21-Jähriger aus Franken war "Kopf der Bande": Bundesweit agierende WhatsApp-Betrüger aufgeflogen

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Nürnberg: Betrug mit WhatsApp-Nachrichten - Schlag gegen bundesweite Bande
WhatsApp Betrugsmasche "Hallo Mama, hallo Papa, ich habe eine neue Telefonnummer": Der Nürnberger Kriminalpolizei ist ein Ermittlungserfolg gegen eine bundesweit agierende Betrügerbande ...
Nürnberg: Betrug mit WhatsApp-Nachrichten - Schlag gegen bundesweite Bande
Karl-Josef Hildenbrand/dpa (li.), Stefan Lutter/inFranken.de (Screenshot, re.), Collage: inFranken.de

Im Fall von bundesweit aktiven WhatsApp-Betrügern meldet die Kriminalpolizei Nürnberg einen Ermittlungserfolg. Die Beamten haben zahlreiche Taten aufklären können, die ihre Opfer um insgesamt 370.000 Euro gebracht haben sollen. Der Kopf der Bande, ein 21 Jahre alter Nürnberger, sitzt in Untersuchungshaft.

Der Kriminalpolizei Nürnberg ist ein Schlag gegen bundesweit agierende WhatsApp-Betrüger gelungen, die mit Nachrichten wie "Hallo Mama, hallo Papa, ich habe eine neue Telefonnummer" zahlreiche Menschen um Geld gebracht haben.

Das teilt die Polizei Mittelfranken am Dienstag, 23. April 2024, mit. Demnächst konnten die Kriminalbeamten in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth bundesweit 76 Betrugsfälle klären, welche der Bande zugeordnet werden können. Die Betrüger verursachten durch die zwei Betrugsmaschen einen Vermögensschaden in Höhe von über 370.000 Euro. Whatsapp-Betrug kommt immer häufiger vor - und erfolgt oft nach dem gleichen Schema.

Nürnberg: Bundesweit aktive WhatsApp-Betrüger geschnappt - so gingen die Täter vor

Bereit seit Anfang 2023 ermittele das Kommissariat 47 des Kriminalfachdezernats 4 in Nürnberg gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen bandenmäßigen Betrugs gegen eine mindestens sechsköpfige Betrügerbande. Diese hätten WhatsApp-Betrügereien sowie Taten, in denen sie sich als falsche Bankmitarbeiter ausgaben, begangen, so die Polizei. Zur Bewältigung der umfangreichen Tatkomplexe sei eine Ermittlungskommission "EKO Geist" beim zuständigen Fachkommissariat gebildet worden.

Wie die Ermittlungen zeigten, unterhielt die Bande ein Netzwerk aus mindestens 50 Finanzagenten, die ihre Bankkonten für "inkriminierte Geldströme" zur Verfügung stellten - Transaktionen also, die Straftaten zugeordnet werden. Unter "Finanzagenten" sind Personen zu verstehen, die durch die Betrüger - oftmals über soziale Netzwerke - angeworben werden und die ihre eigenen, legal bestehenden Bankkonten für die Straftaten zur Verfügung stellen. Hierzu übergaben diese nicht selten ihre Bankkarten samt PIN an die Bande. Für die Bereitstellung der Konten wurden die Finanzagenten monetär entlohnt. Mit diesen beiden Betrugsmaschen war die Bande laut Polizei erfolgreich:

  • WhatsApp-Betrug: Hierbei handelt es sich um einen organisierten Überweisungsbetrug. Die Opfer werden per SMS oder WhatsApp kontaktiert. Dabei geben sich die Täter als leibliches Kind der Geschädigten aus und teilen mit, dass ihr Handy defekt wäre und sie deshalb eine neue Rufnummer hätten. Meist beginnt der Kontakt mit der Formulierung "Hallo Mama, hallo Papa, ich habe eine neue Telefonnummer". Im weiteren Verlauf des Chats werden die Geschädigten gebeten, für das vermeintliche Kind Rechnungen zu begleichen. Dies wäre aktuell nicht möglich, da aufgrund des defekten Handys kein Zugriff auf das Onlinebanking möglich wäre. Den Geschädigten wird versprochen, dass sie das Geld umgehend zurückbekommen. Wenn die Angerufenen einwilligen, Rechnungen zu begleichen, werden ihnen die Kontodaten von zuvor angeworbenen Finanzagenten als Zahlungsempfänger mitgeteilt. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis die Geschädigten schließlich Verdacht schöpfen und weitere Überweisungen einstellen.
  • Falscher Bankmitarbeiter: Die Geschädigten werden hier von einem Täter kontaktiert, der sich als Mitarbeiter der Bank ausgibt, bei der das Opfer ein Konto hat. Zu diesem Zeitpunkt haben die Täter bereits Zugriff auf das Konto der Geschädigten, da die Zugangsdaten zum Onlinebanking bereits im Vorfeld meist über "Phishing" erlangt wurden. Das Betrugsopfer wird durch geschickte Gesprächsführung dazu veranlasst, vom Täter in Auftrag gegebene Zahlungen im TAN-Verfahren freizugeben. Lediglich das TAN-Verfahren hält die Täter zu diesem Zeitpunkt davon ab, die Überweisungen ohne Mitwirken des Geschädigten auszuführen. In einigen Fällen gelang es den Tätern im Telefonat, Zugang zum TAN-Verfahren zu erlangen. Ab diesem Zeitpunkt hatten die Täter uneingeschränkten Zugriff auf das Konto der Geschädigten und konnten ohne deren Mitwirken Überweisungen tätigen.

Über 16.000 SMS in 10 Tagen verschickt 

Die Überweisungen, die bei beiden Vorgehensweisen zustande kamen, wurden per Echtzeitüberweisung getätigt, sodass der Betrag umgehend auf dem Konto der Finanzagenten gutgeschrieben wurde. Direkt nach Geldeingang wurde das Geld in bar abgehoben oder auf ein weiteres Konto überwiesen, sodass Rückforderungen der Überweisungen in vielen Fällen erfolglos blieben.

In weiteren Details zu den Fällen erklärt die Polizei Mittelfranken, dass die Bande den Ermittlungen zufolge innerhalb von zehn Tagen über 16.000 "Anbahnungs-SMS" an mögliche Geschädigte mit dem bekannten Inhalt verschickt hätten ("Hallo Mama, hallo Papa, mein Handy ist kaputt. Dies ist meine neue Nummer..."). Diese Nachrichten dienten als Einstieg oder Erstkontakt und sollten die Geschädigten dazu bewegen, über WhatsApp mit dem "falschen Kind" in Kontakt zu treten.

Die ermittelten Bandenmitglieder warben nachweislich Finanzagenten im gesamten Bundesgebiet an. Die Geschädigten der Betrugstaten sind ebenfalls im gesamten Bundesgebiet sowie im deutschsprachigen Ausland ansässig.

Kopf der Gruppierung in Zug festgenommen: Haftbefehl gegen 21-Jährigen aus Nürnberg

"Kopf der Gruppierung" sei laut Polizei ein 21-Jähriger mit Wohnsitz in Nürnberg. Gegen ihn sei durch das Gericht ein Haftbefehl erlassen worden. Ermittler nahmen den Mann bereits am 21. November 2023 in einem Zug im Würzburger Raum fest, heißt es in Mitteilung: "Anlass der Kontrolle war, dass er keinen gültigen Fahrschein vorweisen konnte."

Die Ermittlung seiner Identität konnte nur über seinen Fingerabdruck geklärt werden, da er bis zu seiner Festnahme eine falsche Identität nutzte. Der 21-Jährige befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.

Die Ermittlungen zu weiteren Mitgliedern der Betrugsbande laufen unterdessen weiter. Gegen die sogenannten Finanzagenten leiteten die Beamten Strafverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche ein.