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Neustadt am Main: Gewalt gegen Rettungskräfte - Feuerwehrmann mit emotionalem Facebook-Post


Autor: Alexander Milesevic

Neustadt am Main, Freitag, 30. Juni 2023

Menschen in Not zu helfen, ist für Feuerwehrmann Peter Gowor und seine Kollegen Ehrensache. Dabei werden sie allerdings häufig angefeindet. Attacken, Drohgebärden und Tätlichkeiten gegen die Einsatzkräfte seien laut ihm keine Seltenheit mehr. Auf Facebook hat Gowor deshalb mit einem Post auf die Situation aufmerksam gemacht.


Sie werden beschimpft, angepöbelt, ihren Anweisungen wird keine Folge geleistet und sogar mit Anzeigen wird ihnen gedroht. Feuerwehrleute, die nur ihren Job machen, sind häufig das Feindbild vieler Autofahrer. Das kennt auch Peter Gowor. In einem Facebook-Post platzt dem Kommandanten der Feuerwehr Neustadt am Main nun der Kragen. 

Das konkrete Beispiel ist in seinem Kopf immer noch präsent, obwohl es nur eines von vielen ist. "Es ist Freitagnachmittag 15.06 Uhr, es heult in Neustadt die Sirene, die Melder piepen die Handyalarmierung zeigt an: 'Verkehrsunfall PKW THL 3, Person eingeklemmt', der Blutdruck geht hoch man lässt alles stehen und liegen, eilt zum Feuerwehrhaus, um anderen in Not zu helfen." Auf dem Weg zum Einsatzort bekommen die Feuerwehrleute dann die Anweisung, eine Vollsperrung einzurichten. Damit sollen die anderen Einsatzkräfte und die Unfallbeteiligten geschützt werden. 

"Es gibt kein Verständnis " - Feuerwehrmann Gowor erzürnt über mangelndem Respekt

Eine Maßnahme, die bei Autofahrern offensichtlich auf Unverständnis stößt. "Es gibt kein Verständnis. Verkehrsschilder spielen keine Rolle, denn die Regeln des schlechtgelaunten Menschen uns gegenüber sind sein Gesetz. Was soll das? Geht es noch?", fragt Gowor erzürnt. "Was sollen wir uns denn eigentlich noch alles gefallen lassen? Sind wir die verbalen Prügelknaben für die, die nicht wissen, wohin Sie mit Ihrem Ego sollen? 

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Wie er betont, wird damit Menschen in Not geholfen und sie werden geschützt. Es geht nicht darum, andere Menschen zu ärgern. "Wir sind Menschen, die alles auch für Euch stehen und liegen lassen, um Euch zu helfen, wenn Ihr uns von den Blaulichtorganisationen braucht", so Gowor.

Auch die Kreisbrandinspektion Main-Spessart kennt die Vorfälle. Attacken, Drohgebärden und Tätlichkeiten gegen Feuerwehrleute "sind leider inzwischen keine Seltenheit mehr" und "nehmen an Schärfe und Intensität zu", heißt es in einer Pressemitteilung. 

Vorfälle "nehmen an Schärfe und Intensität zu"

"Unsere Helfer sind ehrenamtlich tätig und gehen bei Einsätzen oft an physische und psychische Grenzen, das tun sie, ohne zu hinterfragen, wer da Hilfe benötigt, ohne Vorbehalte und schon gar nicht wenn offensichtlich ist das manche Einsätze mit Absicht herbeigeführt werden", heißt es von der Brandinspektion weiter. "Verlieren die Helfer erst ihre Motivation zu helfen, weil sie von solchen Attacken immer wieder zum Nachdenken gezwungen werden, wird bald niemand mehr da sein der freiwillig, Tag und Nacht seine Zeit opfert."

Von der Kreisbrandinspektion Main-Spessart und in den Kommentaren seines Facebook-Posts erhält Peter Gowor viel Zustimmung. "Er spricht uns aus der Seele. Warum wird Ehrenamt so wenig wertgeschätzt!", fragt eine Userin. "Wirklich traurig! Macht trotzdem weiter! 90% der Menschen wertschätzen eure Arbeit und 10% regen sich über alles, immer und überall auf … Macht es bitte weiterhin für die „guten“ 90% …" schreibt ein anderer Nutzer. Viele weiteren sprechen ebenfalls ihren Respekt und Dankbarkeit gegenüber Gowor und seinen Kollegen aus und warnen davor, dass Ehrenamtler die Lust an ihrer Tätigkeit verlieren könnten.

Dabei ist die Anzahl der Gewaltdelikte gegenüber Feuerwehrleuten und anderen Rettungskräften nicht angestiegen. Das belegt eine Studie der Ruhr Universität Bochum aus dem Jahr 2017, welche die "Gewalt gegen Einsatzkräfte der Feuerwehren und Rettungsdienste in Nordrhein-Westfalen“ untersucht. Dazu zählt in der wissenschaftlichen Arbeit aber nicht nur physische Gewalt, sondern auch beispielsweise auch das fehlende Verständnis für Straßensperrungen wegen eines Einsatzes. Für den Vergleich diente die Studie "Gewalt gegen Rettungskräfte" aus dem Jahr 2011. Die Autoren vermuten aber eine hohe Dunkelziffer nicht angezeigter Fälle von Gewalt. Die Fälle und die Intensität der Anfeindungen bleiben deshalb häufig im Verborgenen.

Studie zu Gewaltdelikten gegen Rettungskräfte geht von hoher Dunkelziffer aus

Zuletzt standen Angriffe auf Einsatzkräfte im Zuge der Diskussion über die Vorfälle an Silvester in Berlin im Fokus. In der Silvesternacht hatte es laut einem Medienbericht bundesweit mindestens 282 Angriffe auf Einsatzkräfte der Polizei und der Feuerwehr gegeben. Ein Thema, über das in der Folge auch im Bundestag debattiert wurde. 

Auch Gaffer sorgen immer wieder für Ärger und ignorieren die Bitte und Anweisungen der Einsatzkräfte, wie zuletzt im fränkischen Thüngersheim. Peter Gower wünscht sich mehr "Respekt und Menschlichkeit" gegenüber den Einsatzkräften. "Wir werden wieder zum Einsatz fahren, wenn Menschen in Not sind", betont er. "Aber wie lange noch, wenn man sich uns gegenüber so respektlos verhält."