Der ehrenamtliche Versichertenberater Wolfgang Haas findet es schade, dass viele Sozialwahl-Unterlagen im Papierkorb landen - und erklärt, worum es geht.
Die meisten der Wahlunterlagen für die anstehende Sozialwahl werden im Papierkorb landen. Das ist eine realistische Einschätzung, denn bei der letzten Abstimmung vor sechs Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 30 Prozent. Wen wähle ich da eigentlich und warum, wofür steht diese Liste und worin unterscheidet sie sich von den anderen? Das ist vielen überhaupt nicht klar. Und selbst gut Informierte können es nicht schnell auf den Punkt bringen. Wolfgang Haas kennt sich in den Selbstverwaltungsstrukturen um Rente und Gesundheit sehr gut aus. Seit 36 Jahren ist der Lichtenfelser Versichertenberater für die Deutsche Rentenversicherung Bund. Als einer von rund 2600 Ehrenamtlern beantwortet er Fragen rund um die Rentenversicherung, nimmt Anträge auf und lässt auf Wunsch den gegenwärtigen Rentenanspruch berechnen. Außerdem ist er Arbeitnehmervertreter im Vorstand der AOK Bayern / Direktion Coburg. Er gehört dem Gremium an, das über Widersprüche von Versicherten entscheidet.
Versichertenberater wie Wolfgang Haas - es gibt im Landkreis Lichtenfels noch etwa eine Handvoll weitere - werden in der Folge einer Sozialwahl durch die Vertreterversammlung gewählt. Sie erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung, um etwa Porto und Fahrkosten zu decken. Die Sozialwahl also ist entscheidend für den Service im Landkreis Lichtenfels, ob hier weiter regelmäßig kostenlose Beratungen angeboten werden können. Wenn dem nicht so wäre, hätten die offiziellen Stellen - in der Stadtverwaltung etwa - vermutlich viel längere Wartezeiten. Oder man müsste für den Rat bezahlen. Haas kandidiert für die Kath. Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Sie ist in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen (ACA) zusammengeschlossen mit Kolping und dem Bundesverband Evangelischer Arbeitnehmerorganisationen. Man kann Wolfgang Haas nicht direkt wählen. Entscheidend wird sein, ob die Liste, für die er steht, beziehungsweise die Listenverbindung, genügend Stimmen bekommt.
Welche Liste steht wofür?
Aber welche Liste steht wofür? Das herauszufinden, ist nicht einfach. Freilich haben alle Flyer gedruckt, Ansprechpartner benannt und Internetseiten mit Informationen gefüllt. Aber man muss sich schon intensiv damit befassen, um Unterschiede zu erkennen, die für diese oder eine andere Liste sprechen. Zudem können alle nur innerhalb eines vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmens entscheiden. Das heißt, das jeweilige Gremium einer Krankenkasse darf die Leistungen nicht beliebig ausweiten, kann nur gewisse Präventions- oder Zusatzleistungen ergänzen. Dabei könne man aber in einem begrenzten Maß Einfluss auf die Politik nehmen, merkt Wolfgang Haas an. Eigentlich sei die Sozialwahl eine Richtungswahl. "Es geht um Werte, dass die Menschlichkeit nicht auf der Strecke bleibt."
Er selbst ist über seinen Beruf als Diözesansekretär zu der Beratertätigkeit gekommen. Zum Ausfüllen eines Rentenantrags braucht er durchschnittlich eine gute halbe Stunde, vieles ist Routine. Jahr für Jahr nimmt Haas - inzwischen im Ruhestand - an mehrtägigen Fortbildungsveranstaltungen teil, um auf dem Laufenden zu bleiben. "Es gibt ständig Änderungen." Für weitere sechs Jahre würde er dieses Ehrenamt gerne ausüben: "Weil es noch Spaß macht und ich sehe, dass die Leute eine gewisse Hilfe brauchen." Auch in den Widerspruchsausschüssen könne man etwas bewegen. "Es passiert häufig, dass zugunsten der Versicherten entschieden wird." Es erübrigt sich fast unsere letzte Frage, ob er selbst seinen Wahlbrief schon abgeschickt hat? - "Na freilich!"