sollte man beispielsweise verbeamtet sein", erklärt Della Ripa.
Das stehe "nicht im Verhältnis zur Handlung als solche", kritisiert er. Das Problem sei ausdrücklich "nicht der Konsum an sich, sondern wie man damit umgeht", so die langjährige Erfahrung der Drogenhilfe in Nürnberg. Gleichzeitig hätte man sich beim neuen Cannabis-Gesetz noch "weitreichendere Schritte gewünscht", sagt Della Ripa gegenüber inFranken.de. Viele Fragen würden mit dem neuen Gesetz nur zum Teil beantwortet.
"Ich weiß nicht, woher diese Angst kommt": Mudra sieht Verbesserungen im Jugendschutz
Das betreffe vor allem die Produktions- und Verteilregelungen. "Reicht eine Mitgliedschaft in einem Cannabis Social Club oder der Eigenanbau tatsächlich?", fragt sich der Suchthelfer. Was der neue Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung diesbezüglich vorsieht, liest du hier. Das Resultat könne etwa sein, dass der Schwarzmarkt sich zum Teil halte. "Ich bin da sehr skeptisch", sagt Della Ripa. Auch Fragen wie der Umgang mit Cannabis, das nicht nachweislich aus Social Clubs oder dem Eigenanbau stamme sowie diesbezügliche Kontrolle, blieben offen.
Durch den unregulierten Schwarzmarkt werde Cannabis verkauft, das viel zu potent sei, verschmutzt sei mit Streckmitteln oder Giftstoffen, die zum Anbau benutzt werden. Ein großes Problem sehe die Mudra "auch in synthetischen Cannabinoiden" - aktuell wisse niemand genau, was er überhaupt zu sich nehme. Es mache "keinen Sinn", die "Konsumierenden dieser Gefahr auszusetzen". Eine der größten Fragen sei der Jugendschutz. "In der Debatte um die Gesetzgebung zu Cannabis wird ja andauernd aus der Sicht des Jugendschutzes argumentiert. Aber wo soll aktuell der Jugendschutz überhaupt sein?", so Della Ripa.