"Altdorfs vergessene Kinder": Warum ein ganzer Ort in Franken plötzlich kein Handy-Netz mehr hat

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Die Netzabdeckung in Deutschland lässt zu Wünschen übrig. Doch in Unterrieden bei Nürnberg geht seit ein paar Wochen gar nichts mehr und die Einwohner fühlen sich im Stich gelassen.

Beim Thema Netzabdeckung gilt Deutschland seit Jahren international als Entwicklungsland. Dass die rund 500 Einwohner des Altdorfer Ortsteils Unterrieden seit Wochen keinen oder kaum Handy-Empfang haben, liegt jedoch an einem anderen Problem.

Seit Ende Juni ist das Mobilfunknetz in dem Ort im Nürnberger Land zusammengebrochen, erst seit wenigen Tagen haben einige Einwohner wieder etwas Empfang, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. 

Mit dem Auto zum Telefonieren: Groteske Szenen in Unterrieden

Da einige Bürger und Bürgerinnen kein Festnetz mehr besitzen, sei es teils zu "grotesken" Szenen gekommen. "Ich bin draußen im Garten herumgelaufen wie vor 20 Jahren, um Netz zu bekommen. Die Gespräche sind aber abgebrochen", erzählte ein Einwohner dem BR. Andere seien mit dem Auto aus dem Ort heraus gefahren, um zu telefonieren.

Doch warum ist der Mobilfunk plötzlich ausgefallen? Dazu hatten die Anwohner erstmal keine Antwort erhalten. "Man fühlt sich von den Dienstleistern im Stich gelassen", betont ein Anwohner. "Man fühlt sich vernachlässigt. Wir sind irgendwie Altdorfs vergessene Kinder", ergänzt ein anderer.

Wie sich später herausstellte, hängt der Mobilfunk-Ausfall mit den Bauarbeiten an der nahen A6 zusammen: Ein Stromkabel wurde gekappt, zwei Mobilfunkmasten fielen deshalb aus. Laut BR werden mittlerweile Notstromaggregate betrieben, um die beiden Masten zu versorgen. Denn: Bis das Netz wieder normal mit Strom versorgt werden kann, sollen noch Monate vergehen. Über den Fall berichtet der BR auch in der Frankenschau vom 10. August 2023.

Deutschland hinkt beim Netzausbau weiter hinterher

Doch selbst, wenn keine Bauarbeiten und Unfälle zum Ausfall des Mobilfunks führen: Deutschland hat weiterhin Probleme bei der Netzabdeckung. Bei der 4G-Frequenzauktion 2019 hatten sich die Firmen verpflichtet, bis Ende 2022 in 500 "weißen Flecken" in Deutschland neue Funkstationen zu bauen und damit dort endlich Empfang zu ermöglichen.

Doch ein Bericht der Bundesnetzagentur zeigte Ende des vergangenen Jahres, dass die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica längst noch nicht so weit sind. Die Netzbetreiber begründen die Lage laut dpa unter anderem mit der schwierigen Standortsuche und mit langwierigen Genehmigungsverfahren.

Diese macht auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger für die Probleme verantwortlich: Er beklagt ein Regelungschaos beim Aufbau einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung in Deutschland. Bayern komme beim Ziel einer vollständigen Netzabdeckung trotz eigenen Millionen-Förderprogramms zäher voran als gewünscht, hatte Aiwanger im Juli der Augsburger Allgemeinen gesagt.

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"Wir haben aktuell eine Abdeckung von etwa 90 Prozent, und das müssten 99 oder 100 Prozent werden", betonte Aiwanger. "Aber wir kommen mit den bayerischen Maßnahmen nur bedingt vorwärts, weil, sobald nur einer der Mobilfunkanbieter ein Gebiet abdeckt, darf ich als Staat dort keine weiteren Masten fördern", kritisierte er. Förderung sei nur da zulässig, wo gar keiner der Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica vor Ort sei.

"Wir haben in Bayern den wohl besten Ausbauzustand in Deutschland." Er sei aber nach wie vor nicht zufrieden, sagte Aiwanger. Zumindest bei Aiwangers zweitem Punkt dürften die Einwohner von Unterrieden ihm zustimmen. rowa/mit dpa

Vorschaubild: © Karl-Josef Hildenbrand/Roberto Pfeil/dpa