Der alte Traktor: Die beiden Lichtenfelser Karl-Heinz Stöckert und Horst Göring genießen es, in Lost Places den Charme der Vergänglichkeit für immer festzuhalten. Foto: Horst Göring
Karl-Heinz Stöckert und Horst Göring genießen es, in Lost Places den Charme der Vergänglichkeit für immer festzuhalten.
"Wenn du einmal drinnen bist, dann lässt dich das nicht mehr los. Das ist wie eine Sucht." Karl-Heinz Stöckert aus Trieb ist ebenso wie sein Fotofreund Horst Göring aus Klosterlangheim fasziniert von sogenannten Lost Places. Ein bis zwei mal im Monat, meist am Sonntag, starten die beiden ihre Entdeckungsreisen zu den geheimnisvollen, "verlorenen Orten".
Lost Places bedeutet sinngemäß "vergessene Orte". Gemeint sind damit außergewöhnliche, verlassene Orte. Meistens handelt es sich, laut Wikipedia, um Bauwerke aus der jüngeren Geschichte, die entweder noch nicht historisch aufgearbeitet (oder erfasst) worden sind oder aufgrund ihrer geringen Bedeutung kein allgemeines Interesse finden. Die Faszination dieser Orte liegt gerade in dieser Ursprünglichkeit und in den Geschichten, die sie erzählen.
Lost Places-Fotografen: Schönheit des Verfalls fasziniert
"Es ist die Schönheit des Verfalls, die uns fasziniert. Man kommt irgendwo hin. Da wächst schon das Moos auf den Mauern, da wachsen Bäume heraus. Dann stellt man sich vor, wie das früher wohl hier ausgesehen haben mag, wie die Menschen damals gelebt haben. In manchen Fabrikgebäuden denkt man, die Arbeiter hätten gerade erst aufgehört zu arbeiten, obwohl der Ort seit über 20 Jahren unberührt ist", schwärmt Horst Göring.
Es ist eine moderne Entdeckungsreise in vergangene Zeiten, die die beiden unternehmen. Interessant ist auch der zeitliche Vergleich. "Wenn man nach mehreren Jahren dieselbe Location erneut aufsucht, stellt man fest, wie der Zerfall fortgeschritten ist. Im schlimmsten Fall wurde die Location inzwischen zerstört. Das macht traurig", fährt Horst Göring fort.
Den größten Teil der Vorbereitungen machen die Recherchearbeiten aus. Die beiden stöbern im Internet, den entsprechenden Communitys, vertrauen auf Insidertipps und Veröffentlichungen in Zeitungen. Die wichtigste Frage vorab lautet, wie kommt man zunächst einmal in die Location. Gibt es einen Ansprechpartner? "Wir versuchen immer einen Verantwortlichen ausfindig zu machen, um zu fragen, ob wir rein dürfen, wir dort fotografieren dürfen?", erklärt Karl-Heinz Stöckert.
Fotografen bewegen sich in rechtlicher Grauzone
Dabei gilt der Grundsatz "Verschlossen ist verschlossen". Dennoch bewegen sich Fotografen hier in einer rechtlichen Grauzone, wenn sich kein Eigentümer oder Verantwortlicher finden lässt. "Wir verändern an Ort und Stelle nichts, machen nur unsere Bilder. Das einzige, was wir hinterlassen, sind unsere Fußspuren. Leider gibt es da in der Szene auch schwarze Schafe, die Dinge verändern oder gar mitnehmen. Oft haben auch Sprayer diese Lost Places für sich entdeckt. Es gibt gute Graffitis, da lohnt es sich sogar so etwas im Bild festzuhalten. Leider sieht man meistens nur Geschmiere. Symbole wie Hakenkreuze oder ähnliches kann man ja in der Nachbearbeitung entfernen", meint Karl-Heinz Stöckert.